Dokument: Evidenzbasierung der Instrumente zur Erhebung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität im Rahmen der frühen Nutzenbewertung nach § 35a SGB V. Am Beispiel von Verfahren in der Onkologie.

Titel:Evidenzbasierung der Instrumente zur Erhebung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität im Rahmen der frühen Nutzenbewertung nach § 35a SGB V. Am Beispiel von Verfahren in der Onkologie.
URL für Lesezeichen:https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=58106
URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20211129-105555-5
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Bender, Holger [Autor]
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Dateien vom 21.11.2021 / geändert 21.11.2021
Beitragende: Icks, Andrea [Gutachter]
Prof. Dr. Loerbroks, Adrian [Gutachter]
Dewey Dezimal-Klassifikation:600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit
Beschreibungen:Die gesundheitsbezogene Lebensqualität ist ein zunehmend wichtiger Endpunkt in klinischen Therapiestudien. Idealerweise werden validierte Instrumente zur Erhebung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität verwendet. Validierungsstudien dienen dabei der Bestimmung der psychometrischen Güte und der Definition von Kriterien für die klinische Relevanz. Die Frage ist, in welchem Maße Charakteristika wie beispielsweise das Alter oder der Erkrankungsgrad der Studienpopulation von Therapie- und Validierungsstudien übereinstimmen. Nichtübereinstimmung würde die Validität herangezogener psychometrischer Gütekriterien einschränken, ebenso die Belastbarkeit verwendeter klinischer Relevanzkriterien.

Ziel der Arbeit ist die Bestimmung von Umfang und Wertigkeit der Informationen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität im Kontext der frühen Nutzenbewertung nach § 35a SGB V. Im Fokus stehen die verbreitetsten Instrumente zur Erhebung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei onkologischen Erkrankungen. Anhand zentraler Studien- und Patientenmerkmale werden spezifische Indikatoren zur Bewertung der Evidenzbasierung beschrieben. Daneben ist die Arbeit darauf gerichtet, Abweichungen zwischen Therapie- und Validierungsstudien einerseits und zwischen den Tumorentitäten andererseits anzugeben. Bestimmt durch Unterschiede in den Behandlungssituationen von Therapie- und Validierungsstudien sowie den Informationen zum Güteprofil eingesetzter Fragebögen aus Validierungsstudien wird die Robustheit der Evidenz beurteilt. Festgestellte Limitationen in Bezug auf die Verwertbarkeit der Evidenz in den Nutzenbewertungsverfahren werden einem dort beanspruchten Zusatznutzen gegenübergestellt und diskutiert.

Die Arbeit basiert auf den abgeschlossenen Nutzenbewertungsverfahren zu onkologischen Erkrankungen mit einem Bewertungsbeginn bis Januar 2016 (N = 59). Zunächst werden Auszüge zum Geltungsgrad von Endpunkten der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, zum Design der klinischen Prüfungen, zum konzeptionellen Stellenwert sowie zu Art und Umfang der Informationen zur Zielgröße gesammelt und die Befunde deskriptiv (relative Häufigkeiten, Durchschnittsvergleiche je Tumorentität) ausgewertet. Zusätzlich werden Angaben zu Alter, Geschlecht, Grad der Erkrankungsschwere, Ethnizität und geographische Region inhaltsanalytisch erfasst. Die Ergebnisse werden deskriptiv (absolute Häufigkeiten, relative Abweichungen) und inferentiell (ungepaarter t-Test im Falle intervallskaliert operationalisierter Variablen, exakter Test nach Fisher im Falle nominalskalierter Variablen) aufbereitet. Überdies werden Beschreibungen der Validität, der Reliabilität und der Änderungssensitivität bezüglich der verbreitetsten Erhebungsinstrumente aus den Unterlagen extrahiert und qualitativ interpretiert. Zuletzt werden die Ergebnisse einzelner Betrachtungsebenen katalogisiert.

In 80 % der Verfahren wird die gesundheitsbezogene Lebensqualität erhoben und zur Ableitung eines Zusatznutzens berichtet. Zu 88 % kommen randomisierte kontrollierte Studien zum Einsatz. Diese sind zu 52 % doppelblind designt. Etwa jede zweite Studie untersucht den Interventionseffekt gegenüber einem aktiven Komparator. In den Therapiestudien sind Endpunkte der gesundheitsbezogenen Lebensqualität überwiegend als sekundäre Zielkriterien definiert. Für die krankheitsspezifischen Profilinstrumente ergibt sich in der Gegenüberstellung von Therapie- und Validierungsstudien zu 54 % eine umfassende und zu 18 % eine anteilige Übereinstimmung der Tumorentitäten. Im Hinblick auf soziodemographische und klinische Merkmale finden sich signifikante Unterschiede zwischen den Populationen der Therapie- und Validierungsstudien: in 83 % für das Alter, 54 % für das Geschlecht, 83 % für den Grad der Erkrankungsschwere, 59 % für die Ethnizität und 71 % für die geographische Region. In acht in den Nutzenbewertungsverfahren häufig angeführten Validierungsstudien sind in 2 Fällen Subskalen bzw. Komponenten unberücksichtigt, in 2 weiteren Fällen eingeschränkt bzw. in 4 Fällen ungleich belastbar. Übersichten fassen die einbezogenen Patientencharakteristika von Validierungsstudien, die Abweichungen zu Therapiestudien und die Einschätzung des Verfassers zur Aussagesicherheit von Skalen ausgewählter Fragebögen zusammen.

Angesichts substanzieller Abweichungen zwischen Therapie- und Validierungsstudien in zentralen Studiencharakteristika sowie mitunter fehlenden oder minder belastbaren Evidenzen ist die Aussagekraft von Ergebnissen zu Endpunkten der gesundheitsbezogenen Lebensqualität in den zu bewertenden Studien der Nutzenbewertungsverfahren limitiert. Dies steht im Widerspruch zur beigemessenen Bedeutung der Zielgröße im Prozess der frühen Nutzenbewertung. Zu fordern ist daher die Einführung strenger Gütekriterien für die Verwertung von Validierungsstudien in den Nutzenbewertungsverfahren. Perspektivisch ist die Durchführung adäquater – u. a. an den „State-of-the-Art“-Interventionen sowie den Alters-, Geschlecht- und Erkrankungsschwereverteilungen klinischer Therapiestudien ausgerichteter – Validierungsstudien obligat. Diesbezüglich stehen neben den Sponsoren klinischer Studien im Besonderen jene Forschergruppen in der Verantwortung, die weit verbreitete Erhebungsinstrumente (fort-)entwickeln.

Health-related quality of life is an increasingly important endpoint in clinical therapy studies. Ideally, validated instruments are used to measure health-related quality of life. Validation studies are conducted to determine the psychometric properties and to define criteria for clinical relevance. The question is to what extent characteristics such as age or disease severity of the study population of therapy studies and validation studies match. Non-matching would limit the validity of psychometric properties considered, as well as the robustness of applied clinical relevance criteria.

The objective of this work is to determine the extent and quality of information on health-related quality of life in the context of early benefit assessment according to § 35a SGB V. The focus is on the most prevalent instruments for measuring health-related quality of life in oncological diseases. Based on key characteristics of studies and patients, particular indicators for the rating of the level of evidence are described. In addition, the work aims to report differences between therapy studies and validation studies on the one hand and between tumor entities on the other hand. The robustness of the evidence is assessed on the basis of differences in the treatment situations of therapy studies and validation studies, as well as information obtained from validation studies on the quality profile of the questionnaires used. Limitations found concerning the applicability of the evidence in the benefit assessment proceedings are contrasted with an additional benefit claimed there and discussed.

The work is based on the completed benefit assessment proceedings for oncological diseases with an evaluation start date up to January 2016 (N = 59). First, excerpts on presence of health-related quality of life endpoints, the design of clinical trials, the status of the conceptual significance and the type and level of information on the outcome measure are collected. The findings are analyzed descriptively (relative frequencies, average comparisons per tumor entity). Furthermore, data on age, gender, disease severity, ethnicity and geographic region are recorded by content analysis. The results are presented descriptively (absolute frequencies, relative deviations) and inferentially (unpaired t-test in the case of interval-scaled operationalized variables, Fisher's exact test in the case of nominal-scaled variables). Moreover, explanations of validity, reliability and responsiveness for the most prevalent outcome measures are extracted from the documents and qualitatively interpreted. Finally, the results of single observation levels are cataloged.

In 80 % of proceedings, health-related quality of life is ascertained and reported to derive additional benefit. Randomized controlled trials are applied in 88 % of cases. These are double-blind in design in 52 % of cases. About every second study examines the effect of intervention versus an active comparator. In therapy studies, endpoints of health-related quality of life are predominantly defined as secondary outcome variables. For the disease-specific profile instruments, the comparison of therapy studies and validation studies showed 54 % complete congruence and 18 % partial congruence of tumor entities. With regard to sociodemographic and clinical characteristics, significant differences are found between the populations of the therapy studies and validation studies: in 83 % for age, 54 % for gender, 83 % for disease severity, 59 % for ethnicity and 71 % for geographic region. In eight frequently cited validation studies regarding benefit assessment proceedings, subscales or components are omitted in 2 cases, limited in 2 other cases and unequally valid in 4 cases. Overviews summarize the included patient characteristics of validation studies, deviations from therapy studies and the author's rating of the confidence level of scales of selected questionnaires.

Given substantial differences between therapy studies and validation studies in key study characteristics as well as occasionally missing or less robust evidence, the explanatory power of results on endpoints of health-related quality of life in the studies to be assessed within the benefit assessment proceedings is limited. This is in contradiction to the declared importance of the outcome measure in the process of early benefit assessment. Therefore, the implementation of stringent quality criteria for the use of validation studies concerning the benefit assessment proceedings is required. In future, it is mandatory to conduct adequate validation studies geared to state of the art interventions along with the age, gender and disease severity distributions of clinical therapy studies. In this regard, besides the sponsors of clinical trials, the research groups that develop widely-used outcome measures have a primary responsibility.
Lizenz:In Copyright
Urheberrechtsschutz
Fachbereich / Einrichtung:Medizinische Fakultät
Dokument erstellt am:29.11.2021
Dateien geändert am:29.11.2021
Promotionsantrag am:19.03.2021
Datum der Promotion:18.11.2021
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