Dokument: Untersuchungen zur experimentellen Kontrolle sozialer Erwünschtheit

Titel:Untersuchungen zur experimentellen Kontrolle sozialer Erwünschtheit
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20200407-141345-2
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor:M.Sc. Meisters, Julia [Autor]
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Dateien vom 25.03.2020 / geändert 26.03.2020
Beitragende:Prof. Dr. Musch, Jochen [Gutachter]
Prof. Dr. Buchner, Axel [Gutachter]
Dewey Dezimal-Klassifikation:100 Philosophie und Psychologie » 150 Psychologie
Beschreibungen:Soziale Erwünschtheit gefährdet die Validität direkter Selbstauskünfte zu sensiblen Themen. Befragte antworten häufig nicht ehrlich, sondern in Einklang mit sozialen Normen; dies führt zu einer Unterschätzung der Prävalenz sozial unerwünschter Merkmale (Paulhus, 1991; Tourangeau & Yan, 2007). Die Randomized-Response-Technik (RRT; Warner, 1965) ist eine indirekte Fragetechnik, die soziale Erwünschtheit in Selbstauskünften kontrollieren soll. Bisherige Studien zeigen, dass die RRT zwar validere Prävalenzschätzungen für sozial unerwünschte Merkmale ermöglicht als eine direkte Selbstauskunft, die wahre Prävalenz allerdings dennoch unterschätzt (Lensvelt-Mulders, Hox, van der Heijden, & Maas, 2005). In der vorliegenden Dissertation wurde die Validität, Sensitivität und Spezifität mehrerer RRT-Varianten untersucht und darüber hinaus geprüft, welche Faktoren die Validität von RRT-Schätzern verbessern. In Experiment 1 wurde getestet, ob Antwortsymmetrie und die dadurch gewährleistete Abwesenheit einer eindeutig selbstschützenden Antwortalternative die Validität von RRT-Schätzungen erhöht. In einer schwachen Validierung wurden Prävalenzschätzungen verglichen, die mit Hilfe des symmetrischen Crosswise-Modells (CWM; Yu, Tian, & Tang, 2008), des asymmetrischen Triangular-Modells (TRM; Yu et al., 2008) und einer direkten Selbstauskunft ermittelt wurden. Das symmetrische CWM führte zu signifikant höheren und daher mutmaßlich valideren Prävalenzschätzungen für ein sozial unerwünschtes Merkmal als eine direkte Selbstauskunft; das TRM hingegen führte zu Schätzungen, die sich nicht von denen aus einer direkten Selbstauskunft unterschieden. In Experiment 2 wurde eine erste schwache Validierung des Extended-Crosswise-Modells (ECWM; Heck, Hoffmann, & Moshagen, 2018) vorgenommen, welches eine Erweiterung des Crosswise-Modells ist. Im ECWM räumten mehr Befragte das sozial unerwünschte Merkmal ein als in einer direkten Selbstauskunft. Experiment 3 beschäftigte sich mit dem kürzlich in zwei Studien beobachteten Problem mangelnder Spezifität im CWM (Höglinger & Diekmann, 2017; Höglinger & Jann, 2018). In einer starken Validierung, in welcher der individuelle Merkmalsstatus der Befragten bekannt war, konnten ausführliche Instruktionen und Verständnisfragen die Spezifität des CWM bei Befragten mit hohem Bildungsniveau erhöhen, bei Befragten mit niedrigem Bildungsniveau jedoch nicht. Sowohl eine direkte Selbstauskunft als auch das CWM ergaben eine Unterschätzung der bekannten Prävalenz eines sozial unerwünschten Merkmals; diese Unterschätzung war jedoch im CWM weniger stark ausgeprägt. In Experiment 4 wurde eine neue RRT-Variante vorgeschlagen und validiert – das Cheating-Detection-Triangular-Modell (CDTRM). In diesem Modell wurden die leicht verständlichen Instruktionen des TRM mit einem Mechanismus zur Verweigererdetektion aus dem Cheating-Detection-Modell (CDM; Clark & Desharnais, 1998) kombiniert. Im Experiment zeigte sich, dass im TRM ohne diese Erweiterung eine wichtige Annahme des Modells verletzt war. Eine starke Validierung mit bekanntem individuellen Merkmalsstatus der Befragten zeigte, dass die Validität, Spezifität und Sensitivität des CDTRM, des CDM und einer direkten Selbstauskunft unterhalb des optimalen Niveaus lagen. Insgesamt führten alle diese Fragetechniken zu einer Unterschätzung der bekannten Prävalenz eines sozial unerwünschten Merkmals; diese Unterschätzung war jedoch im CDTRM und CDM weniger stark ausgeprägt als in der direkten Selbstauskunft. Zusammenfassend zeigte die vorliegende Arbeit, dass Validität, Sensitivität und Spezifität mehrerer RRT-Varianten zwar nicht perfekt waren, die RRT aber Prävalenzschätzungen ermöglichte, die näher an der bekannten Prävalenz sozial unerwünschter Merkmale lagen als Prävalenzschätzungen aus einer direkten Selbstauskunft. Faktoren, die die Validität von RRT-Umfragen erhöhten, waren Modelleigenschaften – wie Antwortsymmetrie oder ein Mechanismus zur Verweigererdetektion –, Eigenschaften des Kontexts – wie die Verwendung ausführlicher Instruktionen und Verständnisfragen – und Eigenschaften der Stichprobe – wie ein hohes Bildungsniveau der Befragten. Sowohl eine direkte Selbstauskunft als auch die RRT führten zu Unterschätzungen der bekannten Prävalenz sozial unerwünschter Merkmale; diese Unterschätzung fiel jedoch mit der RRT geringer aus als mit einer direkten Selbstauskunft.

Socially desirable responding threatens the validity of direct self-reports on sensitive issues. Respondents often do not answer honestly, but rather in line with social norms; this leads to an underestimation of the prevalence of socially undesirable attributes (Paulhus, 1991; Tourangeau & Yan, 2007). The Randomized-Response-Technique (RRT; Warner, 1965) is an indirect questioning technique that aims at controlling socially desirable responding in self-reports. Previous studies show that the RRT provides more valid prevalence estimates for socially undesirable attributes than direct self-reports, but still underestimates the true prevalence (Lensvelt-Mulders et al., 2005). In the present thesis, the validity, sensitivity and specificity of several RRT variants were assessed, and the influence of several factors potentially improving the validity of RRT estimates was examined. Experiment 1 investigated whether response symmetry, that is, the absence of a clearly self-protecting response alternative, increases the validity of RRT estimates. In a weak validation study, prevalence estimates obtained via the symmetrical Crosswise Model (CWM; Yu et al., 2008), the asymmetrical Triangular Model (TRM; Yu et al., 2008) and direct self-reports were compared. The symmetrical CWM provided significantly higher and thus presumably more valid prevalence estimates for a socially undesirable attribute than direct self-reports, whereas the asymmetrical TRM provided estimates that did not differ from estimates obtained via direct self-reports. In experiment 2, a first weak validation of the Extended Crosswise Model (ECWM; Heck et al., 2018) was conducted. More respondents admitted to the socially undesirable attribute when surveyed via the ECWM than via direct self-reports. Experiment 3 focused on the problem of suboptimal specificity of CWM estimates that was recently observed in two studies (Höglinger & Diekmann, 2017; Höglinger & Jann, 2018). In a strong validation study, in which the status of individual respondents with respect to the sensitive attribute was known, detailed instructions combined with comprehension questions improved the specificity for higher-educated respondents, but not for lower-educated respondents. Overall, prevalence estimates obtained via both the CWM and direct self-reports underestimated the known prevalence of a socially undesirable attribute; this underestimation was however less pronounced in the CWM. In experiment 4, a new RRT variant was presented and validated—the Cheating Detection Triangular Model (CDTRM). This model combines the easy-to-understand instructions of the TRM with the cheating detection mechanism from the Cheating Detection Model (CDM; Clark & Desharnais, 1998). The experiment showed that for the TRM without this extension an important model assumption was violated. A strong validation, in which the individual status of respondents was known, showed that the validity, specificity and sensitivity of the CDTRM, the CDM, and of direct self-reports were below the optimal level. Each of the questioning techniques underestimated the known prevalence of a socially undesirable attribute; this underestimation was however less pronounced for the CDTRM and the CDM than for direct self-reports. Overall, the current work shows that the validity, sensitivity and specificity of several RRT variants were not perfect; however, prevalence estimates obtained via RRT were more valid than prevalence estimates obtained via direct self-reports. Factors increasing the validity of RRT include model characteristics—such as response symmetry or a cheating detection mechanism—, context characteristics—such as detailed instructions and comprehension questions—, and sample characteristics—such as a high level of education of the respondents. Both direct self-reports and the RRT provided underestimates of the known prevalence of socially undesirable attributes; this underestimation was however less pronounced for the RRT than for direct self-reports.
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Fachbereich / Einrichtung:Mathematisch- Naturwissenschaftliche Fakultät » WE Psychologie » Diagnostik und Differentielle Psychologie
Dokument erstellt am:07.04.2020
Dateien geändert am:07.04.2020
Promotionsantrag am:11.12.2019
Datum der Promotion:04.02.2020
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