Dokument: "Gangstörungen bei Patienten mit Morbus Wilson"
Titel: | "Gangstörungen bei Patienten mit Morbus Wilson" | |||||||
Weiterer Titel: | "Gait Disorders in Patients with Wilson's Disease" | |||||||
URL für Lesezeichen: | https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=56814 | |||||||
URN (NBN): | urn:nbn:de:hbz:061-20210719-075004-3 | |||||||
Kollektion: | Publikationen | |||||||
Sprache: | Deutsch | |||||||
Dokumententyp: | Wissenschaftliche Abschlussarbeiten | |||||||
Medientyp: | Sonstige Anwendung | |||||||
Autor: | Tezayak, Osman [Autor] | |||||||
Dateien: |
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Beitragende: | Prof. Dr. Dr. Hefter, Harald [Gutachter] Prof. Dr. med. Stephan vom Dahl [Gutachter] | |||||||
Dewey Dezimal-Klassifikation: | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit | |||||||
Beschreibungen: | Zusammenfassung
Es gibt klinische Hinweise darauf, dass der Gang bei Morbus Wilson gestört ist, aber bisher wurde keine quantitative Messung des freien Gehens durchgeführt. In der vorliegenden Studie wurden nicht nur das freie Gehen, sondern auch die erschwerten Gangvarianten Hüpfen und Laufen an demselben Kollektiv untersucht, um die Gangstörung bei Morbus Wilson (WD) möglichst breit und intensiv zu untersuchen. Anhand einfacher klinischer Scores zur Semiquantifizierung von Gangstörungen bei WD konnte gezeigt werden, dass Gang auf WD-Therapie im Vergleich zu anderen neurologischen Symptomen und im Gegensatz zu Dystonie gut anspricht. Patienten, die in drei verschiedenen klinischen Studien rekrutiert wurden, um die Sicherheit und Wirksamkeit von Tetramolybdat zu testen, reagierten auf die Behandlung hervorragend. Dies impliziert, dass Gangstörungen bei langzeitbehandelten WD-Patienten selten und mild werden. Es stellt sich daher die Frage mit dem Ziel, ob subklinische Ganganomalien in WD mittels quantitativer Gangmessung erkannt werden können. Methodisch wurde bei 30 langzeitbehandelten WD-Patienten das Gehen ohne Hilfe bei der bevorzugten Gehgeschwindigkeit über eine Distanz von 40 Metern analysiert. Mit einem Infotronic®-Ganganalysesystem, das aus Weichgewebeschuhen mit einer massiven, aber flexiblen Platte mit acht Kraftaufnehmern besteht, wurden Bodenreaktionskräfte (Fußdruck am Boden) und zeitliche Muster des Fußauftritts erfasst. Gangparameter wurden mit klinischen Werten sowie Laborbefunden korreliert. Die Ergebnisse von WD-Patienten wurden mit denen einer alters- und geschlechtsangepassten Kontrollgruppe verglichen. Mit derselben Methode wurde auch das Hüpfen getestet. Das Hüpfen auf einem Bein ist eine schwierige motorische Aufgabe, die zur Quantifizierung von Koordinationsdefiziten in der neurologischen Untersuchung eingesetzt wird. An der Hüpftestung nahmen 29 WD-Patienten teil. Sie mussten mindestens drei Sekunden auf einem Bein stehen und dann mindestens fünf aufeinanderfolgende Hüpfbewegungen mit diesem Bein ausführen, wobei beide Beine während der Hüpfbewegungen in der Luft sein mussten. Mit derselben Methode wurde auch das Rennen (Schnelles Laufen) getestet. 30 WD-Patienten nahmen an dem Laufest teil. Sie mussten eine Distanz von 40 m so schnell wie möglich zurücklegen, ohne dass ein Sturzrisiko bestand. Ein Laufest wurde als erfolgreich akzeptiert, wenn zähn Schritte mit jedem Bein durchgeführt wurden, denen jeweils ein Intervall voranging und folgte, in dem beide Beine den Boden nicht berührten. Im Gehetest gingen WD-Patienten signifikant (p<0,001) langsamer als normale Probanden mit gleicher Schrittlänge, aber niedrigerer Kadenz (p<0,001). Es gab eine negative Korrelation zwischen Ganggeschwindigkeit und Schwere der neurologischen Symptome (r = - 0.547; p<0,001) und eine positive Korrelation der Ganggeschwindigkeit mit der Kupferkonzentration im 24-Stunden-Urin (r = 0,415; p<0,003). Es wurde eine negative Korrelation zwischen den Serumwerten der Leberenzyme und der Kadenz (r = -0,515; p<0,001) gefunden. Zeitnormalisierte zeitliche Gehmuster waren normal. Eine detaillierte Analyse der Bodenkräfte ergab jedoch eine Beeinträchtigung der Fuß- und Zehenkontrolle mit einer verminderten Fähigkeit, den Körperschwerpunkt von einer Seite auf die andere Seite zu schieben. Bei dem Hüpftest konnten Fünf schwer betroffene WD-Patienten mit psychiatrischen oder anderen nichtmotorischen Symptomen nicht hüpfen. Die Zeit bis zum Erreichen des Maximums der Bodenreaktionskräfte war signifikant (p<.03) kürzer bei den übrigen 24 Patienten im Vergleich zu den Kontrollen. Es gab keinen Unterschied in der Hüpffrequenz, der Amplitude der Bodenreaktionskräfte und der Dauer des Fußkontakts. Im Gegensatz zu den Kontrollpersonen und allen leicht betroffenen Patienten kam es bei zwölf Patienten neben dem üblichen "aktiven" Kraftgipfel zu einem initialen, steilen „impact“ Kraftpeak in der Kurve der Bodenreaktionskräfte. Die Variabilität der Amplitude des "aktiven" Peaks korrelierte signifikant negativ mit der Kupferkonzentration im Urin. Beim Lauftest konnten fünf von 30 Patienten nicht laufen. Im Vergleich zu Kontrollen benötigten die 25 WD-Läufer mehr Schritte (p<0,02) und mehr Zeit für 40 Meter (p<0,02). In einer ANOVA wurde kein Einfluss der demographischen Daten und der Schwere der WD auf das schnelle Laufen festgestellt. Das Vorhandensein von nicht-motorischen Symptomen war jedoch signifikant negativ korreliert mit der Ganggeschwindigkeit (p<0,001) und der Variabilität der Schritte (p<0,006). Die Erhöhung der Leberenzyme war signifikant negativ mit der Kadenz korreliert (p<0,004), die Kupferausscheidung im Urin war signifikant negativ korreliert mit der Variabilität der Zeit bis zum Erreichen des Maximums der Bodenreaktionskräfte. Schlussfolgernd kann festgestellt werden, daß zeitliche Gangmuster bei langzeitbehandelten Wilsonpatienten normal ist, aber die Kontrolle der Vorfuß- und Zehenbewegungen ist bei mäßig und schwer betroffenen langzeitbehandelten Wilsonpatienten beeinträchtigt. Das Hüpfen ist ein sensitiver motorischer Test und erfasst bei bis zu 60 Prozent der langzeitbehandelten Wilsonpatienten mit neurologischer Manifestation ein Koordinationsdefizit der Gliedmaßen und/oder des Rumpfes. Quantitative Messungen der Bodenreaktionskräfte zeigen motorische Defizite während des Laufens, ähnlich wie beim freien Gehen bei WD. Der Einfluss von nichtmotorischen Symptomen, Leberfunktionsstörungen und Kupferausscheidungen auf das schnelle Laufen war ausgeprägter als auf das freie Gehen mit bevorzugter Ganggeschwindigkeit. Die quantitative Analyse des freien Gehens, Hüpfens und schnellen Laufens entdeckt subklinische motorische Defizite bei Morbus Wilson, die bei einer klinischen Untersuchung nicht auffallen. Für eine regelmäßige, sorgfältige Therapieüberwachung, die notwendig ist, um das langfristige funktionelle Ergebnis bei WD zu verbessern, erscheint aber die quantitative Ganganalyse zu komplex zu sein. Dennoch wird empfohlen, dass bei Wilsonpatienten wenigstens einmal im Laufe der Behandlung eine Ganganalyse durchgeführt wird.Abstract There are clinical suggestions that gait is disturbed in Wilson's disease (WD). However, quantitative gait measurements have not been performed so far. In the present study, not only free walking will be analysed quantitatively, but also hopping on the spot on one leg as well as running and hopping by the same patients with the same technique, to demonstrate the complexity of gait disorder in WD. Using simple clinical scores for semi-quantification of gait disorders in WD, it has been shown that the gait responded well to WD-therapy, compared to other neurological symptoms, and in contrast to dystonia. Patients that were recruited to 3 different clinical studies to assess the safety and efficacy of tetramolybdate, responded excellently to the treatment. This implies that gait disorders become rare and mild in long-term WD patients. The question therefore arises whether subclinical gait abnormalities in WD can be identified by means of quantitative gait measurement. The method was analyzed in 30 long-term WD patients walking without help at the preferred walking speed over a distance of 40 meters. Using an Infotronic® gait analysis system, which consists of soft tissue shoes with a solid, but flexible plate with 8 force transducers, ground reaction forces (= foot pressure on the ground) and temporal patterns of foot pressure on the ground were recorded. Gait parameters were correlated with clinical values and laboratory findings. The results of the WD patients were compared to those of an age and sex-matched control group. Hopping was tested using the same technique. Hopping on the spot on one leg is a difficult motor task used to quantify co-ordination deficits in clinical neurological investigations. 29 WD-patients took part in the hopping analysis. They had to stand on one leg for at least 3 seconds and then to hop on the spot at least five times. While hopping, both legs had to be in the air. Running was also tested with the same technique. All 30 WD-patients took part in the running test. They had to run over a distance of 40 m as quickly as possible without any risk of falling. A trial was accepted as successful running if 10 steps were performed with each leg, which were preceded and followed by time intervals during which both legs did not touch the ground. WD patients walked significantly in the walking test (p<0.001) slower than normal subjects with the same stride length but lower cadence (p<0.001). There was a negative correlation between gait speed and severity of the neurological symptoms (r = - 547; p<0.001) and a positive correlation with the copper concentration in the 24-hour urine (r = 0.415; p<0.003). A negative correlation was found between the serum values of the liver enzymes and the cadence (r = -0.515; p<0.001). Time normalized walking patterns were normal. However, a detailed analysis of the ground reaction forces revealed an impairment of foot and toe control, which led to a reduced ability to shift the center of the mass of the body from one side to the other. Five severely affected W-patients with psychiatric or other non-motor symptoms were unable to hop on the spot on one leg. The time until peak force in terms of the ground reaction forces was significantly (p<.03) shorter in the remaining 24 patients compared to the controls. No difference in hopping frequency, where the peak amplitude of the ground reaction forces and the duration of foot contact were found. In contrast to the control subjects and 12 slightly affected patients, 12 patients produced a sharp initial "impact" force peak in addition to the usual "active" force peak. The variability of the amplitude of the "active" peak was significantly inversely correlated with the copper concentration in the 24h-urine. Five out of 30 WD-patients were unable to run. Compared to controls, the 25 WD-runners needed more steps (p<0.02) and more time to run a distance of 40 meters (p<0.02). An ANOVA did not reveal any influence of the demographic data and the severity of WD on the running parameters. However, the presence of non-motor symptoms was significantly negatively correlated with gait speed (p<0.001) and variability of steps (p<0.006). The increase in liver enzymes was significantly inversely correlated with cadence (p<0.004), the copper excretion in the 24h-urine was significantly negatively correlated with the variability of the time to peak of the foot pressure. In conclusion, temporal pattern of gait is normal in WD, but the control of the forefoot and toe movements is impaired in moderately and severely affected long-term treated WD patients. Hopping is a sensitive motor test and detects a limb and/or trunk co-ordination deficit in up to 60% of long-term treated WD-patients. Quantitative measurements of the ground reaction forces reveal motor deficits during running, similar to deficits observed during free walking in WD. However, the influence of non-motor symptoms, liver dysfunction and copper excretion on running was more pronounced than on free walking with preferred gait speed. Although quantitative gait measurement is sensitive enough to detect motor deficits in WD, which cannot be detected during clinical investigation, it appears to be too complex for routine investigation and therapy monitoring. However, each WD-patient should undergo at least one quantitative gait analysis during their life span. | |||||||
Lizenz: | Urheberrechtsschutz | |||||||
Fachbereich / Einrichtung: | Medizinische Fakultät | |||||||
Dokument erstellt am: | 19.07.2021 | |||||||
Dateien geändert am: | 19.07.2021 | |||||||
Promotionsantrag am: | 20.05.2020 | |||||||
Datum der Promotion: | 06.07.2021 |