Dokument: Der Einfluss des inhalativen Anästhetikums Xenon auf Anästhesie-assoziierte Risiken und die postoperative Erholung

Titel:Der Einfluss des inhalativen Anästhetikums Xenon auf Anästhesie-assoziierte Risiken und die postoperative Erholung
Weiterer Titel:The influence of the inhalational anaesthetic xenon on anaesthesia-associated risks and postoperative recovery
URL für Lesezeichen:https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=51454
URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20191127-094211-1
Kollektion:Publikationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Habilitation
Medientyp:Text
Autor:Dr. Schäfer, Maximilian [Autor]
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Dateien vom 04.11.2019 / geändert 04.11.2019
Stichwörter:Xenon, Anästhesie, Erholung, postoperativ
Dewey Dezimal-Klassifikation:600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit
Beschreibung:Inhalative Anästhetika können durch Interaktion mit zentralen Organsystemen signifikant den perioperativen Verlauf beeinflussen. So begünstigt eine rasche Eliminationskinetik eine gute Steuerbarkeit der Anästhesie mit potentieller Vermeidung früher respiratorischer Komplikationen. Diese können weiterhin durch direkte Interaktion des Anästhetikums mit dem respiratorischen System beeinflusst werden. Eine Depression des kardiovaskulären Systems sowie eine Beeinflussung des zentralen Nervensystems im Sinne eines postoperativen Delirs (POD), sind assoziiert mit erhöhter perioperativer Letalität. Schließlich beeinträchtigen postoperative Übelkeit und Erbrechen (PONV) die postoperative Erholung. Xenon verfügt über die günstigsten pharmakokinetischen Eigenschaften aller inhalativen Anästhetika. Es vermittelt hämodynamische Stabilität und wirkt nicht über den GABA-Rezeptor. Xenon erhöht jedoch den Inspirationsdruck und erhöht die Inzidenz von PONV. Zur Analyse des Einflusses von Xenon auf Anästhesie-assoziierte Risiken und die postoperative Erholung wurde die Eliminationskinetik Xenons sowie die Beeinflussung des kardiovaskulären, des respiratorischen und des zentralen Nervensystems im Rahmen von acht Originalarbeiten an Patienten, gesunden Freiwilligen sowie durch Meta-Analysen randomisierter, kontrollierter Studien systematisch untersucht.
Untersuchungen
Die Eliminationskinetik von Xenon wurde durch Ermittlung des Xenongehalts mittels Tandem-Gas-Chromatographie/Massenspektrometrie im Blut von Patienten quantifiziert. Die Xenonkonzentration im Blut fiel innerhalb einer Stunde nach Anästhesie von 1341 auf 54 µmol l-1 ab. Anschließend wurde Xenon mit einer Kinetik 1. Ordnung eliminiert und war bis zu 48 Stunden im Blut nachweisbar.
Zur Untersuchung der Vermittlung hämodynamischer Stabilität durch Xenon wurde, basierend auf Voruntersuchungen, der Einfluss Xenons auf die zelluläre Noradrenalinwiederaufnahme geprüft sowie der Einfluss auf das kardiale QTc-Intervall beschrieben. Xenon reduzierte signifikant die Noradrenalinwiederaufnahme humaner Neuroblastomzellen, die den NMDA-Rezeptor exprimieren. Das QTc-Intervall änderte sich unter Xenonanästhesie bei gesunden Probanden (409 ±45 versus 409 ±30 ms, p=0,55, mittlere Änderung +0,11 ms [-22,4; 22,7]) und Patienten (414 ±25 versus 417 ±32 ms, p=0,3, mittlere Änderung +4,4ms [-4,6; 13,5]) nicht.
Der Einfluss von Xenon auf die Mechanik und Belüftung der Lunge wurde durch Ermittlung des transpulmonalen Drucks sowie elektrischer Impedanztomographie an Patienten untersucht. Xenon erhöhte signifikant den inspiratorischen Spitzendruck von 20,8 ±3 auf 22,6 ±3 cm H2O (p<0,001) sowie den Atemwegswiderstand (0,94 ±0,16 versus 1,42 ±0,25 cm H2O l-1 s, p<0,001) ohne Beeinflussung des transpulmonalen Drucks (1,5 ±3,6 versus 2,0 ±3,9 cmH2O, p=0,15). Es zeigte allgemein keinen Einfluss auf die ventilierte Lungenfläche (288 ±85 versus 289 ±86 Pixel, p=0,99), die dorsoventrale Verteilung (Center of Ventilation Index, CVI 0,59 ±0,04 versus 0,59 ±0,04, p=0,29) sowie die Homogenität der Lungenbelüftung (Inhomogenitätsindex 0,37 ±0,03 versus 0,37 ±0,03, p=0,99). Lediglich in einer Subgruppe adipöser Patienten reduzierte es den CVI (0,600 versus 0,596, p=0,002).
Der Einfluss Xenons auf die Inzidenz eines POD wurde im Rahmen einer multizentrischen, randomisierten, kontrollierten klinischen Studie gegen Sevofluran geprüft. Es konnte kein Unterschied hinsichtlich der Inzidenz eines POD innerhalb der ersten vier postoperativen Tage nach Xenon (12 von 124 Patienten, 9,7%) versus Sevofluran (18 von 132 Patienten, 13,6%) festgestellt werden. Insgesamt war die Inzidenz eines POD niedriger als angenommen (30 von 256 Patienten, 11,7%).
Prädiktoren für PONV nach Xenonanästhesie wurden anhand multivariater Adjustierung der Daten einer prospektiven Kohortenstudie ermittelt. Weibliches Geschlecht (adjustiertes Quotenverhältnis, aOR 1,76 [1,08;2,89], jüngeres Patientenalter (aOR 0,82 pro 10 Jahre [0,69; 0,97]) sowie längere Anästhesiedauer (aOR 1,36 pro Stunde [1,17;1,59]) erhöhten signifikant das Risiko für PONV nach Xenon. Anschließend wurde die Attenuierung emetogener Effekte inhalativer Anästhetika durch Gabe einer medikamentösen antiemetischen Prophylaxe anhand zweier Meta-Analysen quantifiziert. Das Risiko für PONV, respektive postoperatives Erbrechen unterschied sich nicht zwischen inhalativer Anästhesie mit antiemetischer medikamentöser Prophylaxe und totaler intravenöser Anästhesie bei 2.051 erwachsenen Patienten (RR 1,06 [0,85;1,32], p=0,60) und 558 Kindern (RR 0,99 [0,77; 1,27], p=0,95). Erwachsene litten nach totaler intravenöser Anästhesie signifikant häufiger unter PONV in der späten postoperativen Phase (RR 1,41 [1,10;1,79], p=0,006).
Schlussfolgerungen
Xenon zeigt generell einen günstigen Einfluss auf Anästhesie-assoziierte Risiken und die postoperative Erholung und stellt somit eine attraktive Wahl dar: Es zeichnet sich durch eine rasche Eliminationskinetik aus und vermittelt durch Hemmung der zellulären Wiederaufnahme von Noradrenalin hämodynamische Stabilität. Nachteilig ist die Induktion postoperativer Übelkeit und Erbrechens, insbesondere bei jüngeren weiblichen Patientinnen, die nach inhalativen Anästhetika prinzipiell durch die Gabe einer medikamentösen antiemetischen Prophylaxe kompensiert werden kann. Jedoch konnte kein protektiver Effekt der gängigen Antiemetika im Rahmen einer Xenonanästhesie nachgewiesen werden.
Lizenz:In Copyright
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Fachbereich / Einrichtung:Medizinische Fakultät
Dokument erstellt am:27.11.2019
Dateien geändert am:27.11.2019
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