Dokument: Regulationsmechanismen der dopaminergen Synapse –In vivo Untersuchungen der Dopamintransporter und der Dopamin D2-Rezeptoren im Striatum der Ratte mit der Methode der dedizierten Kleintiertomographie
Titel: | Regulationsmechanismen der dopaminergen Synapse –In vivo Untersuchungen der Dopamintransporter und der Dopamin D2-Rezeptoren im Striatum der Ratte mit der Methode der dedizierten Kleintiertomographie | |||||||
Weiterer Titel: | Regulation mechanisms of the dopaminergic synapse - In vivo investigations of dopamine transporter and dopamine D2 receptor binding in the rat striatum using dedicated small animal tomographyt | |||||||
URL für Lesezeichen: | https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=4996 | |||||||
URN (NBN): | urn:nbn:de:hbz:061-20070628-103328-3 | |||||||
Kollektion: | Dissertationen | |||||||
Sprache: | Deutsch | |||||||
Dokumententyp: | Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Habilitation | |||||||
Medientyp: | Text | |||||||
Autor: | PD Dr. Nikolaus, Susanne [Autor] | |||||||
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Stichwörter: | Dopamintransporter, Dopamin D2 Rezeptor, SPECT, PET, Kleintierbildgebung | |||||||
Dewey Dezimal-Klassifikation: | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit | |||||||
Beschreibung: | Für die in vivo Untersuchung der dopamin(DA)ergen Synapse gewannen während der letzten zwei Jahrzehnte in zunehmendem Maße bildgebende Verfahren wie die Positronen- (PET) und die Einzelphotonenemissionscomputertomographie (SPECT) an Bedeutung. Dabei zeigten Untersuchungen der Dopamintransporter(DAT)- und D2-Rezeptorbindung am Menschen, dass verschiedene neurologische und psychiatrische Erkrankungen wie Morbus Parkinson, Schizophrenie, Depression und das Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) mit Funktionsstörungen des DAergen Systems assoziiert sind. Fehlfunktionen der DAergen Neurotransmission können unter anderem auf Veränderungen in der synaptischen DA-Konzentration und in den Verfügbarkeiten der präsynaptischen Transporter- oder postsynaptischen Rezeptorbindungsstellen zurückzuführen sein. Zahlreiche Befunde legen dabei eine Beziehung zwischen der synaptischen Neurotransmitterkonzentration und der Dichte der prä- wie postsynaptischen Bindungsstellen nahe; die genauen Zusammenhänge sind hierbei unbekannt.
Unser Ziel ist die Entwicklung eines in vivo Modells für die Regulationsmechanismen der DAergen Synapse. Die im Folgenden beschriebenen Arbeiten stellen die ersten grundlegenden Schritte in diese Richtung dar und untersuchten D2-Rezeptor- und DAT-Verfügbarkeit unter verschiedenen experimentellen Bedingungen mit den dediziertem hochauflösenden Kleintierkameras TierPET und TierSPECT. Als D2-Rezeptorradioliganden wurden [18F]1[3-(4'Fluorobenzoyl)propyl]-4-(2-keto-3-methyl-1-benzimidazolinyl)piperidin ([18F]FMB) oder [123I](S)-2-Hydroxy-3-iodo-6-methoxy-N-[(1-ethyl-2-pyrrodinyl)-methyl]benzamid ([123I]IBZM) eingesetzt. Die Untersuchungen zur DAT-Verfügbarkeit wurden mit [123I]N-ω-Fluoropropyl-2β-carbomethoxy-3β-(4-iodophenyl)nortropan ([123I]FP-CIT) durchgeführt. Da es sich bei TierPET und TierSPECT um neue bildgebende Systeme handelte, waren zu Beginn methodische Untersuchungen erforderlich, die die Validierung dieser Scanner für die Durchführung der beabsichtigten Rezeptor- und Transporterbindungsstudien im Striatum der Ratte zum Ziel hatten. Dabei wurde als erstes gezeigt, dass die in vivo mit PET und ex vivo mit der Storage Phosphor Autoradiographie gemessenen striatalen [18F]FMB-Konzentrationen eine signifikante positive Korrelation (r = 0.824, p = 0.002) aufwiesen und nach Vornahme von Partialvolumen- und Spill-over-Korrekturen quantitativ übereinstimmten. In einer weiteren Untersuchung wurde nachgewiesen, dass die in vivo mit PET und in vitro mit Storage Phosphor Autoradiographie ermittelten striatalen Werte für Rezeptordichte (Bmax) und Dissoziationskonstante (KD) in der gleichen Größenordnung liegen (PET: Bmax = 16.03 fmol/mg , KD = 6.2 nM; Autoradiographie: Bmax = 70.1 fmol/mg, KD = 7.9 nM), mithin in vivo analog zu in vitro Sättigungsbindungsanalysen bestimmt werden können. Ferner wurde gezeigt, dass DAT- und D2-Rezeptorbindung mit dem TierSPECT und [123I]FP-CIT beziehungsweise [123I]IBZM als Radioliganden quantifiziert werden können und dass die Überlagerung der [123I]FP-CIT- und [123I]-IBZM-Scans mit Knochenstoffwechsel- und Perfusionsbildern eine zuverlässige Identifikation der Zielregionen relativ zur Schädelhöhle und zur Lage der Orbitae mit den Harderschen Drüsen erlaubt. Unsere Studien zu den Regulationsmechanismen der DAergen Synapse hatten zunächst die Quantifizierung der D2-Rezeptorverfügbarkeit im Striatum der normalen, unbehandelten Ratte und nach unilateraler 6-Hydroxydopamin(6-OHDA)-Läsion der nigrostriatalen Faserverbindungen zum Inhalt. Zur Betrachtung des Zeitverlaufs der 6-OHDA-induzierten Veränderungen der D2-Rezeptordichte wurden die Untersuchungen mit TierPET und [18F]FMB unmittelbar vor der Läsion (Tag 0) sowie an Tag 2 und Tag 14 nach der Applikation des Neurotoxins durchgeführt. Diese erste Longitudinaluntersuchung der ipsi- und kontralateralen D2-Rezeptorbindung an der 6-OHDA-lädierten Ratte zeigte eine signifikante, zeitabhängige, bilaterale Zunahme der Bmax-Werte von beidseitig 19 an Tag 0 auf ipsilateral 29.9 und kontralateral 28.6 fmol/mg an Tag 14. Mit einem KD von 6.2 nM entspricht dies einem Bindungspotential (BP = Bmax/KD) von 3 und damit einem V3’’ (= BP – 1) von 2 in der Baseline-Bedingung. An Tag 14 betrugen ipsi- und kontralaterales BP 4.8 beziehungsweise 4.6. Dies entspricht V3’’-Werten von 3.8 beziehungsweise 3.6. In der zweiten Untersuchung wurde die DAT-Verfügbarkeit mit TierSPECT und [123I]FP-CIT im Striatum der normalen, unbehandelten Ratte und nach pharmakologischer Blockade mit Methylphenidat (MP) quantifiziert. Für die unbehandelte Ratte ergab sich ein mittleres V3’’ von 1.08. Nach Vorbehandlung mit zwei verschiedenen MP-Dosen (3 mg/kg, 10 mg/kg) sank der striatale V3’’-Wert auf 0.56 (3 mg/kg) beziehungsweise 0.24 (10 mg/kg). In der dritten Untersuchung folgte die Quantifizierung der D2-Rezeptorverfügbarkeit mit TierSPECT und [123I]IBZM im Striatum der normalen, unbehandelten Ratte, nach pharmakologischer Blockade mit Haloperidol (HAL) sowie nach Erhöhung der synaptischen DA-Konzentration durch Vorbehandlung mit MP. Für die unbehandelte Ratte ergab sich ein V3’’ von 1.42. Die Vorbehandlung mit HAL und MP führte zu einer Reduktion des V3’’-Wertes auf 0.54 beziehungsweise 0.98. Wir nahmen eine Abschätzung für die MP-induzierte Zunahme der endogenen DA-Konzentration vor, indem wir die prozentuale Abnahme der exogenen Ligandenbindung mit dem Quotienten der Rezeptoraffinitäten (Kexo/Kendo) multiplizierten. Dabei zeigte sich, dass die 30%ige Reduktion der [123I]IBZM-Bindung mit einer durchschnittlichen Zunahme der synaptischen DA-Konzentration um das Dreifache (auf 331.72 ± 317.54% der Ausgangskonzentration) einherging. Gegenstand der vierten Untersuchung war die Quantifizierung der DAT-Verfügbarkeit mit TierSPECT und [123I]FP-CIT im Striatum der normalen, unbehandelten Ratte sowie nach Erhöhung der synaptischen DA-Konzentration durch Vorbehandlung mit HAL. Für die unbehandelte Ratte ergab sich ein V3’’ von 1.21. Die Vorbehandlung mit HAL führte zu einer Reduktion des V3’’-Wertes auf 0.93. Unsere Befunde zeigen, dass mit TierPET und TierSPECT in vivo Untersuchungen der striatalen D2-Rezeptor- beziehungsweise DAT-Bindungen durchgeführt werden können. Dies gilt für die normale, unbehandelte Ratte ebenso wie für den Zustand nach 6-OHDA-Läsion oder pharmakologischer Challenge. Für die repetitive Untersuchung der D2- Rezeptorbindung mit dem TierPET wurde dabei erstmalig die in vivo Sättigungsbindungsanalyse eingesetzt, die die separate Quantifizierung von KD und Bmax ermöglicht. Mit der retrospektiven Fusionsmethode wurde überdies ein Verfahren entwickelt, dass die Definition von ROIs und REFs relativ zur Lage der Schädelhöhle und zu den Orbitae mit den Harderschen Drüsen erleichtert. Im Weiteren bestimmten wir die D2-Rezeptorverfügbarkeit im Striatum der normalen, unbehandelten Ratte, die D2-Rezeptorverfügbarkeit nach 6-OHDA)-induzierter Degeneration der nigrostriatalen Faserverbindungen und Reduktion der synaptischen DA-Konzentration, die D2-Rezeptorverfügbarkeit nach pharmakologischer Blockade mit HAL, die D2-Rezeptorverfügbarkeit nach Erhöhung der synaptischen DA-Konzentration durch Vorbehandlung mit MP, die DAT-Verfügbarkeit im Striatum der normalen, unbehandelten Ratte, die DAT-Verfügbarkeit nach pharmakologischer Blockade mit MP sowie die DAT-Verfügbarkeit nach Erhöhung der synaptischen DA-Konzentration durch Vorbehandlung mit HAL. Relativ zur D2-Rezeptorverfügbarkeit im Striatum der normalen, unbehandelten Ratte ergab sich dabei nach 6-OHDA-Läsion eine Zunahme der D2-Rezeptorbindung um 55 (ipsilateral) beziehungsweise 49% (kontralateral), während die Vorbehandlung mit HAL (1 mg/kg) eine Reduktion der D2-Rezeptorbindung um 60% hervorrief. Relativ zur DAT-Verfügbarkeit im Striatum der normalen, unbehandelten Ratte war die DAT-Bindung nach Vorbehandlung mit MP um 50 (3 mg/kg) beziehungsweise 80% (10 mg/kg) reduziert. Die Vorbehandlung mit MP (10 mg/kg) führte auf der postsynaptischen Seite zu einer Reduktion der D2-Rezeptorbindung um 30%, während sich präsynaptisch durch die Vorbehandlung mit HAL eine Reduktion der DAT-Bindung um 23% ergab. Aus unserem ersten Befund folgt, dass die Reduktion an synaptisch verfügbarem DA nach 6-OHDA-Applikation durch eine bilaterale Zunahme der postsynaptischen D2-Rezeptoren kompensiert wird. Der Hinweis auf einen kontralateralen Anstiegs der D2-Rezeptorbindung unterstreicht dabei die Bedeutung der kontralateralen Hemisphäre für Kompensations- und Erholungsprozesse im 6-OHDA-Modell der Ratte. Es wird allgemein angenommen, dass der therapeutische Effekt von MP bei der Behandlung von ADHS-Patienten durch die Blockierung des präsynaptischen DATs mediiert wird, die ihrerseits eine Erhöhung der synaptischen DA-Konzentrationen zur Folge hat. In unserer zweiten Untersuchung führte die Applikation von MP (dosisabhängig) zu einer Reduktion der DAT-Bindungsstellen und damit zu einer Verringerung der [123I]FP-CIT-Bindung an den striatalen DAT. Da der endogene mit dem exogenen Liganden um die postsynaptischen Bindungsstellen kompetitiert, zeitigt die MP-Applikation in unserer dritten in vivo Untersuchung eine Reduktion der [123I]IBZM-Bindung an den striatalen D2-Rezeptor. HAL bindet sowohl an die postsynaptischen als auch an die präsynaptischen D2-Rezeptoren. In unserer dritten Untersuchung führte die Applikation von HAL zu einer Reduktion der D2-Rezeptorbindungsstellen und damit zu einer Verringerung der [123I]IBZM-Bindung an den striatalen D2-Rezeptor. Durch die präsynaptische D2-Autorezeptorblockade wird der negative Feedback-Mechanismus außer Kraft gesetzt, der die Synthese und Freisetzung von endogenem DA reguliert. Hieraus resultiert eine vermehrte Ausschüttung von DA in den synaptischen Spalt. In unserer vierten Untersuchung beobachteten wir nach Applikation von HAL eine Reduktion der [123I]FP-CIT-Bindung an den striatalen DAT. Damit liefert unsere Untersuchung weitere Hinweise darauf, dass auch [123I]FP-CIT durch endogenes DA verdrängt zu werden vermag. DAT- und D2-Rezeptorblockade können in vivo durch die (dosisabhängige) Reduktion der [123I]FP-CIT- beziehungsweise der [123I]IBZM-Bindung quantifiziert werden. Die Zunahme an verfügbarem DA durch MP-Challenge führt zu einer Reduktion der verfügbaren post- synaptischen Bindungsstellen; damit können Veränderungen der synaptischen DA-Konzentration über deren Einfluss auf die Bindungsverhältnisse an der postsynaptischen Endigung indirekt abgeschätzt werden. Unsere Resultate bieten zudem erste Hinweise auf eine Eignung von [123I]FP-CIT für die Untersuchung fluktuierender DA-Konzentrationen im synaptischen Spalt. Bildgebende Untersuchungen der prä- und/oder postsynaptischen Endigung sind nicht nur für die in vivo Evaluierung neuer Radioliganden, sondern auch für die in vivo Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen Rezeptor-/Transporterbindung und Veränderungen in der synaptischen DA-Konzentration von zukunftweisender Bedeutung. Dies betrifft insbesondere Tiermodelle für ADHS, das durch eine Dysregulation der synaptischen DA-Konzentration gekennzeichnet ist. An Tiermodellen für neurodegenerative Erkrankungen wie etwa Morbus Parkinson können überdies mit dieser Methode Langzeituntersuchungen von Prozessen durchgeführt werden, die mit der Zerstörung und Erholung des synaptischen DAs in Zusammenhang stehen. Dies gilt auch für die Untersuchung kompensatorischer Mechanismen wie die Entwicklung der Rezeptorsupersensitivität, wie sie nach neurotoxischer Läsion der nigrostriatalen Faserverbindungen in Erscheinung tritt. Eine interessante Perspektive ist zudem die aufeinanderfolgende in vivo Untersuchung verschiedener Neurotransmittersysteme an derselben Ratte, die über die DAerge Synapse hinaus Einblicke in das Ineinandergreifen zerebraler Regulationsmechanismen bietet. | |||||||
Lizenz: | Urheberrechtsschutz | |||||||
Fachbereich / Einrichtung: | Medizinische Fakultät | |||||||
Dokument erstellt am: | 27.06.2007 | |||||||
Dateien geändert am: | 27.06.2007 | |||||||
Gültig ab: | 27.06.2007 |