Dokument: Antarktische Nunatakker als Modell-Ökosystem für initiale Besiedlungsprozesse und Artendiversität in nacheiszeitlichen Perioden

Titel:Antarktische Nunatakker als Modell-Ökosystem für initiale Besiedlungsprozesse und Artendiversität in nacheiszeitlichen Perioden
Weiterer Titel:Antarctic nunataks as model-ecosystem for initial colonisation processes and species diversity in postglacial periods
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20080707-104006-4
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor:Univ.-Prof. Dr. Engelen, Andreas [Autor]
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Dateien vom 23.06.2008 / geändert 23.06.2008
Beitragende:Prof. Dr. Ott, Sieglinde [Gutachter]
Prof. Dr. Willbold, Dieter [Gutachter]
Stichwörter:Antarktis, Nunatak, Ökosystem, Flechten, Sukzession, Initialstadium
Dewey Dezimal-Klassifikation:500 Naturwissenschaften und Mathematik » 570 Biowissenschaften; Biologie
Beschreibungen:Flechten und Moose bilden die dominante Vegetation an terrestrischen Standorten der Antarktis. Während an küstennahen terrestrischen Standorten Artendiversität und Physiologie bereits gut untersucht sind, wurden bislang nur spärliche Untersuchungen hinsichtlich initialer Besiedlungsprozesse durchgeführt. Das Ziel dieses Projektes ist die Charakterisierung des Ökosystems eines antarktischen, von Makroorganismen nur spärlich besiedelten Nunataks, um die Initialphase von Sukzessionsprozessen an terrestrischen Inlandstandorten zu untersuchen. Das Untersuchungsgebiet, Coal Nunatak, befindet sich im Süden von Alexander Island und weist durch seinen Nähe zum antarktischen Kontinent bedingt, besonders extreme Umweltbedingungen auf.
Eine Synthese aus ökologischen, geomorphologischen und molekularbiologischen Aspekten liefert detaillierte Informationen über das Ökosystem des Nunataks. Diese Ergebnisse sollen helfen, die Dynamik initialer Besiedlungsprozesse und die Entwicklung der Artendiversität in nacheiszeitlichen Perioden in Korrelation zu biotischen und abiotischen Faktoren zu verstehen.
Die vorliegenden Untersuchungsergebnisse verdeutlichen den frühen Entwicklungsstand des Ökosystems auf Coal Nunatak. Die Pedogenese, als Teil der Ökosytementwicklung, liegt in einem Initialstadium vor, charakterisiert durch einen geringen Verwitterungsgrad der bodenbildenden Substanz und geringe biotische Aktivität, die sich im Anteil des organischen Materials und dem nahezu neutralen Boden-pH widerspiegelt. Die knappe Nährstoff- und Wasserverfügbarkeit des Bodens, die Instabilität des Substrats, aber auch die extremen klimatischen Bedingungen lassen eine Besiedlung des Standortes Coal Nunatak nur innerhalb begrenzter Mikronischen zu, in denen günstigere Bedingungen für Besiedlungsprozesse vorliegen.
Die makroskopisch sichtbare Besiedlung dieser Mikronischen erfolgt durch Flechten und Moose, die als typische Pionierpflanzen ideale Anpassungen, wie die Fähigkeit zur Poikilohydrie, an Standorten wie Coal Nunatak aufweisen. Neben den Anpassungen der einzelnen Organismen sind aber insbesondere die Interaktionen, die zwischen den einzelnen Individuen einer Population auftreten, von besonderer Bedeutung für Besiedlungsprozesse. Durch diese Interaktionen können die begrenzt zur Verfügung stehenden Ressourcen, wie z.B. Stickstoff oder Wasser, besser genutzt werden. Insbesondere zwischen den Flechten treten intensive Interaktionen auf, deren besondere Ausprägung an Extremstandorten beobachtet werden kann.
Flechten, als symbiotische Organismen, bestehend aus einem Pilz, dem Mycobionten und einer Alge, dem Photobionten, scheinen durch diese symbiotische Beziehung ein besonders großes ökologisches Potential zu besitzen, wodurch die Besiedlung von Extremstandorten, wie Wüsten, Hochgebirgs- oder Polarregionen, ermöglicht wird. Jedoch wird mit zunehmend extremeren Bedingungen eine höhere Anforderung an die Leistung dieser Symbiose gestellt. Untersuchungen der Flechten von Coal Nunatak ergaben, dass offenbar eine hohe Selektivität der Mycobionten gegenüber ihren Photobionten besteht, was auf eine feinere Abstimmung der symbiotischen Beziehung hinweist.
Durch die Extrembedingungen des Standortes Coal Nunatak bedingt, schreitet die Ökosystementwicklung nur sehr verlangsamt fort und liegt seit der letzten Vereisung des Standortes, die vermutlich ca. 7000 Jahre zurückliegt, in einem Stadium vor, das als Initialstadium bezeichnet werden kann. Eine fortschreitende Erwärmung der antarktischen Halbinsel könnte jedoch zu gesteigerten Sukzessionsgeschwindigkeiten führen und zur Etablierung neuer Spezies, aus nördlicheren Regionen, wie sie als Diasporen an dem untersuchten Standort beobachtet werden konnten. Dies könnte eine drastische Veränderung des Ökosystems zur Folge haben. Daher kann das rezente Ökosystem des Standortes Coal Nunatak als Modellsystem betrachtet werden, das die Umweltbedingungen und die Vegetationsentwicklung seit dem Ende der letzten Eiszeit widerspiegelt oder zumindest den Gegebenheiten dieser Zeit sehr nahe kommt.

Lichens and mosses form the dominant vegetation at terrestrial sites in the Antarctic. Detailed research has been done at terrestrial coastal sites which are characterised by a relatively high diversity of macroscopic organisms. While there is a broad knowledge on these ecosystems almost nothing is known on initial colonisation processes. The aim of this study is to use an Antarctic nunatak scarcely colonised by macro-organisms to investigate the initial phase of the successional process at an inland terrestrial site. The research area, Coal Nunatak, is located on southern Alexander Island and characterised by very harsh environmental conditions. For detailed information on the nunatak ecosystem different aspects have been investigated forming a synthesis of ecological, molecular and geomorphological methods. The results will help to understand the dynamic of colonisation processes and species diversity in postglacial periods correlated to biotic and abiotic factors.
The results presented clearly demonstrate the early developmental stage of the ecosystem of Coal Nunatak. The pedogenesis as part of ecosystem development is present in an initial stage, characterised by a low degree of weathering of the soil forming material and low biotic activity, mirrored by low organic matter and an almost neutral soil pH. The low content of nutrients and water in the soil, the unstable substrate and extreme climatic conditions are factors, that limit colonisation at Coal Nunatak to special microniches. Such niches might provide environmental conditions more suitable for colonisation processes.
Macroscopic visible organisms as lichens and mosses form communities and small populations colonising these microniches. Lichens as well as mosses are poikilohydric organisms and therefore, well adapted to the severe environmental conditions of Coal Nunatak. Besides adaptation mechanisms of single organisms interactions within commuities are of great importance for colonisation processes. Depending on interactions limited resources as e.g. nitrogen or water can be used more efficient. Especially within lichen communities at habitats characterised by extreme environmental conditions intense interactions occur.
Lichens are symbiotic organisms consisting of a fungus, the mycobiont, and an algae or/and a cyanobacterium, the photobiont. The ecological potential of the lichen symbioses seems to be responsible for the ability of lichens to colonise extreme habitats as deserts, high mountain ranges and polar regions. Examinations on the lichens of Coal Nunatak have shown that there is obviously a high selectivity of the mycobionts concerning the suitable photobionts. This might indicate a distinct fine tuning of the symbiotic relationship between fungal and algal symbiont.
The very slow progression of ecosystem development and successional processes at Coal Nunatak is caused by the extreme environmental conditions of this location. The developmental stage of the ecosystem can be described as a “quasi-climax” level of an initial colonisation stage, which has not changed significantly since the last glacial maximum, c. 7000 a bp. In the context of the rapid regional warming that is being measured along the Antarctic Peninsula, these ecosystem provides a valuable baseline for monitoring the consequences of environmental change and identifying when ‘quasi-climax’ conditions are replaced by accelerated biological successional processes. New species from northern regions as found as diaspores at Coal Nunatak could get established, which might lead to tremendous changes in the ecosystem.
Therefore the recent ecosystem of Coal Nunatak may serve as model system, which mirrors the environmental conditions and vegetation development since the end of the last glacial maximum or at least comes close to this conditions.
Lizenz:In Copyright
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Fachbereich / Einrichtung:Mathematisch- Naturwissenschaftliche Fakultät » WE Biologie » Botanik
Dokument erstellt am:23.06.2008
Dateien geändert am:23.06.2008
Promotionsantrag am:15.05.2008
Datum der Promotion:03.07.2008
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