Dokument: Untersuchungen zu enzymatischen Halogenierungsreaktionen in der organischen Synthese

Titel:Untersuchungen zu enzymatischen Halogenierungsreaktionen in der organischen Synthese
Weiterer Titel:Studies on enzymatic halogenation reactions in organic organic synthesis
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20231221-111449-7
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Fejzagic, Alexander Veljko [Autor]
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Dateien vom 17.12.2023 / geändert 17.12.2023
Beitragende:Prof. Dr. Pietruszka, Jörg [Gutachter]
Prof. Dr. Urlacher, Vlada B. [Gutachter]
Dewey Dezimal-Klassifikation:500 Naturwissenschaften und Mathematik » 540 Chemie
Beschreibungen:Halogenierungen spielen eine wichtige Rolle in der Modifikation und Synthese von Natur- und Wirkstoffen. Im Rahmen dieser Arbeit sollten halogenierende Enzyme als Biokatalysatoren für die Anwendung im batch und kontinuierlichen Durchfluss charakterisiert und etabliert werden. Der Fokus lag dabei auf der Enzymfamilie der Haloperoxidasen, die in Anwesenheit von Wasserstoffperoxid und Halogeniden Halogenierung aromatischer und elektronenreicher Substrate katalysieren. Zu Beginn der Arbeit sollte die homologe Produktion der literaturbekannten Chloroperoxidase aus Caldariomyces fumago im Arbeitskreis etabliert werden. Dabei wurden im Rahmen der Bachelorarbeit von Sebastian Myllek Kultivierungs- und Isolierungsbedingungen identifiziert, mit denen ausreichend
Enzym für Charakterisierungsexperimente bereitgestellt werden konnte. In ersten Versuchen konnte so eine moderate Temperatur- und Lösungsmittelstabilität des Enzyms gegenüber gängigen Lösungsmitteln wie Essigsäureethylester beobachtet werden.
Für den weiteren Verlauf der Arbeit wurde der Fokus auf vanadiumabhängige Haloperoxidasen gelenkt. Hier konnte ein heterologes Kultivierungsprotokoll in Escherichia coli etabliert werden, das mit Hilfe einer optimierten Isolationsstrategie lösliches Protein in Ausbeuten von etwa 10 mg pro Liter Zellkultur lieferte. Mit der so isolierten literaturbekannten Vanadium-Haloperoxidase aus
Curvularia inaequalis wurde ein alternativer Fluoreszenz-basierter Aktivitätsassay entwickelt, der die simultane Abnahme des Startmaterials und Zunahme des Produkts dokumentiert und damit eine genaue Quantifizierung von Haloperoxidase-Aktivität erlaubt. Mit Hilfe dieses Systems konnte erstmalig eine zweidimensionale Fließgleichgewichtskinetik einer vanadiumabhängigen
Haloperoxidase beschrieben werden. Das Enzym zeigte eine Umsatzzahl von etwa 10 s⁻¹ und eine Inhibition durch Bromid ab etwa 50 mM, während es für Wasserstoffperoxid kein Inhibitionsprofil zeigte. Mit Hilfe des Assays wurde anschließend die Halogenidselektivität, Temperatur- und Lösungsmittelstabilität des Enzyms untersucht. Dabei betrug die Chlorierungsaktivität des Enzyms weniger als 10 % der Bromierungsaktivität. Das Enzym aus C. inaequalis verfügte über eine sehr hohe Temperaturstabilität (30 % Restaktivität bei 70 °C) und war gegenüber Lösungsmitteln wie Aceton und Ethanol bei bis zu 40 % (v/v) stabil.
Die etablierten Charakterisierungsmethoden wurden verwendet, um verschiedene putative Haloperoxidasen zu charakterisieren. In einem genome-mining Ansatz wurden geeignete Gene in Kooperation mit der AG Usadel (HHU Düsseldorf) sequenziert und zusammengetragen, von der AG Gohlke (HHU Düsseldorf) über homology modelling untersucht und anschließend im Labor mit Unterstützung von Daira Oropeza biochemisch charakterisiert. Dabei konnten zwei Haloperoxidasen bakteriellen Ursprungs aus Luteitalea pratensis und Rhodoplanes roseus als vanadiumabhängige Haloperoxidasen identifiziert werden. Nach kinetischen Untersuchungen konnte das Enzym aus R. roseus eine 100-fach höhere Umsatzzahl bei geringerer Inhibition durch Bromid aufweisen und zeigte eine ähnliche Stabilität wie das Homolog aus C. inaequalis.

Bioinformatik-gestützte Untersuchungen zeigten mögliche Bindungstaschen für Substrate für das Enzym aus C. inaequalis und wurden für anschließende Mutagenesestudien zur Selektivitätserhöhung verwendet, die allerdings erfolglos blieben. Untersuchungen zu alternativen Coenzymen zeigten eine Akzeptanz für andere Oxometallsäuren wie Tantalat und Niobat, wodurch sich vielversprechende, neue Ansätze, auch zur Veränderung der Chemo- und Regioselektivität, ergeben.
Um die Haloperoxidase-vermittelte Halogenierung synthesetauglich zu machen, wurden verschiedene Testsysteme etabliert, um geeignete Reaktionsbedingungen zu bestimmen. Dabei konnten die Umsätze im Rahmen von design of experiment-Ansätzen schlussendlich auf über 90 % gesteigert werden.
Es konnten ebenfalls Nebenreaktivitäten wie O-Methylierungen der literaturbekannten Haloperoxidase aus C. inaequalis erstmalig dokumentiert werden. Die so beschriebenen optimierten Reaktionsparameter wurden für erste Versuche im kontinuierlichen Durchfluss verwendet. Nach Etablierung einer geeigneten kovalenten Immobilisierungsmethode für Haloperoxidasen konnten erfolgreich erste Umsätze mit der Haloperoxidase aus C. inaequalis im Durchfluss dokumentiert und ein geeigneter Betriebsmodus etabliert werden.
Diese Arbeit konnte somit Grundlagen für die Nutzung von Haloperoxidasen in der Synthesechemie legen und bietet verschiedene Anknüpfungspunkte für weitere Forschungsarbeiten auf diesem vielversprechenden Gebiet.

Halogenations play an important role in the modification and synthesis of natural and active compounds. In this work, halogenating enzymes were to be characterized and established as biocatalysts
for batch and continuous flow applications. The focus was on the enzyme family of haloperoxidases,
which catalyze the halogenation of aromatic and electron-rich substrates in the presence of hydrogen peroxide and halides.
At the beginning of the work, the homologous production of the literature-known chloroperoxidase from Caldariomyces fumago was to be established in the working group. In the framework of Sebastian Myllek's bachelor thesis, cultivation and isolation conditions were identified that provided sufficient enzyme for characterization experiments. In first experiments, a moderate temperature and solvent stability of the enzyme towards common solvents like ethyl acetate could be observed.

For the further course of the work, the focus was directed to vanadium-dependent haloperoxidases. Here, a heterologous cultivation protocol was established in Escherichia coli that yielded soluble protein in yields of about 10 mg per liter of cell culture using an optimized isolation strategy. An alternative fluorescence-based activity assay was developed using the literature-derived
vanadium haloperoxidase from Curvularia inaequalis, which documents the simultaneous decrease in starting material and increase in product, thus allowing accurate quantification of haloperoxidase activity. Using this system, two- dimensional steady-state kinetics of a vanadium-dependent haloperoxidase could be described for the first time. The enzyme showed a turnover number of about 10 s⁻¹ and inhibition by bromide from about 50 mM, while it showed no inhibition profile for
hydrogen peroxide.
The assay was then used to investigate the halide selectivity, temperature and solvent stability of the enzyme. Here, the chlorination activity of the enzyme was less than 10% of the bromination activity. The enzyme from C. inaequalis had very high temperature stability (30% residual activity at 70°C) and was stable to solvents such as acetone and ethanol at up to 40% (v/v).
The established characterization methods were used to analyze different putative haloperoxidases.
In a genome-mining approach, suitable genes were sequenced and assembled in cooperation with AG Usadel (HHU Düsseldorf), investigated by AG Gohlke (HHU Düsseldorf) via homology modeling and subsequently biochemically characterized in the laboratory with support by Daira Oropeza. Two haloperoxidases of bacterial origin from Luteitalea pratensis and Rhodoplanes roseus were identified as vanadium-dependent haloperoxidases. According to kinetic studies, the enzyme from
R. roseus exhibited a 100-fold higher turnover number with lower inhibition by bromide and showed similar stability to the homolog from C. inaequalis.

Bioinformatics-based studies revealed possible binding pockets for substrates for the enzyme from C. inaequalis and were used for subsequent mutagenesis studies to increase selectivity but were unsuccessful. Studies on alternative coenzymes showed acceptance of other oxometallic acids such as tantalate and niobate, providing promising new approaches, including modification of chemo- and regioselectivity.

In order to make haloperoxidase-mediated halogenation suitable for synthesis, various test systems were established to determine suitable reaction conditions. In the course of design-of-experiment approaches, the conversions could finally be increased to over 90%. In addition, side reactions such as O-methylation of the literature-known haloperoxidase from C. inaequalis were documented for the first time. The optimized reaction parameters described in this way were used for initial experiments in continuous flow. After establishing a suitable covalent immobilization method for haloperoxidases,
first turnovers with the haloperoxidase from C. inaequalis could be successfully documented in flowthrough and a suitable operating mode could be established.

This work was thus able to lay the foundations for the use of haloperoxidases in synthetic
chemistry and offers various starting points for further research in this promising field.
Lizenz:Creative Commons Lizenzvertrag
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz
Fachbereich / Einrichtung:Mathematisch- Naturwissenschaftliche Fakultät » WE Chemie » Bioorganische Chemie
Dokument erstellt am:21.12.2023
Dateien geändert am:21.12.2023
Promotionsantrag am:05.01.2023
Datum der Promotion:26.05.2023
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