Dokument: Einsatz und Weiterentwicklung molekulargenetischer diagnostischer Verfahren sowie deren Bedeutung für den Krankheitsverlauf und Therapieerfolg von HIV-1 und SARS-CoV-2 Infektionen

Titel:Einsatz und Weiterentwicklung molekulargenetischer diagnostischer Verfahren sowie deren Bedeutung für den Krankheitsverlauf und Therapieerfolg von HIV-1 und SARS-CoV-2 Infektionen
Weiterer Titel:Use and development of molecular genetic diagnostic methods and their relevance to the progression and therapeutic success of HIV-1 and SARS-CoV-2 infections.
URL für Lesezeichen:https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=64248
URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20231211-110020-0
Kollektion:Publikationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Habilitation
Medientyp:Text
Autor: Lübke, Nadine [Autor]
Dateien:
[Dateien anzeigen]Adobe PDF
[Details]9,35 MB in einer Datei
[ZIP-Datei erzeugen]
Dateien vom 28.11.2023 / geändert 28.11.2023
Stichwörter:HIV-1, SARS-CoV-2, Virusvarianten, Evolution, Sequenzierung, Resistenz
Dokumententyp (erweitert):Habilitation
Dewey Dezimal-Klassifikation:600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit
Beschreibungen:Die molekulare Diagnostik von HIV-1 und SARS-CoV-2 ist mittlerweile zentrale Grundlage für die Einschätzung des Krankheitsverlaufs und des Therapieerfolgs bei Infektionen. Aufgrund der stetigen Veränderung dieser Viren mit der Verbreitung von neuen Varianten und der Zulassung von neuen antiviralen Wirkstoffen müssen auch molekulargenetische diagnostische Verfahren kontinuierlich weiterentwickelt werden, indem sie belastbare Entscheidungshilfen für individualisierte Therapieentscheidungen beitragen.
Die Zulassung von neuen antiretroviralen Substanzen und Substanzklassen zur Therapie der HIV-Infektion erfordert einerseits die Weiterentwicklung der phänotypischen und genotypischen Resistenzanalysen zur Abdeckung aller Therapieziele in HIV-1 und andererseits ein besseres Verständnis von der klinischen Bedeutung von Resistenzen oder Kreuzresistenzen vor Beginn einer Therapie („Baseline“-Resistenz), um ein mögliches vorzeitiges Therapieversagen zu verhindern. Die in dieser kumulativen Arbeit präsentierten Daten zur Entwicklung der genotypischen und phänotypischen Resistenzanalysen für Integrase Inhibitoren, sowie die Untersuchungen zur Baseline- Resistenz in Abhängigkeit vom HIV-1 Subtyp und zu Kreuzresistenzen für unterschiedlichen Integrase- Inhibitoren haben grundlegend zu dem aktuellen Wissen über Resistenzen in der Intergrase-Region beigetragen. Mit der Zunahme und Verbesserung der antiretroviralen Substanzen in Bezug auf Nebenwirkungsprofile und die Tablettenlast besteht ein wachsendes Interesse an Therapieumstellungen. Auch vor einer geplanten Umstellung unter einer effektiven Therapie (Viruslast <50 Kopien/ml) sollte idealerweise eine Resistenzanalyse erfolgen, damit das Risiko eines Therapieversagens nach Umstellung aufgrund von Resistenzen minimiert wird. Als Alternative zur standardmäßigen Resistenztestung der viralen Plasma RNA (vRNA) kann bei geringer Viruslast die Resistenztestung anhand der proviralen DNA (pDNA) durchgeführt werden. Dabei wird nicht die freie virale Plasma RNA, sondern die zelluläre provirale DNA isoliert und analysiert. In einer Vergleichsanalyse konnte gezeigt werden, dass die Genotypisierung der pDNA möglich ist und zudem wichtige Resistenzinformationen liefert. Die Mehrheit der Resistenzmutationen wurde in beiden Kompartimenten detektiert und nur wenige Mutationen waren ausschließlich in der vRNA oder der pDNA nachweisbar. Auch wenn die Aussagekraft der proviralen Resistenzanalyse Limitationen hat, bietet sie eine Alternative, wenn Resistenzanalysen der vRNA aufgrund zu niedriger Viruslasten erfolglos sind. Die hier gezeigten Daten haben grundlegend zum Verständnis, aber auch zum Einsatz der proviralen Resistenzanalyse in der Routinediagnostik beigetragen.
Nicht nur die Sensitivität der Nachweismethoden, sondern auch die Sequenziermethoden selbst haben sich weiterentwickelt und somit neue Möglichkeiten für die Analyse von Viruspopulationen geliefert. Während noch vor wenigen Jahren die klassische Sanger Sequenzierung standardmäßig angewandt wurde, wird heute bei der Analyse von resistenten Virusvarianten bzw. von Immun-„Escape“ Varianten vorwiegend das sogenannte Next-Genereation-Sequencing (NGS) durchgeführt. Diese Hochdurchsatz-Technologie ermöglicht, je nach Methode, sowohl Ganzgenomanalysen als auch eine Quantifizierung von resistenten Virusvarianten oder Escape-Varianten innerhalb einer Viruspopulation. Durch longitudinale Resistenzanalysen unter versagender antiretroviraler Therapie und Einsatz von NGS zur Quantifizierung von resistenten Virusvarianten, konnten in den präsentierten Arbeiten nicht nur die
charakteristischen Resistenzprofile von den Integrase-Inhibitoren Raltegravir und Dolutegravir identifiziert, sondern auch die Evolution der resistenten Virusvarianten charakterisiert werden.
Auch im Rahmen der SARS-CoV-2 Pandemie hat sich NGS für die Ganzgenom-Sequenzierung zur Surveillance der SARS-CoV-2 Varianten etabliert. Da sich einzelne Virusvarianten, die sogenannten Variants of Concern (VOCs) der Schutzwirkung der Impfung entziehen können, und auch spezifische Personengruppen mit einem Risiko von schweren COVID-19 Verläufen keinen ausreichenden Impfschutz aufbauen können, werden zur Behandlung einer SARS-CoV-2 Infektion auch antivirale Therapien eingesetzt. Dabei haben sich monoklonale Antikörper (mAb) als effektive Behandlungsmöglichkeit herausgestellt. In den hier präsentierten Arbeiten zur Evolution von SARSCoV-2 Varianten unter Selektionsdruck durch mAbs konnte gezeigt werden, dass die Behandlung von COVID-19 mit einer mAb-Monotherapie bei immunsupprimierten Personen in einem erheblichen Anteil zu einer Selektion von Immun-„Escape“-Varianten führte. Dabei wurden nicht nur die spezifischen Mutationsprofile verschiedener mAb identifiziert, sondern durch longitudinale Analysen auch die differentielle Entwicklung von Escape-Mutationen in Abhängigkeit von der SARS-CoV-2 Variante charakterisiert.
Die in dieser Arbeit zusammengefassten Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Entwicklung und Weiterentwicklung von molekulargenetischen diagnostischen Verfahren für HIV-1 und SARS-CoV-2 Infektionen erheblich zum Verständnis der Krankheitsverläufe, aber auch zu Verbesserung der Therapieerfolge beigetragen hat.

Molecular diagnostics for HIV-1 and SARS-CoV-2 have become central to the assessment of disease progression and treatment success. Due to the constant changes in these viruses with the spread of new variants and the approval of new antiviral agents, molecular genetic diagnostic methods also need to be continuously developed to provide reliable decision-making tools for individualised treatment decisions.
The approval of new antiretroviral agents and classes for the treatment of HIV infection requires the further development of phenotypic and genotypic resistance analyses to cover all treatment targets in HIV-1 and a better understanding of the clinical significance of resistance or cross-resistance prior to the start of treatment ("baseline" resistance) in order to prevent possible premature treatment failure. The data presented in this cumulative work on the development of genotypic and phenotypic resistance analyses for integrase inhibitors, as well as studies on baseline resistance depending on the HIV-1 subtype and on cross-resistance for different integrase inhibitors, have made a fundamental contribution to the current knowledge of resistance in the intergrase region. With the increase and improvement of antiretroviral agents in terms of side-effect profiles and pill burden, there is a growing interest in therapy switching. Ideally, resistance testing should be performed prior to a planned switch while on effective therapy (viral load <50 copies/mL) to minimise the risk of treatment failure due to resistance. As an alternative to the standard viral plasma RNA (vRNA) resistance test, proviral DNA (pDNA) resistance testing can be performed at low viral loads. Instead of free viral plasma RNA, cellular proviral DNA is isolated and analysed. A comparative analysis showed that genotyping of the pDNA is possible and also provides important resistance information. The majority of resistance mutations were detected in both compartments and only a few mutations were detectable only in vRNA or pDNA. Although the power of proviral resistance analysis is limited, it provides an alternative when vRNA resistance analysis is unsuccessful due to low viral loads. The data presented here have made a fundamental contribution to the understanding and use of proviral resistance analysis in routine diagnostics.
Not only the sensitivity of the detection methods, but also the sequencing methods themselves have evolved, opening up new possibilities for the analysis of viral populations. While classical Sanger sequencing was the gold standard a few years ago, next-generation sequencing (NGS) is now used to analyse resistant or immune escape variants. Depending on the method, this high-throughput technology allows both whole genome analysis and the quantification of resistant or escape variants within a virus population. Through longitudinal resistance analyses under failing antiretroviral therapy and the use of NGS for the quantification of resistant virus variants, it was possible in the work presented not only to determine the
inhibitors raltegravir and dolutegravir, but also to characterise the evolution of resistant viral variants.
In the context of the SARS-CoV-2 pandemic, NGS has also become established for whole genome sequencing to monitor SARS-CoV-2 variants. Antiviral therapies are also being used to treat SARS-CoV-2 infection, as individual virus variants, known as Variants of Concern (VOCs), can evade the protective effect of vaccination and certain groups of people at risk of severe COVID-19 disease cannot build up sufficient vaccine protection. Monoclonal antibodies (mAb) have been shown to be an effective treatment option. In the work presented here on the evolution of SARS-CoV-2 variants under selection pressure by mAbs, it was shown that treatment of COVID-19 with mAb monotherapy in immunocompromised individuals resulted in the selection of a significant proportion of immune escape variants. In addition to identifying the specific mutational profiles of different mAbs, longitudinal analyses were used to characterise the differential evolution of escape mutations depending on the SARS-CoV-2 variant.
The results summarised in this paper clearly show that the development and refinement of molecular genetic diagnostic methods for HIV-1 and SARS-CoV-2 infections has contributed significantly to the understanding of disease progression, but also to the improvement of therapeutic success.
Quelle:s. Literaturverzeichnis in Habilitationsschrift
Lizenz:Creative Commons Lizenzvertrag
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz
Fachbereich / Einrichtung:Medizinische Fakultät » Institute » Institut für Virologie
Dokument erstellt am:11.12.2023
Dateien geändert am:11.12.2023
Gültig ab:26.11.2023
english
Benutzer
Status: Gast
Aktionen