Dokument: Untersuchungen zur Therapie von idiopathischen Skoliosen
Titel: | Untersuchungen zur Therapie von idiopathischen Skoliosen | |||||||
URL für Lesezeichen: | https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=56739 | |||||||
URN (NBN): | urn:nbn:de:hbz:061-20210708-102310-4 | |||||||
Kollektion: | Publikationen | |||||||
Sprache: | Deutsch | |||||||
Dokumententyp: | Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Habilitation | |||||||
Medientyp: | Text | |||||||
Autor: | Dr. med. Konieczny, Markus [Autor] | |||||||
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Dewey Dezimal-Klassifikation: | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit | |||||||
Beschreibung: | Idiopathische Skoliosen sind definiert als eine dreidimensionale Deformität der Wirbelsäule mit einem in der Frontalebene gemessenen Cobb-Winkel von mehr als 10 Grad. Zur Prävalenz gibt es bisher keine eindeutigen Daten, da die einzelnen Studien mit unterschiedlichen Diag-nosekriterien und Altersstufen durchgeführt wurden. Deswegen analysierten wir die vorhan-denen Daten in einem Review. Am häufigsten tritt die idiopathische Skoliose bei Adoleszen-ten auf mit einer Prävalenz von 0,47 bis 5,2 Prozent, wobei diese Häufigkeit von vielen Fakto-ren beeinflusst wird. Ältere Kinder haben häufiger eine Skoliose als jüngere und Mädchen haben häufiger eine Skoliose als Jungs. Insbesondere schwere Kurven mit einem Cobb-Winkel von mehr als 40 Grad treten etwa sieben Mal häufiger bei Mädchen auf als bei Jungs.
Die Behandlung von idiopathischen Skoliosen richtet sich nach dem Cobb-Winkel. Ab 20 Grad ist eine Korsettbehandlung empfohlen, um eine weitere Progredienz zu verhindern. Das Korsett wird nach internationalem Konsens für mindestens 18 Stunden pro Tag verordnet. Es ist bekannt, dass die Progredienz der Skoliose negativ mit der Tragezeit des Korsetts korre-liert, jedoch korreliert die Compliance mit der Korsettbehandlung negativ mit der verordneten Tragezeit. Die meist jugendlichen Patienten haben häufig psychologische Probleme, wenn sie das Korsett im Umgang mit ihren Altersgenossen (vor allem in der Schule) tragen müssen. Aus diesem Grund untersuchten wir, ob eine Tragezeit von 12 bis 16 Stunden pro Tag ein schlechteres Outcome zeigt als eine Tragezeit von mehr als 16 Stunden pro Tag. Die reduzierte Tragezeit würde den jugendlichen Patienten erlauben, das Korsett für die Zeit in der Schule abzulegen. Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied in der Progredienz der Skoliose zwi-schen den beiden Gruppen: Die kürzere verordnete Tragezeit führt mutmaßlich zu einer höhe-ren Compliance mit der Korsettbehandlung und dadurch nicht zu einem schlechteren Outco-me als eine Verordnung von einer längeren Tragezeit pro Tag. Wenn der Cobb-Winkel 40 Grad oder mehr erreicht, wird eine operative Behandlung der Sko-liose empfohlen, um eine lebenslange Progredienz und damit auch eine zunehmende Ein-schränkung der Lungenfunktion zu verhindern. Insbesondere dann, wenn die Skoliose vor dem 10. Lebensjahr auftritt, kann eine schwere Form der Lungenfunktionsstörung, ein Thora-xinsuffizienzsyndrom, entstehen. Deswegen wird eine früh auftretende schwere Skoliose schon im Kindesalter operativ mittels mitwachsender, verlängerbarer Implantate versorgt. Eine dieser Techniken ist die Implantation von VEPTR-Stäben, welche teilweise oder ganz auf den Rippen verankert werden und über die Rippen einen korrigierenden Druck entgegen der De-formität der Wirbelsäule ausüben. Mit dieser Technik wird eine Vergrößerung des Lungenvo-lumens erreicht, jedoch wird theoretisch durch die operationsbedingten Narben auf dem Tho-rax und die Titanstäbe auf den Rippen die pulmonale Compliance beeinträchtigt. Wir unter-suchten daher die pulmonale Compliance unserer Patienten im Verlauf des Wachstums und verglichen deren Entwicklung mit der einer gesunden Kontrollgruppe: Wir konnten zeigen, dass sich die pulmonale Compliance der VEPTR-Patienten ab der Operation mit einer identi-schen Rate vergrößerte, wie die der Kontrollgruppe. Jedoch hatten die VEPTR-Patienten zu Beginn der Behandlung bereits eine deutlich geringere pulmonale Compliance als die Kon-trollgruppe und holten diesen Unterschied im Laufe der Behandlung nicht mehr ein. Aus die-sen Ergebnissen leitet sich die Empfehlung ab, möglichst früh mit der Behandlung zu begin-nen, um einen Unterschied zum altersentsprechenden Befund gar nicht erst entstehen zu las-sen. Nach Abschluss des Wachstums sind keine mitwachsenden Systeme mehr indiziert. Es wird bei schweren Skoliosen eine Aufrichtung der Wirbelsäule in Verbindung mit einer Fusion der betroffenen Segmente durchgeführt. Heute werden mehr als 90 Prozent dieser Eingriffe von dorsal mit einem Pedikelschrauben-Stab-System durchgeführt. Die Pedikelschrauben können mit verschiedenen Techniken implantiert werden: Die navigierte Technik führt zu einer höheren Präzision bei der Platzierung der Schrauben. Jedoch gibt es einige Studien, welche eine höhere Strahlenbelastung für den Patienten mit der navigierten Technik im Vergleich zur konventionellen fluoroskopischen Technik beschreiben. Da diese Vorstudien mit heterogenen Patientengruppen und Indikationen sowie hauptsächlich mit kurzstreckigen Versorgungen und mit zusätzlicher Implantation von intervertebralen Cages durchgeführt wurden, ohne zwischen der Strahlenbelastung für den Patienten und für das Operationsteam zu unterscheiden, untersuchten wir zunächst die Strahlenbelastung für Patienten und für das Operationsteam bei multisegmentalen Versorgungen mit reinen Schrau-ben-Stab-Systemen von dorsal. Dabei zeigte sich, dass die Strahlenbelastung mit der navigier-ten Technik im Vergleich zur konventionellen fluoroskopischen Technik für Patienten um mehr als 40 Prozent, und für das Operationsteam um mehr als 80 Prozent gesenkt werden konnte. In einer weiteren Arbeit untersuchten wir die Strahlenbelastung für den Patienten bei der Ver-sorgung von idiopathischen Skoliosen. Es zeigt sich, dass die navigierte Technik zu weniger Strahlenbelastung für den Patienten führt, als die konventionelle fluoroskopische Technik. Weiterhin verglichen wir die Navigation auf Grundlage eines präoperativen Computertomo-graphie-Scans mit derjenigen auf Grundlage eines intraoperativen 3D-Scans. Wir konnten zei-gen, dass die Technik mit intraoperativem 3D-Scan zu deutlich weniger Strahlenbelastung führt, als die auf einem präoperativem Computertomographie-Scan basierende Technik. | |||||||
Lizenz: | Urheberrechtsschutz | |||||||
Fachbereich / Einrichtung: | Medizinische Fakultät | |||||||
Dokument erstellt am: | 08.07.2021 | |||||||
Dateien geändert am: | 08.07.2021 |