Dokument: Die Sulfid:Chinon Oxidoreduktase (SQR) des Wattwurms Arenicola marina: Funktion, Mechanismus und Evolution

Titel:Die Sulfid:Chinon Oxidoreduktase (SQR) des Wattwurms Arenicola marina: Funktion, Mechanismus und Evolution
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20070216-111357-6
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Theißen, Ursula [Autor]
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Dateien vom 09.02.2007 / geändert 09.02.2007
Beitragende:Prof. Dr. Martin, William [Gutachter]
Prof. Dr. Grieshaber, Manfred K. [Gutachter]
Stichwörter:Sulfid, Sulfid:Chinon Oxidoreduktase, Persulfid, Cyanid, Thioredoxin, Sulfurtransferase, Sulfidtoleranz, Wattwurm, Thiocyanat, SQRsulfide, sulfide:quinone oxidoreductase, persulfide, cyanide, thioredoxin, sulfurtransferase, sulfide-tolerance, lugworm, thiocyanate
Dewey Dezimal-Klassifikation:500 Naturwissenschaften und Mathematik » 570 Biowissenschaften; Biologie
Beschreibungen:Der Wattwurm Arenicola marina ist in seinem Lebensraum relativ hohen Sulfidkonzentrationen ausgesetzt. Durch Untersuchungen an ganzen Tieren bzw. isolierten Mitochondrien wurde nachgewiesen, dass der Wattwurm Sulfid tolerieren und die Elektronen aus Sulfid sogar zur ATP-Synthese nutzen kann. Es wurde ein der bakteriellen Sulfid:Chinon Oxidoreduktase (SQR) ähnliches Enzym in den Mitochondrien der Tiere vermutet.
In der vorliegenden Arbeit konnte das Gen für die SQR aus dem Wattwurm isoliert und erfolgreich in der Mitochondrienmembran der Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae exprimiert werden. Die Fusion des Proteins mit sechs Histidinen ermöglichte eine einfache Reinigung über eine NiNTA-Matrix.
Im Gegensatz zu den bereits charakterisierten bakteriellen SQRs ist die SQR des Wattwurms nur in Gegenwart von millimolaren Konzentrationen Cyanid aktiv. Wie das Enzym Rhodanase, überträgt sie Sulfanschwefel auf Cyanid, wobei Thiocyanat gebildet wird. Cyanid konnte durch mikromolare Konzentrationen Thioredoxin zusammen mit millimolaren Konzentrationen Sulfit ersetzt werden.
Auch auf Proteinsequenzebene unterscheiden sich die SQRs aus dem Wattwurm und anderen Eukaryoten von den bakteriellen Enzymen. So konnten nur drei der für Letztere identifizierten SQR-Fingerprints in allen Sequenzen nachgewiesen werden, darunter zwei Cysteine und ein konserviertes Glycin in der FAD-Bindedomäne III. Ein drittes Cystein fehlt den eukaryotischen SQRs, und in der FAD-Bindedomäne besitzen sie kein konserviertes Valin (wie die bakteriellen SQRs), sondern ein Aspartat.
Es wurden sechs in eukaryotischen SQRs konservierte Aminosäuren durch gerichtete Mutagenese ausgetauscht. Bei keinem der mutierten Proteine war Aktivität nachweisbar. In Anlehnung an den bereits aufgeklärten Reaktionsmechanismus der bakteriellen SQR wurde ein Mechanismus für die mitochondriale SQR vorgeschlagen.
Als Endprodukt der Sulfidentgiftung wurde bislang in Wattwürmern und ihren Mitochondrien Thiosulfat nachgewiesen. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass Thiosulfat nicht direkt von der SQR gebildet wird. Diese bildet nur ein enzymgebundenes Persulfid, das z.B. von Thioredoxin oder möglicherweise einer Sulfurtransferase abgelöst und in Gegenwart von Sauerstoff weiter zu Thiosulfat verarbeitet wird. Unter anaeroben Bedingungen wäre vorstellbar, dass der Schwefel aus Sulfid zunächst als Sulfanschwefel gespeichert wird.
Die SQR ist wahrscheinlich nicht nur für den Wattwurm ein wichtiges Enzym. In den Genomen sämtlicher Eukaryoten konnten Homologe identifiziert werden. Es ist bekannt, dass Sulfid endogen in Säugern gebildet wird, und eine Überproduktion bzw. unzureichende Entgiftung zu schwerwiegenden Erkrankungen führen kann.
Wahrscheinlich hatte der Vorfahre unserer Mitochondrien bereits eine SQR, denn zu der Zeit, als die ersten Eukaryoten entstanden sind, waren die tieferen Gewässer der Erdozeane sulfidisch und anoxisch. Die SQR ist also ein Relikt aus dieser Zeit, dass aber wahrscheinlich auch heute noch von großer Bedeutung für viele Tiere ist, die in sulfidischen Milieu leben, aber auch für solche, die endogen Sulfid produzieren, das entgiftet werden muss.

The lugworm Arenicola marina inhabits sulfide-rich marine sediments. It was shown for whole animals and isolated mitochondria, that the lugworm tolerates sulfide and the electrons from sulfide can be used for ATP-production. An enzyme similar to bacterial sulfide:quinone oxidoreductase (SQR), which transfers electrons from sulfide to ubiquinone, was postulated to be involved in the mitochondrial detoxification of sulfide.
In this work, the sqr-gene from Arenicola marina was isolated and successfully expressed in the mitochondrial membrane of the yeast Saccharomyces cerevisiae. The protein was fused with six histidines for purification on a NiNTA-matrix.
In contrast to bacterial SQR, which was characterized in detail, the lugworm-SQR is active only in the presence of cyanide in millimolar concentrations. Lugworm SQR catalyzes the transfer of sulfur to cyanide with formation of thiocyanate, similar to the enzyme rhodanese. Cyanide could be replaced by micromolar concentrations of thioredoxin in combination with millimolar concentrations of sulfite.
Comparisons of the SQR protein sequences from the lugworm and other eukaryotes with bacterial SQRs revealed significant differences as well. Only three of five SQR fingerprints identified for bacterial SQR were conserved in all sequences, including two cysteines and a glycine in the FAD-binding domain III. Eukaryotic SQR lacks a third cysteine conserved in bacterial SQR and in the FAD-binding domain, eukaryotic sequences possess a conserved aspartate instead of valine.
Six amino acids conserved in all eukaryotic SQRs were exchanged by site directed mutagenesis. None of the mutated enzymes showed detectable activity. Referring to the bacterial reaction mechanism, a mechanism for mitochondrial SQR is proposed.
Thiosulfate was proposed to be the main detoxification product of sulfide in whole animals and lugworm mitochondria. In this work, it was shown that thiosulfate is not produced by SQR directly. Probably, the enzyme binds sulfur as a persulfide, which can be transferred to thioredoxin or sulfurtransferases. In the presence of oxygen, the oxidation to thiosulfate by another enzyme is possible. Under anaerobic conditions, the sulfur from sulfide could be stored as sulfane-sulfur.
SQR is probably not only important for sulfide-exposed animals like the lugworm, as homologs were found in the genomes of many other eukaryotes. As sulfide is produced endogenously in mammals, and overproduction or insufficient detoxification leads to diseases, SQR might play an important role here.
Most likely, the ancestor of mitochondria possessed SQR, because the first eukaryotes existed at a time, when the ocean waters were sulfidic and anoxic. For the first eukaryotes SQR was essential, but even today it might be important for all eukaryotes.
Lizenz:In Copyright
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Fachbereich / Einrichtung:Mathematisch- Naturwissenschaftliche Fakultät » WE Biologie
Dokument erstellt am:21.01.2007
Dateien geändert am:12.02.2007
Promotionsantrag am:07.12.2006
Datum der Promotion:07.12.2006
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