Dokument: Die Evaluation des Stufenmodells des wir2-Bindungstrainings wir2ambulant, wir2kompakt und wir2Reha
Titel: | Die Evaluation des Stufenmodells des wir2-Bindungstrainings wir2ambulant, wir2kompakt und wir2Reha | |||||||
URL für Lesezeichen: | https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=55551 | |||||||
URN (NBN): | urn:nbn:de:hbz:061-20210226-083301-4 | |||||||
Kollektion: | Dissertationen | |||||||
Sprache: | Deutsch | |||||||
Dokumententyp: | Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation | |||||||
Medientyp: | Text | |||||||
Autor: | Jung, Marco Kevin [Autor] | |||||||
Dateien: |
| |||||||
Beitragende: | Prof. Dr. Franz, Matthias [Gutachter] Prof. Dr. Meisenzahl-Lechner, Eva [Gutachter] | |||||||
Dewey Dezimal-Klassifikation: | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit | |||||||
Beschreibungen: | Zusammenfassung (Deutsch)
Die Zahl der Alleinerziehenden ist in Deutschland auf 2,58 Millionen (Stand 2018) (Statistisches Bundesamt (Hrsg.), 2019) angewachsen, was einen Zuwachs von 15,4 % im Vergleich zum Jahr 1996 ausmacht (Statistisches Bundesamt (Hrsg.), 2018a). Laut Statistischem Bundesamt wuchsen 2017 insgesamt 16,5 % aller Kinder bei einem alleinerziehenden Elternteil auf (Statistisches Bundesamt (Hrsg.), 2018a). Hierbei ist zu beachten, dass der Familienstatus „alleinerziehend“ sowohl für den alleinerziehenden Elternteil, als auch für die betroffenen Kinder, mit einer Vielzahl an sozioökonomischen und gesundheitlichen Risiken einhergeht. Neben dem häufig gravierend schlechteren finanziellen Status der Haushalte von Alleinerziehenden, findet sich auch eine deutlich erhöhte Prävalenz von psychischen und somatischen Krankheitsbildern in dieser Bevölkerungsgruppe verglichen mit der Gesamtbevölkerung (Statistisches Bundesamt (Hrsg.), 2018b; Rattay et al., 2017; Rattay et al., 2014). Hierbei ist bei den alleinerziehenden Eltern insbesondere das Krankheitsbild der Depressivität hervorzuheben (Rattay et al., 2017), welches unter anderem mit einer verminderten Elternkompetenz einhergehen kann (McLearn et al., 2006). Auch die Kinder von Alleinerziehenden sind signifikant häufiger von einer Vielzahl an psychosomatischen Erkrankungen betroffen und weisen einen ungesünderen Lebensstil auf als Kinder aus Kernfamilien (Rattay et al., 2014). Studien zeigen außerdem, dass sich die gesundheitlichen und sozialen Beeinträchtigungen bei diesen Kindern auch bis in das Erwachsenenalter fortsetzen. So sind erhöhte Mortalitätsraten, insbesondere aufgrund kardiovaskulärer Erkrankungen (Larson und Halfon, 2013), eine erhöhte Prävalenz von Depressionen (Gilman et al., 2003) und Suizidversuchen (Lindström und Rosvall, 2015) in dieser Bevölkerungsgruppe zu finden. Hier zeigt sich die transgenerationale Weitergabe der risikobehafteten Lebensumstände von Einelternfamilien. Daraus ist ein familien- und gesundheitspolitischer Handlungsbedarf sowie die Entwicklung zielgruppenspezifischer Versorgungsangebote abzuleiten. Das wir2-Bindungstraining wurde explizit zur Prävention und Hilfestellung für diese überdurchschnittlich hoch belastete Personengruppe am Klinischen Institut für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Düsseldorf entwickelt. Es basiert auf bindungstheoretischen und entwicklungspsychologischen Grundlagen und umfasst 20 Sitzungen. Diese 20 Sitzungen sind in vier Module unterteilt und fördern die emotionale Selbstwahrnehmung sowie die elterliche Wahrnehmung der emotionalen Bedürfnisse ihrer Kinder. Dies wird durch Perspektivwechsel (zu Gunsten der Kinder) und emotionale Lernprozesse erreicht. Zudem wird die Gesamtsituation in der Familie inklusive der Trennungssituation aufgearbeitet. Dabei steht die gemeinsame Elternverantwortung trotz möglicher Konfliktsituationen zwischen den ehemaligen Partnern im Vordergrund. Im Rahmen des Programmes werden außerdem konkrete Informationen zu praktischen Dingen der Alltagsorganisation, zugeschnitten speziell auf die Bedürfnisse der Alleinerziehenden, vermittelt (Franz et al., 2008; Franz, 2014). Neben der ursprünglichen Variante wir2ambulant, das vorwiegend in kommunalen Einrichtungen angeboten wird, wurden weitere Varianten des wir2-Bindungstrainings für die Anwendung im Rahmen einer dreiwöchigen (wir2kompakt) und sechswöchigen (wir2Reha) stationären psychosomatischen Rehabilitation entwickelt. Die Wirksamkeit der wir2ambulant-Variante (ehemals PALME) konnte bereits im Rahmen einer randomisierten kontrollierten Studie evaluiert werden (Franz et al., 2010). In der nun durchgeführten naturalistischen Evaluationsstudie sollte erstmals die Wirksamkeit unterschiedlicher Varianten des wir2-Bindungstrainings innerhalb eines gestuften Versorgungsmodells untersucht werden. Hierzu wurden Selbstbeurteilungsinstrumente zur Erfassung psychosozialer Beeinträchtigungen (HEALTH-49) und depressionstypischer Symptomlast (PHQ-9) der alleinerziehenden Eltern in den unterschiedlichen Settings, in welchen das wir2-Bindungstraining angeboten wurde, in den Jahren 2013 bis 2019 erhoben. Zudem wurden kindliche Verhaltensauffälligkeiten mittels Fremdbeurteilungsinstrumenten durch die alleinerziehenden Eltern (SDQ) erfasst. Die Fragebögen wurden unmittelbar vor (t1-Messpunkt) und unmittelbar nach (t2-Messpunkt) dem wir2-Bindungstraining erhoben. Die Evaluation zeigt, dass die psychosoziale Belastung sowie die depressive Symptomlast der Alleinerziehenden in allen Programmvarianten bzw. Settings nach Teilnahme am wir2-Bindungstraining deutlich geringer waren als vor dem wir2-Bindungstrainung. Eine Vielzahl der erfassten Zielmaße erreichte hierbei, in Hinblick auf die Reduktion der Belastungswerte, das statistische Signifikanzniveau. Auch für die Kinder der Alleinerziehenden konnte eine Abnahme der Verhaltensauffälligkeiten zum Messpunkt nach dem wir2-Bindungstraining aufgezeigt werden. Hieraus kann der Schluss gezogen werden, dass sämtliche wir2-Varianten eine effektive Verringerung psychosozialer Belastungssymptome der Alleinerziehenden und von Verhaltensauffälligkeiten der Kinder bewirken. Es besteht jedoch ein weiterer Forschungsbedarf im Sinne von randomisierten kontrollierten Studien mit Langzeitverlauf für die rehabilitativen wir2-Varianten.Zusammenfassung (Englisch) In the year of 2018 about 2.58 million single parents lived in Germany (Statistisches Bundesamt (Hrsg.), 2019). 16.5% of all children in total grew up in single parent families in 2017 (Statistisches Bundesamt (Hrsg.), 2018a). In general, families with a single parent have a higher risk of socio-economical (Statistisches Bundesamt (Hrsg.), 2018b) and health impairment (Rattay et al., 2014) compared to traditional families .These health impairments affect not only the parents but also the children (Rattay et al., 2017; Rattay et al., 2014). Single parent households are more likely to suffer from a poor financial status (Statistisches Bundesamt (Hrsg.), 2018b) as well as from mental and somatic diseases (Rattay et al., 2017; Rattay et al., 2014). Especially the prevalence of depression among single parents is higher compared to that of parents living with in traditional families (Rattay et al., 2017). Moreover it has been shown that depression may lead to less parenting skills (McLearn et al., 2006). Children of single parents are significantly more likely to be affected by psychological and somatic diseases and tend to have a more risky lifestyle than children in traditional families (Rattay et al., 2014). Several studies show that these children still suffer from impairments as adults. For example there are higher rates of mortality by cardiovascular diseases (Lindström und Rosvall, 2015) as well as a higher prevalence of depression (Gilman et al., 2003) and suicide attempts (Lindström und Rosvall, 2015). This shows that the higher risk of impairment in a single parent household seems to cause transgenerational problems. It is important to find solutions at family and health political level. The development of group-specific interventions is an initial point to consider. The wir2-Bindungstraining has been developed by the Clinical Institute for Psychosomatic Medicine and Psychotherapy of the University Clinic Düsseldorf in order to provide support for the highly burdened group of single parents. The wir2-Bindungstraining is based on the theory of attachment and developmental psychology. This training is made up of 20 sessions divided into four different modules. Each module has its own special focus. At first, the self-perception of the single parents is improved in order to intensify the sensitivity for the feelings of their children. Therefore the parents change their point of view to the perspective of their children and undergo emotional learning processes. Then the overall situation of the family including the parents’ situation of separation is taken into account. The programme also provides detailed information on practical aspects of everyday organisation, specifically for the needs of single parents(Franz et al., 2008; Franz, 2014). After the implementation of the classical wir2-Bindungstraining as an outpatient concept (wir2ambulant), the Clinical Institute for Psychosomatic Medicine and Psychotherapy developed new concepts of the wir2-Bindungstraining for rehabilitation. The wir2kompakt-concept has been developed for a three-week rehabilitation and the wir2Reha-concept for a six-week rehabilitation. The effectiveness of the wir2ambulant-concept (formerly called PALME) has been proven in a randomized controlled trial (Franz et al., 2010). The new interventional study has been created to examine the effects of the three different wir2-concepts. In order to collect data on the psychological and somatic impairment of the participants and the behavioural problems of their children the questionnaires HEALTH-49, PHQ-9 and SDQ have been answered immediately before and after the wir2-Bindungstraining from 2013 to 2019. As a result of this study the psychological and somatic impairment of the participants as well as the behavioural problems of their children decreased after the training. All of the three concepts showed this effect. In several sub and summarizing modules of these questionnaires the reduction of impairment was significant to the respective level of significance. Furthermore this study demonstrated that the impairment in the rehabilitative settings tended to be higher than in the outpatient-concept. The participants of the wir2Reha-concept suffered from the highest level of impairment. To sum it up all of the three wir2-concepts seem to be able to effectively lower the level of psychological and somatic impairment as well as that of social impairment. Also an improvement in the behaviour of the participants’ children could be observed. However there is a need for further research in terms of randomised controlled studies with a long-term follow-up for the rehabilitative wir2-concepts. | |||||||
Quellen: | STATISTISCHES BUNDESAMT (HRSG.) 2019. Bevölkerung und Erwerbstätigkeit - Haushalte und Familien - Ergebnisse des Mikrozensus 2018. Fachserie 1 Reihe 3, 93.STATISTISCHES BUNDESAMT (HRSG.) 2018a. Statistisches Jahrbuch 2018. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt, 67-68.STATISTISCHES BUNDESAMT (HRSG.) 2018b. Statistisches Jahrbuch 2018. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt, 180-190.RATTAY, P., LIPPE, E. V. D., BORGMANN, L.-S. & LAMPERT, T. 2017. Gesundheit von alleinerziehenden Müttern und Vätern in Deutschland. Journal of Health Monitoring, 2(4), 24-40.RATTAY, P., LIPPE, E. V. D. & LAMPERT, T. 2014. Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Eineltern-, Stief- und Kernfamilien – Ergebnisse der KiGGS-Studie – Erste Folgebefragung (KiGGS Welle 1). Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, 57(7), 860-868.MCLEARN, K. T., MINKOVITZ, C. S., STROBINO, D. M., MARKS, E. & HOU, W. 2006. The Timing of Maternal Depressive Symptoms and Mothers' Parenting Practices With Young Children: Implications for Pediatric Practice. 118, e174-e182.
LARSON, K. & HALFON, N. 2013. Parental divorce and adult longevity. International Journal of Public Health, 58, 89-97. GILMAN, S. E., KAWACHI, I., FITZMAURICE, G. M. & BUKA, S. L. 2003. Family Disruption in Childhood and Risk of Adult Depression. American Journal of Psychiatry, 160, 939-946. LINDSTRÖM, M. & ROSVALL, M. 2015. Parental separation in childhood, social capital, and suicide thoughts and suicide attempts: A population-based study. Psychiatry Research, 229, 206-213. FRANZ, M., GERTHEINRICHS, T., GÜTTGEMANNS, J. & RENTSCH, D. 2008. PALME – Präventives Elterntraining für alleinerziehende Mütter (1. Auflage), Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht. FRANZ, M. 2014. wir2. Bindungstraining für Alleinerziehende. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 17-20. FRANZ, M., WEIHRAUCH, L., BUDDENBERG, T., GÜTTGEMANNS, J., HAUBOLD, S. & SCHÄFER, R. 2010. Effekte eines bindungstheoretisch fundierten Gruppenprogramms für alleinerziehende Mütter und ihre Kinder: PALME. Kindheit und Entwicklung, 19, 90-101. | |||||||
Lizenz: | Urheberrechtsschutz | |||||||
Fachbereich / Einrichtung: | Medizinische Fakultät » Institute » Klinisches Institut für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie | |||||||
Dokument erstellt am: | 26.02.2021 | |||||||
Dateien geändert am: | 26.02.2021 | |||||||
Promotionsantrag am: | 10.08.2020 | |||||||
Datum der Promotion: | 16.02.2021 |