Dokument: Der Einfluss des Präsentationszeitpunktes und der Arbeitsgedächtniskapazität auf die Störwirkung wechselhafter und devianter auditiver Distraktoren: Ein Modelltest

Titel:Der Einfluss des Präsentationszeitpunktes und der Arbeitsgedächtniskapazität auf die Störwirkung wechselhafter und devianter auditiver Distraktoren: Ein Modelltest
Weiterer Titel:The effect of time of presentation and working memory capacity on auditory distraction by changing-state and deviant sounds
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20170920-095444-0
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Körner, Ulrike [Autor]
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Dateien vom 20.09.2017 / geändert 20.09.2017
Beitragende: Bell, Raoul [Betreuer/Doktorvater]
Prof. Dr. Buchner, Axel [Gutachter]
Dewey Dezimal-Klassifikation:100 Philosophie und Psychologie » 150 Psychologie
Beschreibungen:Aufgabenirrelevante Hintergrundgeräusche haben einen negativen Einfluss auf die serielle Reproduktionsleistung. Während ein Konsens darüber besteht, dass die Störwirkung von Hintergrundgeräuschen hauptsächlich durch akustische Reizeigenschaften determiniert ist, ist es auf theoretischer Ebene umstritten, welche Arbeitsgedächtnisprozesse durch Hintergrundgeräusche beeinträchtigt werden. Das Duplex-Modell basiert auf der Annahme, dass es zwei funktionell verschiedene Arten auditiver Ablenkung gibt. Die Ablenkung durch wechselhafte Changing-State- im Vergleich zu repetitiven Steady-State-Sequenzen (der Changing-State-Effekt) wird auf automatische Interferenz zwischen der Verarbeitung von Reihenfolgeinformationen von Ziel- und Distraktorreizen zurückgeführt. Im Gegensatz dazu wird die größere Störwirkung von Sequenzen mit einem einzelnen abweichenden Distraktor im Vergleich zu Steady-State-Sequenzen (der Devianz-Effekt) über Aufmerksamkeitsablenkung erklärt. Laut dem Embedded-Processes-Modell hingegen basieren der Changing-State- und der Devianz-Effekt auf demselben kognitiven Mechanismus der Aufmerksamkeitsablenkung. Obwohl der Ansatz des Embedded-Processes-Modells allein aufgrund der Sparsamkeit seiner Annahmen zu bevorzugen ist, wird die Annahme einer Dissoziation der beiden Effekte mit Befunden gerechtfertigt, die für eine solche Dissoziation sprechen. Diese Befunde sind jedoch mindestens teilweise unzureichend empirisch gesichert. Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, zwei vom Duplex-Modell zentral postulierte Dissoziationen zwischen Changing-State- und Devianz-Effekt – die unterschiedliche Beeinflussung von Enkodierungs- und Gedächtnisprozessen sowie den unterschiedlichen Zusammenhang der beiden Effekte zur Arbeitsgedächtniskapazität – systematisch zu testen.
In den Experimenten 1a, 1b, 2a und 2b wurde die Vorhersage des Duplex-Modells überprüft, dass Changing-State-Sequenzen nur die Aufrechterhaltung von Informationen bei der seriellen Reproduktion stören, während deviante Sequenzen selektiv mit deren Enkodierung interferieren. Changing-State- und deviante Distraktoren wurden dazu in einem von vier Präsentationsintervallen während der seriellen Reproduktion präsentiert: (1) in der ersten Hälfte der
Präsentationsphase, (2) in der zweiten Hälfte der Präsentationsphase, (3) in der ersten Hälfte der Retentionsphase und (4) in der zweiten Hälfte der Retentionsphase. Entgegen der Vorhersage des Duplex-Modells zeigte sich, dass die Darbietung beider Arten von Distraktoren sowohl in der Präsentations- als auch in der Retentionsphase zur Beeinträchtigung der seriellen Reproduktion führten, wobei der größte Effekt beobachtet werden konnte, wenn die Sequenzen in der zweiten Hälfte der Präsentationsphase dargeboten wurden, einem Intervall, in dem die Aufrechterhaltung der Zielreize mit der Enkodierung weiterer Zielreize koordiniert werden muss.
Die Experimente 3, 4 und 5 dienten der Überprüfung der Vorhersage, dass es einen negativen Zusammenhang zwischen der Arbeitsgedächtniskapazität und dem aufmerksamkeitsbasierten Devianz-Effekt geben sollte, bei ausbleibendem Zusammenhang zwischen der Arbeitsgedächtniskapazität und dem Changing-State-Effekt, der auf automatischer Interferenz basiert und daher unbeeinflusst von kognitiver Kontrolle sein sollte. Im Widerspruch zu den Vorhersagen des Duplex-Modells lieferten die Experimente keine Evidenz für eine Dissoziation der beiden Effekte. Die Arbeitsgedächtniskapazität korrelierte weder mit dem Changing-State- noch mit dem Devianz-Effekt und es zeigte sich kein Unterschied zwischen den Korrelationen.
Die Befunde sprechen daher klar gegen eine funktionale Dissoziation der beiden Effekte und stellen den Gültigkeitsanspruch des Duplex-Modells in Frage, welches auf der Grundannahme zweier unterschiedlicher kognitiver Prozesse zur Erklärung der beiden Effekte basiert. Besser lassen sich diese Ergebnisse mit den Annahmen des Embedded-Processes-Modells erklären, laut dem beide Effekte auf dem gleichen kognitiven Prozess der Aufmerksamkeitsablenkung beruhen und ähnliche Arbeitsgedächtnisprozesse beeinträchtigen.

It is well established that task-irrelevant background sound adversely affects serial short- term memory for visually presented items. While there is a general consensus that auditory distraction is mainly determined by acoustic characteristics of the auditory material there is an ongoing debate on the cognitive mechanisms that underlie negative effects of background sound on cognitive performance. The duplex-mechanism account is based on the assumption that there are two functionally distinct types of auditory distraction. Distraction by variable changing-state sequences (the changing-state effect) is thought to be based on automatic interference between the processing of order information of the target and the distractor material. By contrast, the disruptive power of sequences with a single deviating item (the deviation effect) is explained by attentional capture. An alternative explanation is offered by the embedded-processes model that states that the changing-state effect and the deviation effect are both based on the same cognitive process – attentional capture. While the latter view is to be preferred based on its parsimony alone, the theoretical dissociation of both distraction effects is justified by empirical evidence that supports this dissociation. However, this evidence relies on methodologically problematic experimental designs. Therefore, the aim of the present thesis was to systematically test the core assumptions of the duplex account by examining two postulated dissociations of that account: the differential influence of time of presentation and individual working memory capacity on the changing-state effect and the deviation effect.
Experiments 1a, 1b, 2a and 2b aimed at testing the prediction of the duplex account that changing-state distractors should interfere only with the rehearsal of target items in working memory while deviant distractors should only interfere with the encoding. In these experiments, changing-state and deviant distractor sounds were presented in one of four presentation intervals of the serial recall task: (1) during the first half of encoding, (2) during the second half of encoding, (3) during the first half of retention, or (4) during the second half of retention. Inconsistent with the assumption of the duplex account, both types of distractors interfered with the encoding and the retention of target items in working memory. These effects were most pronounced when the distractors were presented during the second half of encoding which is when the encoding of target items and the simultaneous maintenance of already presented targets pose a high burden on working memory.
In Experiment 3, 4 and 5 the prediction of the duplex account that individual working-memory capacity (WMC) is differentially related to the changing-state effect (no correlation) and the deviation effect (negative correlation) was examined. In contrast to this prediction, there was no evidence of a dissociation of both effects as WMC was neither correlated with the changing- state effect nor with the deviation effect, and these correlations did not significantly differ from each other.
These results clearly contradict the core assumption of the duplex account that the changing-state effect and the deviation effect are based on functionally different cognitive mechanisms. The results are more in line with the assumptions of the embedded-processes model that both effects depend on attentional processes and disrupt similar working memory mechanisms.
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Fachbereich / Einrichtung:Mathematisch- Naturwissenschaftliche Fakultät » WE Psychologie » Allgemeine Psychologie und Arbeitspsychologie
Dokument erstellt am:20.09.2017
Dateien geändert am:20.09.2017
Promotionsantrag am:12.07.2017
Datum der Promotion:13.09.2017
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