Dokument: Stillratgeber in Deutschland zwischen 1945 und 1989 - Eine medizinhistorische Analyse
Titel: | Stillratgeber in Deutschland zwischen 1945 und 1989 - Eine medizinhistorische Analyse | |||||||
URL für Lesezeichen: | https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=66243 | |||||||
URN (NBN): | urn:nbn:de:hbz:061-20240702-110807-5 | |||||||
Kollektion: | Dissertationen | |||||||
Sprache: | Deutsch | |||||||
Dokumententyp: | Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation | |||||||
Medientyp: | Text | |||||||
Autor: | Küppers, Sarah Carina [Autor] | |||||||
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Beitragende: | Prof. Dr. Vögele, Jörg [Gutachter] Prof. Dr. med. Ruckhäberle, Eugen [Gutachter] | |||||||
Stichwörter: | Stillratgeber, Stillstudie, Säuglingsernährung, Stillquoten | |||||||
Dewey Dezimal-Klassifikation: | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit | |||||||
Beschreibungen: | Die Stillquoten in Deutschland zeigten im 20. Jahrhundert deutliche Schwankungen mit einem Hoch in den Vorkriegs- und Kriegsjahren zwischen 1935 und 1945 und einem Tief in den 70er Jahren. Obwohl die Stillkampagne eine der größten Public-Health-Kampagnen ist und sowohl die WHO als auch die Nationale Stillkommission in Deutschland deutliche Empfehlungen zum Stillen vor allem in den ersten sechs Monaten ausgesprochen haben, ist die Realität der Stillzahlen ernüchternd. Es sind zahlreiche quantitative Erhebungen in diesen Zeiten erfolgt und es wurden auch Oral History Studies durchgeführt, um die persönlichen Beweggründe der Mütter zu erforschen (vgl. Harrich 2021; Blaas 2018; Teuffel von Birkensee 2014; Heininger 2014). Die vorliegende Arbeit bezieht sich hingegen auf die Stillratgeber, die in dem Zeitraum zwischen 1945 und 1989 veröffentlicht wurden. Es erfolgt eine Analyse, wie Mütter und Familien in ihrer Stillentscheidung beeinflusst wurden.
Zur Analyse der Stillratgeber wurden verschiedene Aspekte herangezogen und unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. So wurden anhand eines eigens für diese Untersuchung erstellten Analysebogens Inhalt, Sprache, Layout und Daten zur Veröffentlichung analysiert und verglichen. Untersucht wurden diese Analysen auch in Bezug auf die politischen Systeme, die in diesem Zeitraum herrschten und nicht nur das Denken der Menschen, sondern in der DDR auch die Möglichkeiten der Veröffentlichung beeinflussten. Ausgewählt wurden die Samples anhand bestimmter Kriterien. Es wurde darauf geachtet, dass ungefähr der gleiche Anteil an Büchern aus der DDR und der BRD vertreten sind. Außerdem wurden gezielt Bücher herangezogen, zu denen es mehrere Auflagen gibt, sodass der Wandel in Inhalt, Ton und Sprache untersucht werden konnte. Insgesamt wurden 36 Bücher analysiert, die repräsentativ die damalige Zeit widerspiegeln sollen. Nach dem zweiten Weltkrieg war Deutschland in zwei Teile geteilt und die Veröffentlichung der Bücher erfolgte in der DDR nach anderen und strengeren, limitierenderen Regeln als in der BRD. So können deutliche Unterschiede zwischen den Stillratgebern der BRD und der DDR gesehen werden. Zum einen lässt sich eine Propagierung der künstlichen Säuglingsnahrung in den Büchern der DDR herausarbeiten. Zum anderen finden sich auch Differenzen in der Sprache und im Ton. Der Ton der Stillratgeber änderte sich von bestimmend eher hin zu sachlich, erklärend, aber auch liberaler. Außerdem wurden die Väter mehr mit einbezogen und die Ratgeber adressierten nicht länger nur die Mütter. Durch den Freigeist und die Selbstbestimmung, die in den 70er Jahren einen Aufschwung erlebte, kam es zu sehr niedrigen Stillquoten, die in den 80er Jahren durch die Rückkehr zur „Natürlichkeit“ allerdings wieder anstiegen. Zwar nahmen auch die Ratgeber und Lehrbücher die Methoden der künstlichen Säuglingsernährung mit auf, jedoch empfahlen sie durchweg das Stillen als die beste Ernährungsform für Säuglinge. Insgesamt war der der Säuglingsernährung gewidmete Anteil an den Ratgebern nicht so umfangreich, was darauf schließen lässt, dass die Säuglingsernährung in der Pädiatrie eher nebensächlich war. Über den Verlauf der Jahrzehnte hinweg sieht man allerdings, dass das Thema an Wichtigkeit gewinnt. Die Erkenntnisse dieser Arbeit können hilfreich sein, um die Ratgeberliteratur der heutigen Zeit so anzupassen, dass der richtige Ton getroffen wird und die Adressaten richtig ausgewählt werden, sodass es zu einem weiteren Anstieg der Stillquoten in Deutschland kommen könnte. Ein wichtiger Punkt ist auch die Aufklärung; durch Informationen und Erklärungen können Mütter eher überzeugt werden zu stillen als mit einem befehlenden Ton, der nur ein schlechtes Gewissen kreiert.The quotes of breast-feeding in Germany in the 20th century showed massive fluctuations including an upturn in the years before and during the war raging between 1935 and 1945 and a downturn in the seventies. Although the breast-feeding-campaign is one of the biggest public-health-campaigns, and the WHO as well as the National breastfeeding commission in Germany clearly recommend breastfeeding in the first six months, the breast-feeding numbers are deflating. These times are documented in multiple quantitative surveys and existing Oral History Studies show the personal background of mothers’ decisions (cf. Harrich 2021; Blaas 2019; Teuffel von Birkensee 2014; Heiniger 2014). This thesis indeed is focused on the guidebooks of breast feeding published between 1945 and 1989. It examines how mothers and young families were influenced in their decision for or against breast-feeding. Different aspects and foci are important for the analysis of the breast-feeding guidebooks. For this trial a guide for analysis was produced. The guide includes the examination and comparison from content, style, language, layout, and publication dates. The political systems governing between 1945 and 1989 are also included as a basis. This did not only affect the thinking processes in the population, but in case of the DDR also the availability of publications. The samples were chosen by special criteria. It was important, that approximately the same amount of books were published in the BRD and in the DDR. Furthermore, the chosen books had to have been published in more than one edition to show the shift in content, tone, and language between different editions. Altogether 36 books are analyzed to represent the former time. Germany was divided into two republics after the second world war and the book publishing process in the DDR developed more severe and more limiting rules. These rules did not apply for books published in the BRD. This is evident in the differences between books published in the BRD and the DDR. Therefore, one can see a propagation of artificial infant nutrition in the books of the DDR and severe differences between language and tone occur. The tone of the guidebooks changed from determining to more objective and explaining. In addition, the father was addressed more frequently in guidebooks than in the earlier centuries. Back then it was common to just address the mother. In the seventies the number of breast-feeding mothers dropped, because of the more common thoughts of freedom and self-determination. However, in the eighties the quotes of breast-feeding raised again as the people wanted to return to more naturalness. Although the guidebooks picked up the methods of artificial infant feeding, breast feeding was still recommended as the best method for feeding infants. Altogether the amount of text determined to infant feeding in the books is rather small, which emphasizes the aspect that infant nutrition wasn’t considered very important. But over the analyzed years the importance of this subject increased. The results of this work should help adapt current guidebooks to choose the right tone and address the desired reader. This will help raise the breast-feeding quotes in Germany further. The education is important as well, because with the right information and explanations the mothers can be better persuaded than with a commanding tone which only creates a guilty conscience. | |||||||
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Fachbereich / Einrichtung: | Medizinische Fakultät | |||||||
Dokument erstellt am: | 02.07.2024 | |||||||
Dateien geändert am: | 02.07.2024 | |||||||
Promotionsantrag am: | 11.01.2024 | |||||||
Datum der Promotion: | 13.06.2024 |