Dokument: NEUE ASPEKTE DER DYSREGULIERTEN APOPTOSE UND HYPERAKTIVITÄT IN NEUTROPHILEN GRANULOZYTEN NACH SCHWEREM TRAUMA

Titel:NEUE ASPEKTE DER DYSREGULIERTEN APOPTOSE UND HYPERAKTIVITÄT IN NEUTROPHILEN GRANULOZYTEN NACH SCHWEREM TRAUMA
Weiterer Titel:NEW ASPECTS OF DYSREGULATED APOPTOSIS AND HYPERACTIVITY IN NEUTROPHILIC GRANULOCYTES AFTER MAJOR TRAUMA
URL für Lesezeichen:https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=33662
URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20150319-112756-4
Kollektion:Publikationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Habilitation
Medientyp:Text
Autor:Dr. Paunel-Görgülü, Adnana [Autor]
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Dateien vom 10.03.2015 / geändert 10.03.2015
Dewey Dezimal-Klassifikation:600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit
Beschreibungen:Nach einem schweren Trauma kommt es häufig zu einer Hyperaktivierung neutrophiler Granulozyten (PMN), gefolgt von einer systemischen Abwehrreaktion und multiplem Organversagen. Obwohl bislang bekannt war, dass PMN nach Trauma eine verlängerte Lebensdauer aufgrund eines gestörten programmierten Zelltods aufweisen, sind die regulatorischen Mechanismen bislang weitgehend ungeklärt geblieben. Gegenstand der vorliegenden Habilitationsschrift war die Aufklärung der molekularen Zusammenhänge zwischen posttraumatischer Inflammation, Apoptose-regulierender Faktoren und Apoptoseresistenz in PMN nach schwerem Trauma. Ferner sollte die Bedeutung der PMN-Apoptose für die Entstehung posttraumatischer Komplikationen, wie Sepsis, näher untersucht werden.
Die vorliegende Arbeit zeigt, dass die Trauma-bedingte verlängerte Lebensdauer von PMN auf einer Inhibition des Mitochondrien-abhängigen intrinsischen Apoptose-Signalweges beruht. Allein die Behandlung von PMN gesunder Probanden mit dem Serum polytraumatisierter Patienten war völlig ausreichend um eine signifikante Hemmung der PMN-Apoptose zu erzielen. Interessanterweise korrelierte diese mit einer deutlichen Erhöhung der Proteinlevel des antiapoptotischen Bcl-2 Mitgliedes Mcl-1 in diesen Zellen. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass die Mcl-1 Expression in PMN nach einem Trauma generell stark zunimmt. Durch die Bindung des Mcl-1 Proteins an proapoptotische Faktoren wird deren Translokation zu den Mitochondrien unterbunden und der darauf folgende Verlust des mitochondrialen Membranpotentials gehemmt. Letzteres ist ausschlaggebend für die Freisetzung proapoptotischer Faktoren aus dem Mitochondrien-Intermembranraum und somit für die Einleitung der Mitochondrien-abhängigen intrinsischen Apoptose. Zusätzlich konnte als wichtiger Mediator der PMN-Apoptoseresistenz nach Trauma das proinflammatorische Zytokin Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierender Faktor (GM-CSF) identifiziert werden. Wie in der vorliegenden Arbeit gezeigt, steigt die GM-CSF-Konzentration im Serum polytraumatisierter Patienten bereits wenige Stunden nach dem Unfall an und bleibt bis mindestens Tag 10 nach Trauma deutlich erhöht. Nachfolgende Untersuchungen haben ergeben, dass die Expression des
Mcl-1 Proteins in PMN einer positiven Regulation durch das Zytokin GM-CSF unterliegt. Eine Hemmung der biologischen Aktivität von GM-CSF im Patientenserum durch neutralisierende Antikörper führte zu einer deutlichen Abnahme der Mcl-1 Proteinlevel und gleichzeitig zu einer signifikanten Erhöhung der intrinsischen Apoptose in PMN.
Es ist im Weiteren bekannt, dass neben dem intrinsischen Signalweg die Apoptose auch über den extrinsischen Weg, so z. Bsp. über Aktivierung des Oberflächen-Todesrezeptors Fas, eingeleitet werden kann. Mehrere Kleintierstudien haben in der Vergangenheit demonstriert, dass eine systemische Applikation agonistischer anti-Fas Antikörper mit einer unkontrollierten Apoptose in verschiedenen Zelltypen und massiver Organschädigung, wie z. Bsp. der Lunge und Leber, assoziiert ist. Folglich stellt die Immobilisierung von anti-Fas Antikörpern auf einer biokompatiblen Matrix eine sinnvolle Alternative dar um die toxischen Effekte löslicher Antikörper zu umgehen. Vor dem Hintergrund dieses therapeutischen Ansatzes konnte erstmals gezeigt werden, dass aktivierte PMN aus dem Blut polytraumatisierter Patienten nach ex vivo Aktivierung von Fas mittels immobilisierter agonistischer anti-Fas Antikörper bereits nach kürzester Zeit eine deutliche Reduktion der Phagozytose, oxidative burst sowie Chemotaxis aufweisen und schließlich in die Apoptose geleitet werden. Interessanterweise sind die beobachteten Fas-mediierten Effekte auf die Zellaktivität zum Teil auf einer nachweislichen Aktivierung Apoptose-unabhängiger Signalkaskaden zurückzuführen. Somit lassen sich sowohl die PMN-Hyperaktivität als auch die Mitochondrien-abhängige Apoptoseresistenz durch Aktivierung des Fas-Rezeptors überwinden. Anhand eines etablierten Großtiermodells wurde ferner eine sichtbare Minderung PMN-mediierter Organschäden nach hämorrhagischen Schock und Einsatz immobilisierten anti-Fas Antikörpern in Form einer extrakorporalen Immuntherapie nachgewiesen. Jedoch scheint diese extrinsische Apoptose-Einleitung durch Aktivierung des Fas-Rezeptors auf PMN in vivo nach einem schweren Trauma nur bedingt eine Rolle zu spielen.
In weiteren Folgestudien konnte gezeigt werden, dass das Serum schwerverletzter Patienten bereits am Tag 1 nach Trauma erhöhte Level an lösliches Rezeptor Fas (sFas) enthält, welcher durch Bindung an den natürlichen Liganden FasL die Fas / FasL-Wechselwirkung antagonisiert. Tatsächlich wurde in dieser Arbeit eine Korrelation zwischen sFas und der Leukozytenanzahl im Blut sowie dem PMN-Aktivitätsmarker Elastase und den Organdysfunktion-Scores gezeigt. Von besonderer Relevanz scheint die antagonistische Wirkung von sFas in Patienten mit posttraumatischer Sepsisentstehung zu sein. Diese Patienten weisen bereits am Tag 1 nach dem Trauma bis einschließlich Tag 9 die höchsten sFas-Serumspiegel auf. Demnach konnte sFas als zusätzlicher Mediator der PMN-Apoptoseresistenz und potentieller prädiktiver Marker für die Entstehung der posttraumatischen Sepsis identifiziert werden. Obwohl die PMN-Apoptoserate in Patienten mit posttraumatischer Sepsisentstehung innerhalb der ersten 10 Tage nach dem Trauma deutlich reduziert ist, konnte in diesen Zellen eine signifikant verminderte Expression der antiapoptotischen Bcl-2 Proteine Mcl-1 und A1 im Vergleich zu den Expressionsraten in PMN aus Patienten mit unkompliziertem Verlauf nachgewiesen werden. In Übereinstimmung mit der reduzierten Mcl-1 Expressionsrate zeigten diese Zellen eine erhöhte Sensitivität gegenüber Substanzen, die den Mitochondrien-abhängigen intrinsischen Signalweg aktivieren. Zudem lies sich in PMN mit posttraumatischer Sepsisentstehung eine reduzierte Caspase-8-Aktivität und eine damit assoziierte verminderte Bid-Spaltung nachweisen. Diese Befunde belegen, dass die verminderte Apoptose in PMN in Sepsis auf einer Hemmung des extrinsischen, Rezeptor-vermittelten Signalweges beruht. Die Bedeutung dieser Ergebnisse für die Pathophysiologie nach schwerem Trauma wird durch die gefundene Korrelation zwischen PMN-Apoptoserate und Organdysfunktion-Scores und somit das Patienten-Outcome unterstrichen.
Zusammenfassend tragen die Erkenntnisse aus dieser Arbeit zum bessern Allgemeinverständnis der molekularen Pathophysiologie von inflammatorischen Erkrankungen bei. Zudem liefern unsere vorgestellten Daten eine potentielle Basis für die Entwicklung neuer therapeutischer Konzepte zur Prävention einer Neutrophilen-Hyperaktivität im Rahmen einer systemischen Inflammation.

Major trauma frequently leads to the hyperactivation of neutrophilic granulocytes (PMN), followed by a systemic inflammatory response and multiple organ failure. Although it is well recognized, that PMN after trauma display a prologed lifespan due to a disturbed programmed cell death, the underlying regulatory mechanisms are still widely unexplored. The goal of this study was to explore the molecular links between posttraumatic proinflammatory reaction, apoptosis regulatory factors and apoptosis resistance in PMN after major trauma. Hence, the role of PMN apoptosis for the development of posttraumatic complications, such as sepsis, should be further elucidated.
This study demontrates, that trauma-associated prolongation of PMN lifespan is due to an inhibition of the mitochondria-dependent intrinsic apoptosis pathway. Treatment of PMN from healthy volunteers with sera of major trauma patients was sufficient to allow significant inhibition of PMN apoptosis. Interestingly, suppression of PMN apoptosis was correlated with a marked increase in protein levels of the antiapoptotic Bcl-2 family member Mcl-1. It has been additionally shown, that in general Mcl-1 expression in PMN strongly increases after major trauma. Mcl-1 binds to proapoptotic Bcl-2 members, thus inhibiting their mitochondrial translocation and subsequent disruption of mitochondrial membrane potential. The last one represents a prerequisite for the release of proapoptotic factors from the mitochondrial intermembrane space and thus for the initiation of mitochondria-dependent intrinsic apoptosis. Further on, the proinflammatory cytokine granulocyte-macrophage colony-stimulating factor (GM-CSF) could be identified as a mediator of PMN apoptosis resistance after trauma. As demonstrated in this work, GM-CSF serum levels rapidly increase during the first hours after trauma and remain markedly elevated until at least day 10 after trauma. Subsequent research has revealed, that the Mcl-1 protein becomes positively regulated by the cytokine GM-CSF. Inhibition of GM-CSF activity in patients‘ sera by neutralizing antibodies led to a marked decrease in Mcl-1 protein levels and to a simultaneous significant increase of intrinsic apoptosis in PMN.
Additionally, it is known that besides the intrisic pathway, apoptosis can also be initiated by an extrinsic parthway, e.g. by the activation of the surface death receptor Fas. In the past, it has been already demonstrated that experimental systemic application of agonistic anti-Fas antibodies provokes uncontrolled apoptosis in different cell types as well as massive tissue damage, e.g. in lung and liver. Therefore, immobilization of agonistic anti-Fas antibodies on solid biocompatible matrices represents a meaningful alternative to avoid toxic side effects of soluble antibodies. Against this therapeutic background, it has been shown for the first time that activated PMN isolated from major trauma patients display rapid and marked reduction of phagocytosis, oxidative burst and chemotaxis after ex vivo Fas activation by immobilized agonistic anti-Fas antibodies, before they die by apoptosis. Interestingly, Fas-mediated effects on PMN activity have been found to be partially mediated by apoptosis-independent pathways. Thus, PMN hyperactivity as well as mitochondria-dependent apoptosis resistance might be overcome by Fas receptor activation. In an established porcine model a visible reduction of PMN-mediated organ damage after hemorrhagic shock and extracorporeal immune therapy approch with immobilized anti-Fas antibodies has been demonstrated. However, in vivo extrinsic apoptosis induction by Fas activation on PMN after major trauma appears to play only a minor role.
In subsequent studies it has been demonstrated, that sera of severely injured pateinst contain high levels of soluble Fas (sFas), which might functionally antagonize the Fas-FasL-pathway by binding to its natural ligand FasL. Actually, a strong correlation of sFas with leukocyte counts, the PMN activation marker elastase as well as with the organ dysfunction scores has been shown. The antagonistic effect of sFas seems to be of high relevance especially in those patients who developed posttraumatic sepsis. These patients displayed the highest sFas serum levels already at day 1 until day 9 after trauma. Hence, sFas could be identified as an additional mediator of PMN apoptosis resistance and additionally as a predictor for posttraumatic sepsis development. Although PMN apoptosis in patients with posttraumatic sepsis development was markedly diminished during the first 10 days after trauma, significantly reduced expression of the antiapoptotic Bcl-2 proteins Mcl-1 and A1 has been determined compared to the expression levels found in PMN from patients with uneventful outcome. In accordance with decreased Mcl-1 expression levels, these cells showed increased sensistivity to substances that activate the mitochondria-dependent intrinsic pathway. Moreover, reduced caspase-8 activity and Bid cleavage have been found in PMN of patients with posttraumatic sepsis development. These findings suggest that reduced PMN apoptosis in sepsis is based on a disturbed extrinsic, receptor-mediated pathway. The relevance of these findings for the pathophysiology of major trauma might be supported by the correlation between PMN apoptosis and organ dysfunction scores and thus patients‘ outcome.
Altogether, the results of this study contribute to a better understanding of the molecular pathophysiology of inflammatory diseases. Hence, these data are important for the design of new therapeutic concepts to prevent neutrophil hyperactivity during systemic inflammation.
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Fachbereich / Einrichtung:Medizinische Fakultät
Dokument erstellt am:19.03.2015
Dateien geändert am:19.03.2015
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