Dokument: Psychisches Befinden und Hilfsangebote im Betrieb Eine Bedarfsanalyse zur Psychosomatischen Sprechstunde im Betrieb

Titel:Psychisches Befinden und Hilfsangebote im Betrieb Eine Bedarfsanalyse zur Psychosomatischen Sprechstunde im Betrieb
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20220207-095921-5
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Reineke, Franca [Autor]
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Dateien vom 24.01.2022 / geändert 24.01.2022
Beitragende:Prof. Dr. med. Angerer, Peter [Gutachter]
Prof. Dr. Matthias Franz [Gutachter]
Dewey Dezimal-Klassifikation:600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit
Beschreibungen:Hintergrund: Psychische Erkrankungen sind in Deutschland mit einer 1-Jahres-Prävalenz von 27,7 % häufig. Etwa jede dritte Frau und jeder fünfte Mann leidet innerhalb eines Jahres an einer psychischen Erkrankung. Neben dem persönlichen Leid der Betroffenen stellen die ökonomischen Folgen durch Behandlungskosten und Produktivitätsausfälle eine gesellschaftliche Herausforderung dar. Therapien sind effektiv, jedoch erhält nur ein Teil der Betroffenen eine Therapie. Forschungen zeigen, dass psychotherapeutische Angebote am Arbeitsplatz, wie die Psychosomatische Sprechstunde im Betrieb (PSiB) geeignet sind, um Betroffene zu erreichen. Allerdings ist wenig über die Bedürfnisse und Präferenzen hinsichtlich psychotherapeutischer Angebote am Arbeitsplatz bekannt sowie über den wahrgenommenen Bedarf und die Absicht der Beschäftigten diese zu nutzen.
Fragestellung: Ziel der Arbeit war es zu erfahren, wie psychotherapeutische Angebote am Arbeitsplatz aus Sicht der Beschäftigten gestaltet sein sollen (Ort, Zeit, Form, Umfang), ob Beschäftigte einen Bedarf an derartigen Angeboten sehen und wie groß die Absicht ist, das Angebot ggf. selbst zu nutzen. Weiterhin wurde untersucht, ob soziodemographische Faktoren, Depressivität und psychosoziale Arbeitsbelastungen die allgemeine Nutzungsabsicht und die Nutzungsabsicht für berufliche und private Belastungen beeinflussen.
Methode: Von den 785 Beschäftigten einer deutschen Hochschule, in der ein breites Spektrum verschiedener Professionen eine große Zahl unterschiedlicher Tätigkeiten ausübt, nahmen 155 an der fragebogenbasierten Umfrage Teil. Psychosoziale Arbeitsbelastungen, Arbeitsstress (Anstrengung, Belohnung und deren Verhältnis im Sinne des Gratifikationskrisenmodells), wurde mithilfe des ERI-Fragebogens, die Depressivität mit dem PHQ-9-Fragebogen abgebildet. Die Präferenzen zur Gestaltung der PSiB wurden mit einem selbstentwickelten Fragebogen erfasst. Zur Analyse möglicher Determinanten der Nutzungsabsicht wurden multiple lineare Regressionsmodelle berechnet.
Ergebnisse: Am häufigsten nahmen Beschäftigte im Alter von 46-55 Jahren an der Befragung teil. Die Teilnehmenden sind zu 56,8 % weiblichen Geschlechts. Im ‚Gesundheitsfragebogen für Patienten‘ (PHQ 9) wiesen die Teilnehmenden durchschnittlich einen Punktwert von 6,17 auf, was auf einer depressiven Störung mit mildem Schweregrad hindeutet. 90,3 % der Teilnehmenden wünschten eine PSiB und 89,6 % erklärten, das Angebot in einer psychisch belastenden Situation selbst nutzen zu wollen. Beschäftigte beabsichtigen häufiger eine Nutzung für berufliche Belastungen (92,9 %) als für private Belastungen (48 %). Die allgemeine Nutzungsabsicht steht in einem signifikanten Zusammenhang mit der beruflich erbrachten Anstrengung und dem Alter der Beschäftigten: Ältere Beschäftigte beabsichtigen häufiger das Angebot in einer psychisch belastenden Situation selbst zu nutzen. Es zeigt sich ein (grenzwertig signifikanter) Zusammenhang zwischen hoher beruflicher Anstrengung und der Nutzungsabsicht für berufliche Belastungen. Zwischen der Nutzungsabsicht für private Belastungen und depressiven Symptomen sowie weiblichem Geschlecht konnte ein signifikanter Zusammenhang beobachtet werden. Die Beschäftigten gaben keine einheitliche Präferenz zur räumlichen und zeitlichen Gestaltung der PSiB an. Einem ausschließlichen Beratungs- und Diagnostikgespräch stimmten ca. 93 % zu, einer Erweiterung um die Möglichkeit einer psychotherapeutischen Behandlung ca. 60 %.
Schlussfolgerung: Die Arbeit zeigt, dass psychotherapeutische Angebote am Arbeitsplatz von Beschäftigten, zumindest von einer interessierten Teilgruppe mit relativ hoher depressiver Symptombelastung, in hohem Maß akzeptiert werden. Die Ergebnisse bestätigen im Prinzip die Forschungsliteratur zur Inanspruchnahme psychotherapeutischer Angebote und erweitern die Erkenntnisse im betrieblichen Bereich. Das Angebot sollte möglichst flexibel gestaltet werden, um unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden. Trotz möglicher Selektionseffekte durch die Teilnahmequote weist die Untersuchung darauf hin, dass Bedarf und Nutzungsabsicht höher sind als die tatsächliche Inanspruchnahme. Die Ergebnisse zur Ausgestaltung des Angebots können dazu beitragen, die tatsächliche Nutzung zu fördern.

Background: Mental illness is common in Germany, with a 1-year prevalence of 27.7%. Around one in three women and one in five men suffer from a mental illness within a year. In addition to the individual suffering of those affected, the economic consequences due to treatment costs and lost productivity pose a social challenge. Therapies are effective, but only a proportion of sufferers receive treatment. Research shows that psychotherapeutic services in the workplace, are suitable for reaching sufferers. However, little is known about the needs and preferences for psychotherapeutic services in the workplace and the perceived need and intention of employees to use them.
Research Question: The aim of this study was to investigate how psychotherapeutic services at the workplace should be designed from the employees' point of view (place, time, form, scope), whether employees see a need for such services and how great the intention is to use the services themselves. Furthermore, we examined if social demographic factors, depressive symptoms and adverse occupational exposures influence in general the intention to use a psychotherapeutic workplace intervention as well as the intention to use it for private or work-related problems.
Method: Of the 785 employees of a university in Germany, 155 took part in the questionnaire-based survey. The adverse psychosocial work environment was measured by the Effort-Reward Imbalance Questionnaire and clinical symptoms of depression were assessed via the Patient Health Questionnaire (PHQ-9). To examine the employees’ preferences regarding the design of a workplace intervention, we used a self-developed questionnaire. By using multiple linear regression, we identified determinants of intention to use workplace interventions in general and for private and work-related problems in particular.
Result: Employees aged 46 to 55 years took part in the study the most. 56.8 % of the participants are women. The mean PHQ-Score was 6.17. This indicates that on average, the participants suffered from mild clinical symptoms of depression. 90.3 % of the participants perceived a need for a psychosomatic consultation in the workplace and 89.6 % reported an intention to use such an intervention in a situation of psychological distress. Employees showed a higher intention to use an intervention for work-related stress (92.9 %) than for private stress (48 %). There was a significant interaction between the age of employees and the intention of utilization: Employees at the age of 45 and older declared to use an intervention more frequently if needed. Moreover, numerically there was an interaction between adverse psychosocial exposures at work and the intention to use the workplace intervention for work-related problems, although this interaction was not significant. The intention to use the intervention for private problems showed a significant interaction with female gender and depressive symptoms. Employees reported varying needs for the location and time of an intervention. 93 % agreed to counselling and diagnostical intervention only, and 60 % agreed to a psychotherapy in the workplace intervention.
Discussion: This study shows that workplace interventions are accepted, especially by a group of employees experiencing depressive symptoms. The results support previous studies and expand knowledge in the field of workplace interventions Psychotherapeutic services in the workplace should be designed in a flexible way to meet the employees‘ needs. Despite possible selection effects due to the response rate, this study shows that the need and the intention to use workplace interventions is higher than the current realized access is. The results about how workplace interventions should be designed from the employees' point of view could be used to increase the intention to seek professional help in the workplace.
Lizenz:In Copyright
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Fachbereich / Einrichtung:Medizinische Fakultät » Institute » Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin
Dokument erstellt am:07.02.2022
Dateien geändert am:07.02.2022
Promotionsantrag am:09.09.2021
Datum der Promotion:20.01.2022
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