Dokument: Überprüfung eines Früherkennungsprogramms für Psychosen: Bestimmung der Übergangsrate in eine akute Psychose für Personen mit einem als negativ eingeschätzen Psychoserisiko

Titel:Überprüfung eines Früherkennungsprogramms für Psychosen: Bestimmung der Übergangsrate in eine akute Psychose für Personen mit einem als negativ eingeschätzen Psychoserisiko
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20190402-101819-3
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Hassel, Miriam [Autor]
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Dateien vom 28.03.2019 / geändert 28.03.2019
Beitragende:Prof.Dr. med. Janssen, Birgit [Gutachter]
PD Dr. med. Butz, Markus [Gutachter]
Dewey Dezimal-Klassifikation:600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit
Beschreibungen:Überprüfung eines Früherkennungsprogramms für Psychosen: Bestimmung der Übergangsrate in eine akute Psychose für Personen mit einem als negativ eingeschätzten Psychoserisiko:

In den letzten 20 Jahren untersuchten zahlreiche Forschungsgruppen Möglichkeiten zur validen Identifikation von Personen mit einem erhöhten Psychoserisiko. Dabei fehlt in den meisten derzeit bekannten Untersuchungen zur prädiktiven Güte der vorhandenen Früherkennungsinstrumente oft die Nachuntersuchung der Personen, die sich in den Früherkennungszentren (FEZ) vorstellten, aber zum Untersuchungszeitpunkt kein erhöhtes Psychose-risiko zeigten (= Prodrom-Kriterien nicht erfüllt). Meist wurden im Follow-up lediglich die als prodromal einge-stuften Personen nachuntersucht, wodurch besonders für Aussagen zur Spezifität und zum negativ prädiktiven Wert Einschränkungen entstanden. Hier setzte die vorliegende Arbeit an, indem auch die als nicht-prodromal getesteten Personen des Düsseldorfer FEZ katamnestisch nachuntersucht wurden.
Dazu wurde auf der Basis der EDV-gestützten Dokumentation des LVR-Klinikums Düsseldorf überprüft, welche Personen des FEZ später in stationärer Behandlung waren. Auf der Basis der Unterlagen dieser Behandlung(en) wurden die Personen danach eingeteilt, ob ein Übergang in eine Psychose stattgefunden hat. Als Übergangskrite-rien herangezogen wurden: Behandlungsdiagnose, psychopathologischer Befund, sowie verabreichte antipsy-chotische Medikation. Anhand dieser Daten und der sich ergebenden Vier-Felder-Matrix (Prodromal ja/nein; Übergang ja/nein) wurden dann die gängigen Diagnose- bzw. Prognose-Indizes (Sensitivität, Spezifität, Positiv-Prädiktiver Wert / PPV, Negativ-Prädiktiver Wert / NPV) bestimmt.
Die Auswertung der Screening-Bögen ergab für die untersuchten 138 (100%) Screening-Teilnehmer (n = 48: 34,8 % Frauen, n = 90: 65,2% Männer), dass für n = 74 (54%) später eine stationäre Behandlung im klinikeigenen Dokumentationssystem dokumentiert war. Dabei war für den Großteil aller stationär Behandelten (n = 44 Per-sonen: 61,1%) ein Zeitraum von über 12 Monaten (bis max. 40 Monate) vom Screening bis zur ersten stationä-ren Nachbehandlung in der Klinik vergangen. Ein Gruppenvergleich der beiden Gruppen (später stationär be-handelte vs. nicht-stationär behandelte Screening-Teilnehmer) ergab, dass nahezu keine signifikanten Unter-schiede bestanden (nicht signifikant die Ergebnisse für die Items: Geschlechtsverteilung, Alter, Screening-Status, SIPS/SOPS-Score, Screening-Verdachtsdiagnose; signifikant lediglich die 2 Items Anzahl der Basissymptome und Verdachtsdiagnose: ICD-10 F3x). Bezogen auf die 72 Personen (mit vorliegenden Behandlungsdaten) wur-den die Parameter Übergang in die Psychose, Sensitivität, Spezifität, PPV und NPV bestimmt: Bei n = 29 (40,3%) Teilnehmern war das Kriterium für den Übergang in die Psychose erfüllt, d.h. für sie war mindestens eine ICD-10-Diagnose mit psychotischer Störung (F2x, F30.2, F31.2, F31.5, F32.3, F33.3) oder ein psychoserelevanter psychopathologischer Befund in Verbindung mit einer Antipsychotikum-Verabreichung in der späteren statio-nären Behandlung dokumentiert. Nach weiterer Differenzierung des Outcomes hatte der Großteil mit 23 Perso-nen (79,3%) eine schizophrene Psychose (ICD-10: F2x-Diagnose), und 6 Personen (20,7%) hatten eine affektive Psychose (ICD-10: F3x.3-Diagnose) entwickelt.
Hinsichtlich der „prodromal“-Einstufung wurden 79 (57,2%) der 138 Screening-Teilnehmer zum Screening-Zeitpunkt von den Studien-Ratern als nicht-prodromal eingestuft, 36 (26,1%) Screening-Teilnehmer als prodro-mal (= positives Screening-Testergebnis). Die restlichen 23 (16,7%) konnten auf Grund nicht eindeutiger Kriteri-engegebenheiten nicht zweifelsfrei zugeordnet werden, weshalb auf der Basis systematischer Variation die ver-schiedenen Zuordnungsmöglichkeiten vorgenommen und die jeweiligen Prognose-Kennwerte berechnet wurden. Basierend auf dem arithmetischen Mittel über alle Variationsbedingungen lag die Übergangsrate bezogen auf die Gesamtstichprobe bei 35,7%, innerhalb der Gruppe der als „prodromal“ Eingeschätzten bei etwa 41,7% und bei den als „nicht-prodromal“ Eingestuften bei 32,3% (entsprechend: PPV bei 41,7% und NPV bei 67,7%). Für die Sensitivität ergab sich ein Wert von 42%, für die Spezifität von 67,4%. Insbesondere der Vergleich der Über-gangsraten der Personen mit Prodromal-Symptomen (im Mittel 41,7%) vs. ohne (32,3%) ist hier von Bedeutung, zumal die inferenzstatistische Prüfung auf der Basis der einzelnen Kreuztabellen (s. Anhang) nicht signifikant ausfiel. Des Weiteren ergibt sich eine absolute (Risiko-) Differenz von 9,4, sowie ein Risiko-Verhältnis (Risk Ra-tio/RR) von 1,3. Damit ergäbe sich für Personen mit Prodromal-Symptomatik ein 1,3-fach erhöhtes Risiko in eine Psychose überzugehen, verglichen mit einer Inanspruchnahme-Population hilfesuchender Personen ohne Vorliegen der Prodromal-Symptomatik nach den vorliegenden Kriterien.
Durch die unterschiedlichen Ergebnisse zwischen der hier vorliegenden und bereits existierenden Arbeiten zu diesem Thema kann erneut gezeigt werden, dass eine Heterogenität bei Übergangsraten und Prognose-Indizes (Sensitivität, Spezifität, PPV, NPV) besteht und an welchen Punkten unterschiedliche Moderator-Effekte liegen könnten. Dies macht weitere Untersuchungen hierzudabei möglichst einheitlich (bezogen v.a. auf Screening-Instrumente, Follow-up und vordefinierte, standardisierte Übergangskriterien), erforderlich, um eine noch siche-rere Detektion von Risiko-Personen zu gewährleisten.

Summary
Evaluation of an early detection program for psychosis: Assessment of the rate for transition to psychosis for persons identified as not at risk:
In the last 20 years, numerous research groups have investigated ways of validly identifying people with an increased risk for psychosis. In most studies on the predictive quality of early detection tools, there is often a lack of follow-up examinations of those who presented themselves in the early detection centers, however showed no increased risk for psychosis at the time of examination (prodromal criteria not fulfilled). In the fol-low-up, only the individuals classified as prodromal were usually evaluated. This resulted in limitations, especial-ly for statements on specificity and negative predictive value. This was the starting point of the present study in which the individuals classified as non-prodromal by the early detection center in Düsseldorf were also exami-ned catamnestically.
For this purpose, the computer-based documentation of the LVR Clinical Center Düsseldorf was used to check which individuals from the early detection center received in-patient treatment later on. Based on the documen-tation of this in-patient treatment, the individuals were classified according to whether there was a transition to psychosis or not. The transition criteria were treatment diagnosis, antipsychotic medication administered and standardized psychopathological assessment. Based on this data and the resulting cross-tabulation (prodromal yes/no; transition yes/no), the common diagnostic and prognostic indices (sensitivity, specificity, positive predic-tive value / PPV, and negative predictive value / NPV) were calculated.
Overall, 138 (100%) screening participants (n = 48: 34.8% women, n = 90: 65.2% men) were included, in whom 74 (54%), in-patient treatment was later documented in the clinic’s own documentation system. For most in-patients (n = 44 individuals: 61.1%) a period of more than 12 months (up to max. 40 months) had elapsed from screening to the first in-patient follow-up treatment in the clinic. Group comparisons for the two groups (screen-ing participants who were later treated as inpatients vs those who were treated as outpatients) yielded almost no significant differences (nonsignificant results for the items: gender distribution, age, screening status, SIPS/SOPS score, suspected screening diagnosis; only the 2 items were significant: number of basic symptoms and suspect-ed diagnosis of ICD-10 F3x). Based on these 72 individuals (for whom data for in-patient treatment was avail-able), the parameters transition to psychosis, sensitivity, specificity, PPV, and NPV were determined: For n = 29 (40.3%) participants, the criterion for the transition to psychosis was fulfilled. In other words, at least one ICD-10 diagnosis with psychotic disorder (F2x, F30.2, F31.2, F31.5, F32.3, or F33.3) or a psycho-relevant psycho-pathological finding together with an antipsychotic drug was documented in the subsequent inpatient treat-ment. After further differentiation of the outcome, the majority (n = 23; 79.3%) had a schizophrenia spectrum psychosis (ICD-10: F2x diagnosis), and six individuals (20.7%) had developed an affective psychosis (ICD-10: F3x. 3 diagnosis).
79 (57.2%) of the 138 screening participants were classified as non-prodromal at screening; and 36 screening participants (26.1%) were classified as prodromal (positive screening test result). For the remaining 23 partici-pants (16.7%) screening criteria were ambiguous leading to no distinct classification and classification of these persons was done by systematic variation leading to different cross-tabulation results. Based on the arithmetic mean over all variation conditions, the transition to psychosis rate for the total sample was 35.7%. Within the group of those estimated as “prodromal”, this was approx. 41.7%; among those classified as “non-prodromal”, this was approx. 32.3% (corresponding to the PPV at 41.7% and the NPV at 67.7%). Sensitivity was 42% and specificity 67.4%. In particular, the comparison of the transition rates of people with prodromal symptoms (on average 41.7%) vs without (32.3%) is relevant here, since all of cross-tabulation results (see appendix) were not significant. Based on an absolute (risk) difference of 9.4 and a risk ratio (RR) of 1.3 a 1.3-fold increased risk for transition to psychosis evolved for persons with prodromal symptoms compared with a population of individu-als seeking help who do not have prodromal symptoms according to the present criteria.
Because of the different results between this study and existing work on this topic, it can once again be shown that there is heterogeneity in transition rates and prognostic indices (sensitivity, specificity, PPV, NPV). This requires further investigations  carried out as uniformly as possible (mainly related to screening instruments, follow-up, and predefined, standardized transition criteria)  in order to ensure a more valid prognosis of indi-viduals at risk for psychosis.
Lizenz:In Copyright
Urheberrechtsschutz
Fachbereich / Einrichtung:Medizinische Fakultät
Dokument erstellt am:02.04.2019
Dateien geändert am:02.04.2019
Promotionsantrag am:29.08.2018
Datum der Promotion:26.03.2019
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