Dokument: Monodisperse, sequenzdefinierte N‐Acetylglucosaminsulfat‐Oligomere und deren Anwendung in der Biologie und Biomedizin

Titel:Monodisperse, sequenzdefinierte N‐Acetylglucosaminsulfat‐Oligomere und deren Anwendung in der Biologie und Biomedizin
Weiterer Titel:Monodisperse, sequence-defined N-acetylglucosamine sulfate oligomers and their biological and biomedical applications
URL für Lesezeichen:https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=54731
URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20201117-110839-4
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Bauer, Sebastian [Autor]
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Dateien vom 10.11.2020 / geändert 10.11.2020
Beitragende:Prof. Dr. Hartmann, Laura [Gutachter]
Priv.-Doz. Dr. Schaper, Klaus [Gutachter]
Dewey Dezimal-Klassifikation:500 Naturwissenschaften und Mathematik » 540 Chemie
Beschreibungen:Glycosaminoglycane (GAGs) sind eine wichtige Klasse bioaktiver Polymere. Es handelt sich um häufig stark sulfatisierte Polysaccharide, die sich auf den Oberflächen nahezu aller Zellen befinden und die an zahlreichen Prozessen etwa in der Zellerkennung und der Strukturgebung verschiedener Gewebearten von Bedeutung sind. Die Isolation natürlicher GAGs liefert in der Regel Mischungen von Molekülen unterschiedlicher Kettenlänge und Sulfatisierungsgrade sowie Verunreinigungen. Für ein besseres Verständnis der Struktur Eigenschaftsbeziehung ist daher der Zugang zu definierten Strukturen wünschenswert. Die Vollsynthese der natürlichen Strukturen ist sehr aufwendig, eine Alternative bieten daher die sogenannten Glycomimetika.

Im Rahmen dieser Arbeit sollten Glycomimetika erzeugt werden, an denen auf einem synthetischen, linearen Gerüst sulfatisierte Monosaccharide in der Seitenkette positioniert sind. Als monodisperse Strukturen sind diese Mimetika weitaus besser definiert als ihre natürlichen Vertreter. Dies sollte durch eine Festphasensynthese nach Merrifield erreicht werden. Als Monosaccharid‐Baustein wurde azidiertes N‐Acetyl‐D Glucosamin (GlcNAc) verwendet, da GlcNAc bis auf Chondroitin in allen GAGs vorkommt. Dieser Baustein ermöglicht dann die Verknüpfung an alkinhaltigen Oligoamiden, die über etablierte Protokolle der sogenannten Festphasenpolymersynthese zugänglich sind, und liefert somit Zugang zu monodispersen, sequenzdefinierten GlcNAc‐Oligomeren.

Eine Sulfatisierung war nötig, um die Strukturen weiter an ihr natürliches Vorbild anzugleichen. Hinsichtlich der Festphasensynthese ist die Sulfatisierung eine Herausforderung, da Sulfate in vielen Medien instabil sind, gerade bei den in der Festphasensynthese oft stark sauren Abspaltbedingungen. GlcNAc kann vor der Festphasensynthese, an der Festphase, oder nachdem ein GlcNAc‐Oligomer bereits vollständig von der Festphase getrennt wurde sulfatisiert werden. Die einzelnen Schritte wurden im Rahmen dieser Arbeit etabliert und deren optimale Reihenfolge bewertet, um am Ende die gewünschten Strukturen zu isolieren.

Gute Ergebnisse wurden durch Festphasensynthese von GlcNAc‐Oligomeren und deren anschließende Sulfatisierung in Lösung mit Hilfe eines Trimethylamin‐Schwefeltrioxidkomplex erzielt. Die Analytik der gebildeten Sulfate stellte sich als herausfordernd heraus. ESI‐MS Analysen führten bei hochgeladenen Strukturen zu starken Fragmentierungen. Die sulfatisierten Strukturen zeigten eine zu hohe Polarität für RP HPLC‐Methoden. SAX‐HPLC Methoden führten zur Auftrennung der Strukturen, konnten wegen der starken Puffer allerdings nicht mit ESI‐MS gekoppelt werden. IR‐Spektroskopie war gut geeignet, um eine erfolgreiche Sulfatisierung zu verfolgen. Mittels 1H‐NMR‐Spektroskopie konnten die Sulfatisierungen quantifiziert werden.

Die sulfatisierten GlcNAc‐Oligomer wurden anschließend in Kooperation mit Partnern aus der Medizin und Virologie auf ihre biologische Aktivität und mögliche, biomedizinische Anwendungen getestet. Die Strukturen sind zum Beispiel in der Lage L‐Selektin zu inhibieren. Weiterhin zeigen sich inhibitorische Effekte zum humanen Papillomavirus Typ 16 (HPV‐16). Die Infizierung von HeLa‐Zellen durch HPV‐16 wird durch die synthetisierten Strukturen verhindert. Beim Vergleich mit höher geladenen Strukturen stellte sich allerdings heraus, dass die Inhibierung durch die niedermolekulareren Oligomere jedoch weniger effizient ist als zum Beispiel die von Heparin als natürlichem GAG. Anders als Heparin zeigten die sulfatisierten Strukturen keinen Einfluss auf die Blutkoagulation, was aus therapeutischer Sicht durchaus vorteilhaft sein kann. Die sulfatisierten Oligomere zeigten weiterhin keinen Einfluss auf die Aktivierung des Komplementsystems.

In einem weiteren Projektteil und in Kooperation mit Partnern aus der Biologie wurde ein unsulfatisiertes GlcNAc‐Oligomer mit NHS‐aktivierten Nickelbeads gekoppelt (NHS = N‐Hydroxysuccinimid), um seine Eigenschaft als Chitinmimetikum zu bewerten. Im Vergleich zu kommerziellen Nickelbeads, die Chitin auf der Oberfläche tragen, wurde hierbei die Effektivität einer Anbindung der Endochitinase Cts1 und dem Weizenkernagglutinin WGA untersucht. Die synthetisierte Struktur zeigte Affinität zu beiden untersuchten Proteinen.

Zusammenfassend konnten erfolgreich GAG‐Mimetika auf Basis sequenzdefinierter, vollständig sulfatisierter GlcNAc‐modifizierter Oligoamide hergestellt werden. Die gewonnenen Strukturen zeigten interessante biologische Eigenschaften etwa als Selektin‐Inhibitoren oder Inhibitoren der viralen Adhäsion, wie sie auch von natürlichen GAG Strukturen bekannt sind. Basierend auf den hier gewonnenen Erkenntnissen zur Synthese und den Eigenschaften der GAG‐Mimetika können nun weitere Variationen etwa bei der Länge und Valenz der Oligomere, aber auch bei der Positionierung der Sulfatgruppen vorgenommen und auf ihre Beeinflussung der resultierenden biologischen Eigenschaften untersucht werden. Solche Studien könnten dann langfristig auch der Entwicklung neuartiger antiviraler Wirkstoffe dienen.

Glycosaminoglycans (GAGs) form an important class of bioactive polymers. They are typically highly sulfated polysaccharides, that can be found on the surface of almost every cell and contribute to many processes, such as cell‐communication or structural development of certain tissues. Isolation of natural GAGs mostly leads to mixtures. These mixtures contain variations of polymer chain length or different degrees of sulfation. They also may show severe contaminations. To better understand structure‐effect relationships of GAGs, access to better defined structures is desirable. Unfortunately, a total synthesis of natural structures is highly demanding. Therefore, glycomimetics are a suitable alternative.

Here, glycomimetics were synthesized, that contain sugar moieties as side chains on a defined synthetic scaffold. As monodisperse structures these mimetics are more precise than their natural counterparts. Monodispersity was achieved by solid phase synthesis (SDS), similar to the process established by Merrifield for peptide synthesis. In this work an azido N‐acetyl glucosamine (GlcNAc) building block was used, as GlcNAc is a building block in all GAGs, except for chondroitine. With use of this building block and click‐reaction onto alkyne‐containing oligoamides readily available from previously established solid phase polymer synthesis protocols, monodisperse, sequence defined GlcNAc‐oligomers are now accessible.

In the next step, sulfation was necessary to then create the targeted GAG mimetics. Regarding solid phase synthesis, sulfation is quite challenging, because sulfates are fragile under many conditions, such as the strong acidic cleavage conditions, that are used within SPS. GlcNAc may be sulfated before the addition to the oligomeric scaffold, sulfated in attached form on solid phase or sulfated after the GlcNAc‐oligomer has been completely removed from solid phase. The single steps for these different options were established and evaluated within this work and an optimized route was identified to yield and isolate the final structures.

Good results have been achieved after total cleavage of the GlcNAc‐oligomers from solid support and their subsequent sulfation in solution. For this, a trimethylamine sulfurtrioxide complex was used. Analytics of the yielded sulfates, however, proved to be challenging. ESI‐MS analysis caused severe fragmentation, especially with highly charged structures. RP HPLC methods were not suitable as the sulfated structures showed too high polarity for the reversed phase chromatography. SAX‐HPLC methods led to successful separation of the charged structures, but because of the strong buffers needed for these methods, subsequent ESI mass spectra could not be obtained. Finally, IR‐spectroscopy was suitable to follow sulfation reaction and 1H‐NMR‐spectroscopy allowed for quantification of sulfation.

Sulfated GlcNAc‐oligomers were then tested for their biological activity and possible biomedic applications in collaboration with partners from medicine and virology. For example, the structures were able to inhibit the binding of L‐selectin to its natural ligand. Furthermore, inhibitory effects could be shown towards human papillomavirus HPV‐16. Here, the infection of HeLa‐cells by HPV‐16 was inhibited by the synthesized structures. However, comparing to structures with higher charge and length such as heparin, the smaller sized structures revealed to be less effective as inhibitors. Different to heparin, the sulfated GlcNAc‐oligomers showed no influence on blood coagulation, which however may even prove useful from a therapeutical point of view. Further, the synthesized structures showed no influence on the complementary system.

In a second project and in collaboration with partners from biology, a non‐sulfated GlcNAc‐oligomer was coupled to NHS activaded magnetic nickel beads (NHS = N‐hydroxy succinimide), to test its properties as a chitin mimetic. Compared to commercial nickel beads that are surface‐modified by chitin the effectiveness of a binding to endochitinase Cts1 and wheat germ agglutinine WGA was investigated. The synthesized structure showed affinity to both proteins.

In conclusion, GAG‐mimetics have been successfully synthesized on basis of sequence defined, completely sulfated GlcNAc‐modified oligoamides. The yielded structures showed interesting biological properties such as selectin‐inhibition or viral adhesion as it is known for natural GAG structures. Based on these findings towards synthesis and properties of GAG-mimetics a strategy can be developed for the variation of length or valency of the oligomers. In addition, changes in sugar positioning and orientation of sulfate groups can be done to investigate the influence on biological activities. Such studies can be first steps for the development of new antiviral therapeutics.
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Fachbereich / Einrichtung:Mathematisch- Naturwissenschaftliche Fakultät » WE Chemie » Organische Chemie und Makromolekulare Chemie
Dokument erstellt am:17.11.2020
Dateien geändert am:17.11.2020
Promotionsantrag am:07.07.2020
Datum der Promotion:26.10.2020
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