Dokument: Die Diversifikation der Rheinmetall-Berlin AG in den Zivilbereich zwischen 1956 und 1986 als strategische Antwort eines Wehrtechnikunternehmens auf die spezifischen Bedingungen des Rüstungsmarktes

Titel:Die Diversifikation der Rheinmetall-Berlin AG in den Zivilbereich zwischen 1956 und 1986 als strategische Antwort eines Wehrtechnikunternehmens auf die spezifischen Bedingungen des Rüstungsmarktes
Weiterer Titel:The diversification of Rheinmetall-Berlin AG into the civil sector between 1956 and 1986 as a strategic response of a defense technology company to the specific arms market conditions
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20200402-135231-1
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Jeschkowski, Thomas [Autor]
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Dateien vom 27.03.2020 / geändert 27.03.2020
Beitragende:Prof. Dr. Wessel, Horst A. [Gutachter]
Prof. Dr. Schulte Beerbühl, Margrit [Gutachter]
Stichwörter:Unternehmen Strategie Diversifikation Wehrtechnik Rheinmetall Düsseldorf
Dewey Dezimal-Klassifikation:100 Philosophie und Psychologie » 190 Moderne westliche Philosophie
Beschreibungen:Abstract
Das Düsseldorfer Unternehmen Rheinmetall, 1889 als „Rheinische Metallwaaren‐ und Maschinenfabrik
Actiengesellschaft“ zur Munitionsherstellung gegründet, entwickelte sich bis zum Ende
des Zweiten Weltkrieges zu einem der bedeutendsten deutschen Hersteller wehrtechnischer
Produkte. Einen Produktionsschwerpunkt bildeten Geschütze, Gewehre und Munition. Neben
der wehrtechnischen Produktion wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts mit der Herstellung
von Rohren sowie mit der Produktion von Stahl eine zivile Produktion als zweites Standbein geschaffen.
Die zivile Produktion wies zunächst eine Verwandtschaft zur Rüstungsproduktion in
technischer Hinsicht sowie in Bezug auf die eingesetzten Materialien auf. Sie war zeitweise
durchaus wirtschaftlich erfolgreich und sicherte den Fortbestand des Unternehmens in den Zeiten,
in denen eine wehrtechnische Produktion verboten war. 1928 übernahm das Deutsche
Reich indirekt die Aktienmehrheit an Rheinmetall und das Unternehmen blieb bis 1956 mehrheitlich
in Staatsbesitz. Nach einem fünfjährigen vollständigen Produktionsverbot nach Ende des
Zweiten Weltkrieges und einer bescheidenen, wirtschaftlich nicht erfolgreichen zivilen Produktion
ab Anfang der 1950er Jahre, wurde Rheinmetall reprivatisiert. Der Bund verkaufte seine Aktienmehrheit
1956 an die saarländische Unternehmerfamilie Röchling unter der Maßgabe, dass
Rheinmetall künftig wieder eine wehrtechnische Produktion aufnahm.
In der Bundesrepublik wurde im Kontext der Wiederaufrüstung entschieden, die Rüstungsproduktion
ausschließlich privatwirtschaftlich zu organisieren. Der Bund hatte Interesse am Aufbau
einer deutschen Rüstungsindustrie, wollte diese aber weder staatlich alimentieren noch Auslastungsgarantien
geben. Für die Vergabe von Rüstungsaufträgen und für den Rüstungsexport erließ
der Bund umfangreiche Regelwerke. Durch diese und durch verschiedene andere staatliche
und politische Einflüsse entstand in der Bundesrepublik ein ganz besonderer Rüstungsmarkt,
den die Verantwortlichen bei Rheinmetall als tendenziell problematisch und risikoreich einschätzten.
Ihre Analyse des Rüstungsmarktes führte zu der strategischen Entscheidung, aus
Gründen des Risikoausgleichs in zivile Geschäftsbereiche zu diversifizieren, die über andere, als
deutlich attraktiver, risikoärmer und chancenreicher eingeschätzte Marktverhältnisse verfügten.
Diese Diversifikationsstrategie wurde in zwei Phasen realisiert: Zwischen 1962 und 1980 erwarb
Rheinmetall zahlreiche mittelständische Unternehmen der Verpackungstechnik, der Umformtechnik
und der Mess‐ und Regeltechnik und in den 1980er Jahren folgte der Erwerb der drei
Großunternehmen WMF, Jagenberg und Pierburg. Insbesondere in der ersten Phase der Diversifikation
wurden die erworbenen Unternehmen nur minimal in den Rheinmetall‐Konzern integriert.
Sie blieben aufgrund einer bewussten Entscheidung des Konzernvorstands rechtlich
selbstständig und konnten weitgehend unabhängig von der Konzernzentrale agieren. Zudem
wurden die zwischen den Unternehmen der verschiedenen Diversifikationsbranchen bestehenden
Synergiepotenziale, insbesondere in der Umformtechnik, nur unzureichend erschlossen;
eine mögliche Effizienzsteigerung durch eine verstärkte Integration der erworbenen Gesellschaften
unterblieb weitgehend.
Die strategische Diversifikation bei Rheinmetall in der ersten Phase war im Ergebnis nicht erfolgreich.
Die in der ersten Phase akquirierten Unternehmen erwirtschafteten massive Verluste,
wobei die wirtschaftliche Entwicklung einzelner Unternehmen bzw. Branchen unterschiedlich
verlief. Das strategische Ziel einer Minderung der Risiken des Wehrtechnikgeschäfts wurde
durch die Diversifikationsstrategie nicht erreicht, sondern die Verluste des Zivilbereichs führten
zeitweise zu einer ernsthaften Bedrohung der Existenz des Rheinmetall‐Konzerns. Das Wehrtechnikgeschäft
hingegen, zu dessen Absicherung die Diversifikation dienen sollte, verlief im
betrachteten Zeitraum außerordentlich erfolgreich. Die strategische Diversifikation in der zweiten
Phase hingegen kann als erfolgreich bezeichnet werden.

Abstract
The Rheinmetall company in Düsseldorf, that was founded in 1889 as “Rheinische
Metallwaaren‐ und Maschinenfabrik Actiengesellschaft“ for the production of ammunition,
developed to one of the most important manufacturers of military equipment in Germany. Cannons,
guns and ammunition formed one focus of production. In addition to armaments production
civilian production (tubes and steel) was established already at the end of the 19th century
to develop a second mainstay. Civilian production was initially related to armaments production
in technical terms and in terms of the materials used. Temporarily civilian production was economically
successful and ensured the continued existence of the company in times when defense
technology production was prohibited. In 1928 the German Reich indirectly acquired a majority
stake in Rheinmetall and the company remained majority state‐owned until 1956. After a
five‐year complete ban on production after the end of the Second World War and a modest,
economically unsuccessful civilian production from the early 1950s Rheinmetall was reprivatized.
The federal government sold its majority of shares to the Saarland entrepreneurial family
Röchling in 1956, provided that Rheinmetall would resume military production in the future.
In the Federal Republic, in the context of rearmament, it was decided to organize arms production
exclusively in the private sector. The federal government was interested in building a German
armaments industry, but did not want to support this industry or provide guarantees of
capacity utilization. The government issued extensive regulations for the award of arms orders
and for arms exports. This and various other state and political influences created a very special
armaments market in the Federal Republic, which those responsible at Rheinmetall tended to
view as problematic and risky. The analysis of the armaments market led the Rheinmetall management
for reasons of risk balancing to the strategic decision to diversify into civilian business
areas who had other market conditions that were considered to be significantly more attractive,
less risky and more promising. This diversification strategy was implemented in two phases:
Between 1962 and 1980, Rheinmetall acquired numerous medium‐sized companies in packaging
technology, metal forming and measuring and control technology, and in the 1980s the three
large companies WMF, Jagenberg and Pierburg were acquired. In the first phase of diversification
in particular, the acquired companies were only minimally integrated into the Rheinmetall
Group. They remained legally independent due to a conscious decision by the Group Management
Board and were able to act largely independently of the Group headquarters. In addition,
the synergy potential between the companies in the various diversification industries, in particular
in forming technology, was not sufficiently exploited. A possible increase in efficiency due to
an increased integration of the acquired companies was hardly realized.
As a result, the strategic diversification at Rheinmetall in the first phase was not successful. The
companies acquired in the first phase generated massive losses, although the economic development
of individual companies or industries was different. The diversification strategy did not
achieve the strategic goal of reducing the risks of the defense technology business; rather, the
losses in the civil sector sometimes led to a serious threat to the existence of the Rheinmetall
Group. The defense technology business, on the other hand, which was to be secured by diversifying
into civilian sectors, was extremely successful in the period under consideration. The
strategic diversification in the second phase, on the other hand, can be described as successful.
Lizenz:In Copyright
Urheberrechtsschutz
Bezug:1956 bis 1986
Fachbereich / Einrichtung:Philosophische Fakultät » Historisches Seminar » Abteilung für Wirtschaftsgeschichte
Dokument erstellt am:02.04.2020
Dateien geändert am:02.04.2020
Promotionsantrag am:16.09.2019
Datum der Promotion:05.02.2020
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