Dokument: Radikalitätsprinzipien in der Chirurgie differenzierter Schilddrüsenkarzinome unter Berücksichtigung prognoserelevanter Parameter

Titel:Radikalitätsprinzipien in der Chirurgie differenzierter Schilddrüsenkarzinome unter Berücksichtigung prognoserelevanter Parameter
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20060131-001308-0
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Habilitation
Medientyp:Text
Autor:PD Dr. Witte, Jürgen [Autor]
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Dateien vom 09.02.2007 / geändert 09.02.2007
Beitragende:Prof. Dr. Scherbaum, Werner A. [Gutachter]
Prof. Dr. Müller, Hans Werner [Gutachter]
Stichwörter:Follikuläres, Papilläres, Schilddrüsenkarzinom, Prognosefaktoren Überlebenszeit, Prognosefaktoren für die Zeit bis zum ersten Rezidiv, Lymphknotenmetastasen, Fernmetastasen, Tumorgrösse, Score-Systeme AMES, AGES, UICC
Dewey Dezimal-Klassifikation:600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit
Beschreibung:Einleitung: Aufgrund ihres biologischen Verhaltens und der zusätzlichen Verfügbarkeit eines multimodalen Regimes für eine kurative Therapie besitzen differenzierte Schilddrüsen-karzinome eine ausgezeichnete Prognose. Als chirurgische Standardtherapie ist die Thyreoidektomie mit Entfernung der zentralen Lymphknoten mittlerweile anerkannt.
Die prognosebestimmenden Faktoren und das anzustrebende Ausmaß der onkologisch ausreichend radikalen Primäroperation werden jedoch weiterhin kontrovers diskutiert. Diese Situation rührt nicht zuletzt daher, dass trotz der Einstufung von Patienten in eine Niedrigrisikogruppe individuell Rezidive und Todesfälle auftreten.
Das Ziel der Studie bestand in der Überprüfung der chirurgischen Behandlungsstrategien und der etablierten Radikalitätsprinzipien unter Berücksichtigung prognoserelevanter Parameter für papilläre und follikuläre Schilddrüsenkarzinome.

Methode: In einer prospektiven Verlaufsbeobachtungsstudie ergänzt durch retrospektive Datenerfassung erfüllten 608 Patienten, die zwischen 1986 und 1998 wegen eines differenzierten Schilddrüsenkarzinoms an der Chirurgischen Universitätsklinik Düsseldorf operiert wurden, die Einschlusskriterien. Die Dokumentation erfolgte standardisiert und computergestützt getrennt nach papillären und follikulären Schilddrüsenkarzinomen. Neben den Daten einer homogenen Patientengruppe mit einer über die Jahre gleichgebliebenen Behandlungsstrategie in Form der Primär- oder Komplettierungsoperation wurden getrennt die Daten einer heterogenen Patientengruppe nach auswärts durchgeführter Primäroperation unterschiedlichen Ausmaßes analysiert. Ihr Aufnahmegrund in die Verlaufsbeobachtungs-studie war ein erneuter Rezidiveingriff an der hiesigen Institution. Die Auswertung erfolgte in bezug auf die „Überlebenszeit“ und die „Zeit bis zum ersten Rezidiv“.
Als potentielle Prognosefaktoren wurden das Tumorstadium (T4), die Lymphknoten- (N1) und die Fernmetastasen (M1), die Multifokalität, das Alter, das Geschlecht sowie das Ausmaß der Primäroperation univariat mittels Kaplan Meier Log Rank Test und multivariat mittels Cox Regression untersucht. Die ermittelten Verlaufsdaten wurden für die statistische Bewertung der Score-Systeme AMES, UICC und DeGroot herangezogen und nach Kaplan Meier Log Rank Test univariat ausgewertet.

Ergebnisse: Fernmetastasen sind in Übereinstimmung mit der Literatur und der eigenen multivariaten Analyse der bedeutendste unabhängige Prognosefaktor in bezug auf die Überlebenszeit des papillären Schilddrüsenkarzinoms. Bei der univariaten Analyse deutete sich dieser Einfluss auch für das follikuläre Schilddrüsenkarzinom an. Bei einer jedoch zu geringen Anzahl Verstorbener (Zielkriterium) konnte aus methodischen Gründen eine multivariate Analyse nicht durchgeführt werden. Letztendlich konnte die Bedeutung der Fernmetastasen in bezug auf die Überlebensprognose des follikulären Schilddrüsenkarzinoms nur aufgrund von Literaturangaben bestätigt werden.

Lymphknotenmetastasen und Tumorstadium entscheiden über die „Zeit bis zum ersten Rezidiv“ beim differenzierten Schilddrüsenkarzinom. In der eigenen multivariaten Analyse konnte in Übereinstimmung mit der Literatur die herausragende Bedeutung der Lymphknotenmetastasen beim papillären Schilddrüsenkarzinom als einzigem und beim follikulären Schilddrüsenkarzinom gemeinsam mit dem Tumorstadium als ausschlaggebenden Prognosefaktor nachgewiesen werden.
Bei den eigenen Patienten verstarb weder ein Patient mit einem papillären oder follikulären Mikrokarzinom der Schilddrüse, noch bildeten die Patienten ein Rezidiv beim Stadium T1N0 aus.

Nach dem AMES Score-System gelang eine Einteilung der Patienten in eine Hoch- und Niedrigrisikogruppe in bezug auf die Mortalität papillärer (p=0,0023) und follikulärer (p=0,0001) Schilddrüsenkarzinome.
In der Niedrigrisikogruppe der UICC-Stadien I/II zeigten sich im Vergleich zu den UICC-Stadien III/IV statistisch signifikante Unterschiede jeweils in bezug auf die Überlebenszeit für das papilläre (p=0,0002) und follikuläre (p=0,0185) Schilddrüsenkarzinom.
Nach DeGroot bestand das höchste Risiko, am papillären (p=0,0001) und follikulären (p=0,0085) Schilddrüsenkarzinom zu versterben, wenn Fernmetastasen nachgewiesen waren.
Bei der Risikoeinschätzung der „Zeit bis zum ersten Rezidiv“, für die die Score-Systeme eigentlich nicht bestimmt waren, zeigten nur die DeGroot Klassen statistisch signifikante Unterschiede sowohl für das papilläre (p=0,0002) als auch für das follikuläre (p=0,0001) Schilddrüsenkarzinom.

Zusammenfassung: Aufgrund der Bedeutung der Lymphknotenmetastasen und des Tumorstadiums für das Rezidiv eines papillären oder follikulären Schilddrüsenkarzinoms ist prinzipiell die Thyreoidektomie mit Entfernung der zentralen Lymphknoten die Standardtherapie. Sie vermeidet Zweit- und Komplettierungseingriffe.

Fernmetastasen sind nach der eigenen statistischen Analyse der entscheidende und unabhängige Prognosefaktor für die Überlebensprognose beim papillären und nach den klinischen Daten und den Literaturangaben auch beim follikulären Schilddrüsenkarzinom. Therapieansätze bei synchronen Fernmetastasen bleiben palliativ. Durch die zumindest temporäre Beseitigung der Symptome konnte bei den teils langen Krankheitsverläufen der differenzierten Schilddrüsenkarzinome eine Verbesserung der Lebensqualität erreicht werden.

Nur unter einer strengen Indikationsstellung kann bei den papillären und follikulären Mikro-karzinomen der Schilddrüse (T1), die häufig Zufallsbefunde darstellen, ein eingeschränkt radikales Verfahren gewählt werden. Dabei stellen in seltenen Fällen prognoserelevante Parameter, wie Lymphknoten- oder Fernmetastasen, eine Kontraindikation dar.
Bei zunehmender Tumorgröße zeigten sich Lymphknotenmetastasen auch vermehrt im zervikolateralen Kompartment. Da die Rezidive beim papillären Schilddrüsenkarzinom vermehrt in Lymphknoten auftraten, während sich die Rezidive beim follikulären Schilddrüsenkarzinom gleichermaßen als lokoregionäre oder Fernmetastasen manifestierten, war eine Erweiterung der onkologischen Radikalität auch über das Maß der Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie hinaus sinnvoll.
In den Tumorstadien T3 und T4 der papillären und follikulären Schilddrüsenkarzinome oder bei prä- oder intraoperativ verdächtigen und bestätigten Lymphknotenmetastasen ist die Thyreoidektomie um eine laterale, modifiziert radikale Lymphknotendissektion zu erweitern. Im Stadium T4 ist die Lymphknotendissektion zur Vermeidung von Lokalrezidiven obligat auf beide Halsseiten auszudehnen. Jedoch zeigten die eigenen statistischen Analysen auch, dass beim Vorliegen eines fortgeschrittenen Karzinomstadiums (T4N1M1) die Erweiterung der onkologischen Radikalität der Primäroperation häufig das Rezidiv nicht verhindern konnte.
Lizenz:In Copyright
Urheberrechtsschutz
Fachbereich / Einrichtung:Medizinische Fakultät
Dokument erstellt am:31.01.2006
Dateien geändert am:12.02.2007
Promotionsantrag am:22.01.2004
Datum der Promotion:22.01.2004
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