Dokument: Ökophysiologie und standörtliche Einbindung neophytenreicher Gattungen (Impatiens, Solanum) der Rheintalaue
Titel: | Ökophysiologie und standörtliche Einbindung neophytenreicher Gattungen (Impatiens, Solanum) der Rheintalaue | |||||||
URL für Lesezeichen: | https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=4315 | |||||||
URN (NBN): | urn:nbn:de:hbz:061-20070425-103006-1 | |||||||
Kollektion: | Dissertationen | |||||||
Sprache: | Deutsch | |||||||
Dokumententyp: | Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation | |||||||
Medientyp: | Text | |||||||
Autor: | Dericks, Guido [Autor] | |||||||
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Beitragende: | Prof. Dr. Lösch, Rainer [Gutachter] Prof. Dr. Martin, William [Gutachter] | |||||||
Dewey Dezimal-Klassifikation: | 500 Naturwissenschaften und Mathematik » 580 Pflanzen (Botanik) | |||||||
Beschreibungen: | Im Auenwald des Niederrheins sowie auf den Sand- und Kiesbänken des Rheins ist eine deutliche Zunahme nicht einheimischer Arten zu beobachten. Es ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, dieses Phänomen der Einwanderung, die Schlüsselparameter der Ökophysiologie der neophytischen Arten (Produktion, Keimverhalten, Staunässeverträglichkeit, Wasserumsatz etc.) und die möglichen Interaktionen der Adventivsippen mit den Gegebenheiten des Habitats eingehender zu untersuchen. Eine mögliche Klimaerwärmung fördert zudem die Einbürgerung neophytischer Pflanzenarten aus niedrigeren Breiten. Ebenso begünstigt der vermehrte anthropogene Einfluss auf die Stromtalgebiete die Ansiedlung invasiver Arten. Ihre Etablierung kann dementsprechend in Einzelfällen aktuell verfolgt werden.
Für die vorliegende Studie wurden Pflanzengattungen ausgewählt, die mit ihren einheimischen bzw. archaeophytischen, wie auch mit jeweils mehreren neophytischen Vertretern in der Weichholz-Auenlandschaft und der Flussufervegetation des Rheins vertreten sind. Konkret wurden fünf Arten der Gattung Impatiens (I. noli-tangere, I. parviflora, I. glandulifera, I. capensis und I. balfourii) aus der Familie der Balsaminaceae (Springkrautgewächse) und drei Arten der Gattung Solanum (S. nigrum, S. physalifolium und S. sarachoides) aus der Familie der Solanaceae (Nachtschattengewächse) ausgesucht und experimentell untersucht. Insbesondere die Wirkungen erhöhter Temperaturen auf Diasporenkeimung, Wachstum und Entwicklung aller oben angeführten Arten wurden experimentell erforscht. Unter erhöhten Bodentemperaturen kam es bei den nicht-einheimischen Solanum-Arten zu verstärkter Keimung, wobei sich auch die Anzahl der Beerenfrüchte pro Pflanze erhöhte. Ebenfalls zeigte sich eine Steigerung der unter- und oberirdischen Biomasse-Entwicklung bei den gebietsfremden Solanum-Arten bei erhöhten Bodentemperaturen. Im Gegensatz dazu sind die Impatiens-Arten weniger temperaturabhängig. Sie benötigen für ein erfolgreiches Wachstum lediglich eine ausreichende Wasserversorgung des Bodens. Einige der untersuchten Taxa (I. parviflora, I. balfourii) zeigen in den Experimenten tendenziell auch auf trockeneren Standorten ein gutes Wachstumsverhalten; sie besitzen bei der Photosynthese eine hohe Lichtsättigung sowie ein hohes Temperaturoptimum. Die Impatiens-Arten I. noli-tangere und I. capensis bevorzugen eher feuchte bis nasse Standorte. Diese beiden Taxa sind nach den Ergebnissen porometrischer Gaswechselmessungen als Schatten- bzw. Halbschattenpflanzen einzuordnen, sie besetzen in vielerlei Hinsicht dieselbe ökologische Nische. Bei einer Überlappung der Existenzräume, welche lokal zu einer Sippenverdrängung führen könnte, wäre das einheimische Große Springkraut am stärksten von dieser neuen Konkurrenzsituation betroffen. Die untersuchten Solanum-Arten sind weniger von der Bodenfeuchtigkeit geprägt. Sie tolerieren über einen längeren Zeitraum weder zu trockene noch überstaute Böden. Wurzelsystem-Untersuchungen in Schrägfenster-Rhizotronen, die auf nicht-destruktive Weise eine Beobachtung des Wurzelwachstums unter kontrollierten Bedingungen zulassen, zeigen ein starkes Durchwurzeln des Bodens durch die gebietsfremden Impatiens-Arten. Unter Konkurrenz kann das indigene Große Springkraut seine Wurzelmasse zwar steigern, dennoch dominieren im Wurzelwachstum die neophytischen Arten. Eine gleichsinnig veränderte Biomasse-Entwicklung zeigt sich auch beim oberirdischen Wachstum der untersuchten Impatiens-Arten. Bei den Solanum-Arten zeigt der Archaeophyt S. nigrum die größte ober- und unterirdische Biomasse-Entwicklung, gefolgt vom etablierten Neophyten S. physalifolium und dem ephemeren Neophyten S. sarachoides. Im Gegensatz zur gesteigerten Biomasseproduktion im Wärmegradientenbeet kam es in den Schrägfenster-Rhizotronen bei den gebietsfremden Solanum-Arten zu einem geringeren Wachstum im Vergleich zum Archaeophyten (S. nigrum). Keimversuche mit Kressesamen unter dem Einfluss von Pflanzenpresssäften der einzelnen Impatiens-Arten zeigen unterschiedliche allelopathische Wirkungen. Die fünf untersuchten Impatiens-Arten können bezüglich ihrer allelopathischen Wirkung der Pflanzenwirkstoffe wie folgt in aufsteigender Reihenfolge eingeordnet werden: I. capensis < I. balfourii < I. noli-tangere < I. parviflora < I. glandulifera. Morphologische und anatomische Untersuchungen ließen Unterschiede im Aerenchymraum der Sprosse bei den fünf Impatiens-Arten erkennen. Diese haben wiederum Einfluss auf die interne Sauerstoff-Versorgung der Pflanzen. Messungen mit O2-Mikro-Optoden zeigen diurnale Schwankungen im Spross-Hohlraum der untersuchten Impatiens-Arten, die umso stärker sind, je geringer das stängelinterne Aerenchym-Volumen ist. Große Hohlräume im Spross wirken Hypoxie-Effekten bei Staunässe entgegen, wie am Beispiel von I. capensis gezeigt wird. Auf Untersuchungsflächen im Auwald des Rheins (Urdenbacher Kämpe, Düsseldorf) zeigen sich über einen Zeitraum von drei Jahren hin Schwankungen in der Biomasse-Produktion, bei einer relativ gleich bleibenden Bestandsdichte der beobachteten Impatiens-Arten. Die Ergebnisse der Biomasse-Ernte spiegeln die von Jahr zu Jahr unterschiedlichen Bodenwassergehalte auf den untersuchten Beobachtungsflächen wieder. Der „Jahrhundert-Sommer“ 2003 förderte die Impatiens-Arten, die trockene Standorte bevorzugen, in ihrem Wachstum. Im feuchten Vorjahr 2002 hingegen wurden die Arten im Wachstum begünstigt, die feuchte, nasse Standorte besiedeln. Eine, im Prinzip denkbare, Veränderung der edaphischen Gegebenheiten liegt an den Stromtalstandorten des Niederrheins nicht vor, da die Invasions-Gebiete aufgrund ihrer sehr hohen Nährstoffangebote eutrophe Standorte für alle Pflanzen darstellen. Dennoch scheinen ökosystemare Veränderungen in abiotischen Bereichen durchaus möglich zu sein. Im Auwald kann es zu einer gesteigerten Evapotranspiration kommen, da die gebietsfremden Impatiens-Arten um gut ein Drittel mehr transpirieren als die autochthonen Urtica-Bestände. Des weitern reichern sich vermutlich Koline (allelopathische Wirkstoffe) aus der Biomassezersetzung der meisten Springkraut-Arten im Boden an. Hierdurch können im Frühjahr die Keimprozesse konkurrierender Arten beeinflusst werden. Durch die vergrößerte Biomasse-Ansammlung und Biomasse-Qualität der Impatiens-Bestände kann es langfristig zu Änderungen in der Qualität der Bodenmineralisierung im Auwald kommen. Als positiv kann die Steigerung der a-Diversität und der Anstieg des ästhetischen Werts der Auenlandschaft durch die Zunahme der buntblühenden Impatiens-Arten gegenüber dem monotonen Brennnessel-Dickicht bewertet werden. Der für das Gebiet meteorologisch belegte Temperaturanstieg um knapp 1°C in den letzten 50 Jahren kann über die thermophilen Eigenschaften der Solanum-Arten durchaus zu einer besseren Standort-Etablierung der Neophyten geführt haben und sie auch weiterhin fördern. Auf den locker bewachsenen Kiesbänken des Niederrheins und unter der Störung des Vegetationsschlusses durch Flutereignisse mag dies für die ökologische Stabilität des Habitats bedeutungslos sein. Wenn jedoch den neophytischen Solanum-Arten aufgrund der globalen Erwärmung ein verstärktes Eindringen auch in die Ackerwildkrautfluren möglich werden sollte, könnte dies dort zu einem Verunkrautungsproblem von wirtschaftlicher Bedeutung führen. Bekämpfungsmaßnahmen gegen die Neophyten sind auf der Basis dieser Kenntnisse weder auf den offen Pionierstandorten des Rheins noch in den Wäldern der Weichholzaue von Nöten, da es, wenn überhaupt, nur zu einer lokalen Bedrohung der gegebenen Ökosystem-Relationen kommt. Keiner der in dieser Arbeit untersuchten Neophyten weist schwere human-pathogene Effekte auf, wie sie z.B. der Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum) oder die Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) hervorrufen können. Sollte es zu besonderen Problemen (z. B. Erosion an Flussufern, Hybridisierung, Einwanderung auf Äcker usw.) mit den hier untersuchten Neophyten kommen, sollten Maßnahmen gegen diese Pflanzen immer nur auf Grundlage von Einzelfallentscheidungen getroffen werden.A significant increase of non-native plant species was to observe in the riparian forest and at the sand- and gravel-banks of the river Rhine. The aim of this study was to examine the phenomenon of invasion, key parameters of ecophysiology from alien plants (productivity, germination behaviour, water turn rate etc.) and a possible interaction between the adventiv plants and their new habitats. A naturalisation of the alien plants from low degrees of latitude can be moreover advanced through a possible climate change. The anthropogenic influence on the river affected the colonisation of the invasive species. Corresponding to their establishment can be followed in the current isolated cases. Genus of plants were selected for this present study, which occur with their native respectively archaeophytic, however in each case with several alien representatives in the riverrine forest vegetation and on the riverbanks of the lower Rhine. Concrete five species from the genus Impatiens (I. noli-tangere, I. parviflora, I. glandulifera, I. capensis and I. balfourii) from the family Balsaminaceae and three species from the genus Solanum (S. nigrum, S. physalifolium and S. sarachoides) from the family Solanaceae was chosen and experimentally investigated. Particularly the effects of increased temperatures on the diaspore germination, growth and development of the investigated species was experimentally examined. The non-native Solanum-species show an increase of germination under raised soil-temperatures, also was an increase of the amount of berries per plant. Likewise the above- and below-ground biomass-development of the alien Solanum-species increased by raised soil-temperatures. In contrast the Impatiens-species are less temperature-depending. For a successful growth they need only a sufficient water supply of the soil. Some of the investigated taxa (I. parviflora, I. balfourii) show a good growth-behaviour on dry locations in the experiments. The Impatiens-species I. noli-tangere and I. capensis prefer rather moist and wet soil conditions. This both taxa can be integrated in shade- tolerant and semi shade-tolerant plants after the porometrical leaf-gas-exchange measurements, they occupy in some ways the same ecological niche. The native “touch-me-not” balsam is strongly afflicted from the new competition situation, because the overlapping of the existence space can be lead to a displacement of this taxa. The investigated Solanum-species are less determined on soil-moisture. They tolerate neither to dry nor to wet soils over a long period of time. The root-stystem examinations in the oblige window rhizotrons, a non destructive way to investigate root-growth under controlled conditions, shown an intensive root penetration of the soil by the alien Impatiens-species. Under competition it comes to an increase of root biomass by the indigene balsam, but the alien species dominated in the root growth. The same development show the above ground biomass-production of the investigated Impatiens-species. The archaeophyt S. nigrum has the biggest above- and below-ground biomass-development of the Solanum-species, followed by the established alien plant S. physalifolium and the ephemeral alien plant S. sarachoides. In contrast to the increased biomass-production in the temperature-gradient-box, it comes to a lower growth by the non-native Solanum-species compared to the archaeophyt (S. nigrum) in the oblige window rhizotrons. Germination-experiments with cress-seeds under the influence of plant press sap show different allelopathic effects by the individual Impatiens-species. The five investigated Impatiens-species can be arranged according to their allelopathic effects of their plant substances in the increase order: I. capensis < I. balfourii < I. noli-tangere < I. parviflora < I. glandulifera Morphological and anatomical investigations suggest differences in the aerenchyma space of the stems of the five Impatiens-species. These aerenchyma spaces have an influence to the internal oxygen-supply of the plants. Measurements with O2-Mirco-Optodes show a diurnal fluctuation in the stem-volumina of the investigated Impatiens-species, the fluctuation was higher in the smaller stem internal aerenchyma-volumina. Large hollow spaces counteract hypoxy-effects, illustrated by I. capensis. On the examination plot of the riparian forest from the river Rhine (Urdenbacher Kämpe, Düsseldorf) show variations in the biomass-production over a period of three years, by a relative constant population of the observed Impatiens-species. The results of the biomass-harvest reflect from year to year the different soil moister on the observed plots. The “Jahrundert Sommer” 2003 support Impatiens-species in growth, which prefer dry locations, in the moist year before 2002 on the other hand the growth of plants from wet locations were favoured. A principal thinkable change of the edaphic circumstances of the river bank habitats is not given, because the invasion-area appeared as eutrophic location with a very high offer on nutrients for all plants. Nevertheless a ecosystemar change in abiotic areas seems to be possible. In the riparian forest it can be an increase of evatransporation, because the Impatiens-species transpire more than third times more than the autochton Urtica-populations. Over the biomass-decomposition of the most Impatiens-species allelopathic substances (coline) accumulate in the soils. Because of this germination-processes of compete species can be influence. Through the increased biomass-accumulation and the biomass quality of the Impatiens-species it seems to be a change in the quality of the soil mineralization for a long-term in the riparian forest. An increase of the a-diversity and the increase of the aesthetical value of the riparian forest through the colourful flowers of Impatiens-species in opposite to the monotone Urtica-populations can be assess as positive. The metrological increase of temperature (ca. 1 °C) in the last fifty years can be lead to a better establishment of habitat through the thermophilous characteristics of the Solanum-species and supports them in the future. On the sand- and gravel-banks of the river Rhine, with vegetation full of gaps and under the interferences through the flooding of the river, may be the ecological stability of the habitat unimportant. When however the alien Solanum-species get into the agricultural farmlands, because of global-warming, then it can be a economical problem. Control measures against the alien plants are not necessary neither on the open pioneer communities of the river Rhine nor in the riparian forest, then only when it comes to a local threat in the given ecosystem-relations. No one of the investigated alien plants in this study show a massive human pathogenic effect, respectively the Giant Hogweed (Heracleum mantegazzianum) or the common ragweed (Ambrosia artemisiifolia) cause it. Should it came to special problems (e.g. erosion on river banks, hybridisation, invasions in agricultural areas etc.) by the investigated alien plants, then measures must be meet against these plants always on a basis of individual case decisions. | |||||||
Lizenz: | Urheberrechtsschutz | |||||||
Fachbereich / Einrichtung: | Mathematisch- Naturwissenschaftliche Fakultät » WE Biologie » Geobotanik | |||||||
Dokument erstellt am: | 17.04.2007 | |||||||
Dateien geändert am: | 17.04.2007 | |||||||
Promotionsantrag am: | 07.12.2006 | |||||||
Datum der Promotion: | 02.04.2007 |