Dokument: Geschlechterunterschiede im Spielverhalten und der Selbstkontrolle bei 40 Monate alten Kindern und der Zusammenhang mit pränatalen Sexualhormonen

Titel:Geschlechterunterschiede im Spielverhalten und der Selbstkontrolle bei 40 Monate alten Kindern und der Zusammenhang mit pränatalen Sexualhormonen
Weiterer Titel:Sex differences in play behavior and self-control in 40-month-old children and the relationship with prenatal sex hormones
URL für Lesezeichen:https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=46130
URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20180606-085047-9
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor:M.Sc. Körner, Lisa [Autor]
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Dateien vom 01.06.2018 / geändert 01.06.2018
Beitragende:Prof. Dr. Heil, Martin [Gutachter]
Prof. Dr. Pause, Bettina Maxi [Gutachter]
Dewey Dezimal-Klassifikation:100 Philosophie und Psychologie » 150 Psychologie
Beschreibungen:Als biologische Komponente bei der Entstehung von Geschlechterunterschieden im Verhalten von Kleinkindern wird häufig der Einfluss von pränatalen Sexualhormonen diskutiert, da gezeigt werden konnte, dass diese bei Tieren und Menschen organisierend auf das Gehirn wirken. Hier ist vor allem der pränatale Testosteronspiegel interessant, der sich mit einem Peak um die 17. Schwangerschaftswoche zwischen männlichen und weiblichen Föten unterscheidet. Um den Einfluss dieser frühen Sexualhormonexposition beim Menschen zu untersuchen, kommen sehr häufig das Verhältnis zwischen der Länge des Zeige- und Ringfingers (2D:4D) als geschlechtsdimorpher, indirekter Marker für den pränatalen Testosteronspiegel sowie seltener die Messung im Fruchtwasser im Rahmen von Amniozenteseuntersuchungen zum Einsatz.
Um Geschlechterunterschiede im Verhalten in der frühen Kindheit im Zusammenhang mit pränatalen Sexualhormoneinflüssen zu untersuchen, wurden in der vorliegenden Arbeit sowohl Testosteron, Östradiol und Östriol im Rahmen von Amniozenteseuntersuchungen im Fruchtwasser bestimmt als auch das 2D:4D zu vier Messzeitpunkten im Alter von fünf, neun, 20 und 40 Monaten an beiden Händen gemessen.
In Studie A wurde das geschlechtsspezifische Spielverhalten, das typischerweise große Geschlechterunterschiede aufweist, im Alter von 40 Monaten für 51 Mädchen und 42 Jungen erhoben. Für das Spielverhalten existieren bereits Hinweise darauf, dass ein höherer pränataler Testosteronspiegel zu mehr maskulinem Spielverhalten führt. Allerdings sind die Befunde zum Teil widersprüchlich und es mangelt an unabhängigen Replikationsstudien sowie im Falle des 2D:4D an einer reliablen Messung im Längsschnittdesign mit mehreren Messzeitpunkten. Die Ergebnisse zeigten neben einem großen Geschlechterunterschied im Spielverhalten einen Geschlechterunterschied im 2D:4D, der aufgrund der reliablen Erfassung im Längsschnittdesign ebenfalls groß ausfiel. Zudem zeigte sich, dass der Geschlechterunterschied im 2D:4D über das Säuglings- und Kleinkindalter stabil blieb, was den frühen Testosteroneinfluss als hauptsächliche Einflussgröße in Abgrenzung zu möglichen späteren, postnatalen Einflussfaktoren nahelegt. Vor allem aber konnte gezeigt werden, dass Mädchen mit einem kleineren 2D:4D mehr typisch maskulines Spielverhalten im Alter von 40 Monaten zeigten. Dieser Zusammenhang blieb für die Jungen aus. Darüber hinaus konnte weder ein Zusammenhang zwischen dem Spielverhalten und den Sexualhormonspiegeln aus den Amniozenteseproben noch zwischen dem Fruchtwasser-Testosteronspiegel und dem 2D:4D gefunden werden. Allerdings wurde das Spielverhalten bei Jungen und Mädchen durch ihre älteren Geschwister beeinflusst. Bei mehr älteren Brüdern zeigte sich das Spielverhalten stärker typisch maskulin und durch mehr ältere Schwester stärker feminin ausgeprägt. Bei den Mädchen fungierten Geschlecht und Anzahl der älteren Geschwister sowie das 2D:4D als unabhängige Prädiktoren für das Spielverhalten.
In Studie B wurde die Selbstkontrollfähigkeit der Kinder im Alter von 40 Monaten mit einer Belohnungsaufschubaufgabe sowie der Skala Aufmerksamkeitsprobleme/hyperaktives Verhalten der Preschool and Kindergarten Behavior Scales-II für 60 Mädchen und 63 Jungen erfasst. Die Fähigkeit zur Selbstkontrolle weist ebenfalls bereits im Kindesalter Geschlechterunterschiede auf und es existieren vereinzelt Hinweise auf einen Zusammenhang mit dem pränatalen Testosteronspiegel (Tierstudie, 2D:4D-Studien). In Studie B zeigte sich, dass Mädchen länger auf eine verzögerte Belohnung warteten als Jungen. Jungen wurden von ihren Eltern tendenziell als auffälliger im Vergleich mit den Mädchen in Bezug auf Aufmerksamkeitsprobleme/hyperaktives Verhalten beschrieben. Dieses beschriebene Verhalten ging bei den Jungen mit einer kürzeren Wartezeit in der Belohnungsaufschubaufgabe einher. Besonders hervorzuheben ist, dass bei den Jungen ein höherer Fruchtwasser-Testosteronspiegel mit einer kürzeren Wartezeit sowie mehr Aufmerksamkeitsproblemen/hyperaktivem Verhalten assoziiert war (für die Mädchen waren die pränatalen Testosteronwerte in der Amnionflüssigkeit so niedrig, dass sie nicht messbar bzw. nicht quantifizierbar waren). Es zeigten sich keine Zusammenhänge mit dem 2D:4D.
Beide Studien liefern deutliche Hinweise darauf, dass Geschlechterunterschiede im Spielverhalten sowie in der Selbstkontrollfähigkeit bei 40 Monate alten Kindern durch die organisierende Wirkung von pränatalem Testosteron beeinflusst werden. Als Erklärung für die divergierenden Ergebnisse in Bezug auf die verschiedenen, verwendeten Maße zur Messung des Testosteroneinflusses im Zusammenhang mit den untersuchten Verhaltensweisen werden unterschiedliche kritische Zeitpunkte für den organisierenden Einfluss von Sexualhormonen auf sich entwickelnde Hirnstrukturen diskutiert.

It is a matter of debate in which way prenatal sex hormones, having organizing effects on the brain in animals and humans, also affect the development of behavioral sex differences in early childhood. In this context, the prenatal testosterone level is particularly interesting, which differs between male and female fetuses with a peak around week 17 of pregnancy. In order to investigate the influence of this early sex hormone exposure in humans, the ratio between the length of the index finger and ring finger (2D:4D) is used, as a sex-dimorphic, indirect marker for the prenatal testosterone level. More rarely, hormone measurement in amniotic fluid samples in the context of amniocentesis examinations is used.
In the present studies testosterone, estradiol, and estriol were measured in amniotic fluid and 2D:4D ratios were measured for both hands at four occasions (age: five, nine, 20, and 40 months), to investigate the relationship between behavioral sex differences and prenatal sex hormones.
In study A, sex-specific play behavior, which typically shows large sex differences, was measured at the age of 40 months for 51 girls and 42 boys. Previous studies indicate that higher prenatal testosterone levels are associated with more masculine play behavior. However, the findings are inconclusive, as there is a lack of independent replications and a reliable measurement of 2D:4D in a longitudinal design with multiple measurements is missing. Overcoming these shortcomings of previous studies, the results show a large sex difference in play behavior and in 2D:4D, with the latter being due to the more reliable measurement in the longitudinal design. In addition, the sex difference in 2D:4D remained stable over infancy and early childhood, which supports the assumption, that 2D:4D development is mainly determined by early prenatal testosterone exposure. Most importantly, girls with a smaller 2D:4D showed more male-typical play behavior at the age of 40 months while this correlation was absent in boys. Moreover, there was neither a correlation between play behavior and sex hormone levels from the amniocentesis samples, nor between amniotic fluid testosterone levels and 2D:4D ratios. However, boys’ and girls’ play behavior was influenced by their older siblings. In boys and girls, the number of older brothers was predictive of more male-typical play behavior, as was the number of older sisters for feminine-typical play behavior. Additionally in girls, the sex and number of the older siblings, as well as the 2D:4D were independent predictors of the sex-specific play behavior.
In study B, self-control was assessed with a delay of gratification task and the Attention Problems/ Overactive scale of the Preschool and Kindergarten Behavior Scales II for 60 girls and 63 boys at the age of 40 months. Previous studies have shown that there are sex differences in self-control in childhood and there are few indications of a relationship between self-control and prenatal testosterone levels (animal study, 2D:4D studies). Study B showed that girls waited longer for a delayed reward than boys. Boys tended to show more attention problems/ overactive behavior than girls as described by their parents. This behavior was associated with a shorter waiting time for the boys in the delay of gratification task. Noteworthy, higher amniotic fluid testosterone levels were associated with shorter waiting times and more attention problems/overactive behavior in boys (for girls, prenatal testosterone levels in the amniotic fluid were too low to be measured or quantified). There were no correlations with 2D:4D ratios.
Both studies provide strong evidence that sex differences in play behavior and self-control in 40-month-old children are influenced by organizing effects of prenatal testosterone. Several sensitive prenatal periods for the organizing influences of sex hormones on developing brain structures are discussed, as an explanation for the divergent results for 2D:4D and testosterone levels from amniotic fluid in relation to different behaviors in childhood.
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Fachbereich / Einrichtung:Mathematisch- Naturwissenschaftliche Fakultät » WE Psychologie » Allgemeine Psychologie
Dokument erstellt am:06.06.2018
Dateien geändert am:06.06.2018
Promotionsantrag am:14.03.2018
Datum der Promotion:29.05.2018
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