Dokument: Beiträge zur Chemie elektronenarmer N-heterocyclischer Carbene
Titel: | Beiträge zur Chemie elektronenarmer N-heterocyclischer Carbene | |||||||
URL für Lesezeichen: | https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=28491 | |||||||
URN (NBN): | urn:nbn:de:hbz:061-20140224-122650-0 | |||||||
Kollektion: | Dissertationen | |||||||
Sprache: | Deutsch | |||||||
Dokumententyp: | Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation | |||||||
Medientyp: | Text | |||||||
Autor: | Dipl. Chem. Makhloufi, Abdelaziz [Autor] | |||||||
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Beitragende: | Prof. Dr. Ganter, Christian [Gutachter] Prof. Dr. Müller, Thomas J. J. [Gutachter] | |||||||
Dewey Dezimal-Klassifikation: | 500 Naturwissenschaften und Mathematik » 540 Chemie | |||||||
Beschreibungen: | Das Ziel dieser Arbeit war die Darstellung neuartiger N-heterocyclischer Carbene mit modifizierten Rückgratstrukturen. Im Fokus standen die Untersuchung der elektronischen und sterischen Eigenschaften sowie die Reaktivitäten der NHCs. Besonderes Augenmerk wurde dabei neuen, gemischten sechsgliedrigen NHC-Systemen auf Amino-Amido-Basis gewidmet. Als Grundlage zur Darstellung der Zielstrukturen 1-3 diente ein neuartiges sechsgliedriges hydrotriazinbasiertes NHC-System 4, an dem die ersten Reaktivitätsuntersuchungen zuvor umfassend und erfolgreich durchgeführt wurden. Für die Darstellung des NHCs 4 haben sich die NHC-Vorläufer 5-Br und 5-BF4, die nach verschiedenen Synthesemethoden gezielt hergestellt und zudem strukturell charakterisiert wurden, besonders bewährt. Durch zahlreiche Deprotonierungsreaktionen in Gegenwart verschiedener Abfangreagenzien konnte die Existenz des in situ generierten NHCs 4 umfassend belegt werden. Mit Hauptgruppenelementen wie Schwefel und Selen konnten die vom Harnstoff abgeleiteten Derivate 6 und 7 in guten Ausbeuten synthetisiert und vollständig charakterisiert werden. Durch weitere Deprotonierungsreaktionen in Gegenwart von M(COD)Cl-Fragmenten (M= Rh, Ir) wurden die Rh- und Ir-COD Komplexe 8 und 9 in sehr guten Ausbeuten erhalten, die durch Begasung mit Kohlenmonoxid zur Bestimmung des TEP-Werts in die Dicarbonylkomplexe 10 und 11 umgewandelt wurden. Der TEP-Wert für das unfunktionalisierte Hydrotriazin-NHC-System 4 wurde mit 2052 cm-1 bestimmt und reiht sich wie erwartet in die Reihe elektronenreicher Standard-NHCs ein.
Darauf aufbauend konnte die Chemie der gemischten NHC-Systeme auf Amino-Amido-Basis angegangen werden. Zunächst wurde für das NHC 1 ein synthetischer Zugang für den neuen NHC-Vorläufer 13 entwickelt. Für die Einführung der gewünschten Amido-Funktionalität wurde durch Abwandlung der Reaktionsbedingungen nach Overman[123] zunächst die neutrale Verbindung 12 dargestellt und anschließend durch NBS-Oxidation in den NHC-Vorläufer 13 umgewandelt. Die NBS-Oxidation hat sich als Synthesemethode zur Herstellung der hydrotriazinbasierten NHC-Vorläufern 5-Br und 13 besonders bewährt. Das durch Deprotonierung in situ dargestellte NHC 1 konnte sodann in den anlogen Abfangreaktionen erfolgreich umgesetzt werden. In Gegenwart von elementarem Schwefel oder Selen sowie M(COD)-Cl Fragmenten (M = Rh, Ir) konnten die Verbindungen 14, 15, 16, und 17 gewonnen und vollständig charakterisiert werden. Zur Beurteilung der elektronischen Eigenschaften wurden die entsprechenden Dicarbonyl-Komplexe 18 und 19 IR-spektroskopisch untersucht. Der TEP-Wert für das NHC 1 ist mit 2058 cm-1 um sechs Wellenzahlen höher verschoben und reflektiert damit die erwartete reduzierte Donorstärke des Carbens. Das NHC 1 gehört damit zu den elektronenärmsten sechsgliedrigen NHC-Systemen überhaupt. Der erhöhte TEP-Wert sowie die deutlich verkürzte Rh-Carben-Bindung im Metallkomplex 16 können als Indiz für einen erhöhten π-Akzeptorcharakter gewertet werden. Aufbauend auf den NHC-Systemen 4 und 1 wurden die chinazolinbasierten NHCs 2a-c als weitere funktionalisierte NHCs entwickelt. Dazu wurde Anthranilsäure 20 zunächst zu Chinazolin 22 zyklisiert und der erste N-Substituent eingeführt. Die Alkylierung des zweiten Stickstoffatoms in den neutralen Derivaten 23 gelang durch Verwendung von Methyltriflat oder Meerweinsalz und lieferte die kationischen Carbenvorläufer 24a-f, die zu den freien Carbenen 2a-c deprotoniert werden konnten. Die Carbenbildung wurde durch Abfangrektionen zu den Derivaten 25 bis 28 belegt, die vollständig charakterisiert wurden. Die Bildung der Komplexverbindungen 27a und 27c konnte zudem mittels Einkristallstrukturanalyse bestätigt werden. In Abwesenheit von Abfangreagenzien wurde für das NHC 2a eine spontane Dimerisierung zum Olefin 29a beobachtet, das als 1:1-Gemisch von cis- und trans-Isomeren gebildet wird. Die Untersuchungen der Metallcarbonylkomplexe 30a-c und 31a-c mittels IR Spektroskopie zeigten den erwarteten Einfluss der Amid-Funktion auf die elektronische Umgebung des Carbenkohlenstoffs. In Abhängigkeit der N-Substituenten liegen die TEP-Werte im Bereich von 2059 bis 2061 cm-1. Zu Vergleichszwecken wurden die analogen, bisher nicht literaturbekannten Dihydrochinazolin-NHCs 36a-c synthetisiert und zu den analogen Metallcarbonylkomplexen 41 und 42 umgesetzt. Die IR-spektroskopisch bestimmten TEP-Werte im Bereich von 2051 bis 2056 cm-1 sind im Vergleich zum analogen Chinazolin-System signifikant zu kleineren Wellenzahlen verschoben, was die Dihydrochinazolin-NHCs 36a-c als elektronenreiche Carbene ausweist. Insgesamt zeigte sich, dass die elektronischen Eigenschaften der Carbene nicht nur vom Vorliegen einer Amid-Funktionalität, sondern auch von den unterschiedlichen N-Substituenten beeinflusst werden. Das Chinazolin-NHC 2c ist derzeit das elektronenärmste sechsgliedrige NHC-System mit einem TEP-Wert von 2061cm-1. Aufbauend auf den Hydrotriazin- und Chinazolin-NHCs wurde ein weiteres gemischtes Amino-Amido-NHC System 3 als Syntheseziel identifiziert, das vom Coffein abgeleitet ist. Dafür wurde zunächst Coffein nach einer leicht modifizierten Synthese nach Wanzlick in den entsprechenden NHC-Vorläufer 44 überführt, in dem das Amidiniumfragment Bestandteil des Sechsrings ist, während der annelierte Imidazolring unverändert vorliegt. Das ebenfalls nur in situ stabile hypoxanthinbasierte NHC 3 konnte analog zu den bisher erwähnten NHC-Systemen koordiniert werden wobei die Abfangprodukte 46-51 erhalten wurden. Mit einem TEP-Wert von 2058 cm-1 reiht sich das Carben 3 in die Spanne der für Amino-Amido-NHCs typischen TEP-Werte ein. Das bei Abwesenheit von Abfangreagenzien aus dem NHC 3 entstehende Dimerisierungsprodukt 52 (1:1-Gemisch aus cis- und trans-Isomer) bietet die Möglichkeit einer weiteren Funktionalisierung, indem die terminalen Imidazoleinheiten zu Carben-Funktionen modifiziert werden. Dazu wird das Olefin 52 durch eine doppelte Alkylierung mittels Meerweinsalz in die dikationische Verbindung 53 überführt. Das Isomer trans-53 konnte aufgrund seiner Unlöslichkeit in CH3CN selektiv vom dikationischen cis-Isomer abgetrennt und vollständig charakterisiert werden. Eine Einkristallstrukturanalyse bestätigte die erfolgreiche Darstellung und Isolierung des neuen dikationischen NHC-Vorläufers. Die Doppelte Deprotonierung zum neutralen Biscarben trans-54 und die weitere Umsetzung mit Rh(COD)Cl führte gezielt zum Dimetallkomplex 55, der ebenfalls zum Bisdicarbonyl-Rh-Komplex 56 umgesetzt wurde. IR-spektroskopisch wurde Ein TEP-Wert von 2057 cm-1 für das Biscarben 54 bestimmt, das damit für ein imidazolbasiertes NHC vergleichsweise elektronenarm ist. Die erfolgreiche Herstellung des Biscarbens 54 aus dem Dikation 53 warf die Frage auf, ob nicht auch das Hypoxanthinium-Kation 44 durch Zweitalkylierung im Imidazolteil in einen dikationischen Vorläufer für ein Biscarben überführt werden könnte. Umfangreiche Versuche ergaben, dass das Dikation 57 durch Alkylierung mit Methyltriflat und Me3OBF4 unter Mikrowellenbestrahlung tatsächlich erhalten werden kann. Die anschließende doppelte Deprotonierung lieferte das nicht isolierbare Biscarben 58, dessen intermediäre Bildung durch Abfangreaktion mit Selen zum Bis-Selen-Addukts 59 belegt wurde. Zusammenfassend gelang in dieser Arbeit erstmalig die Synthese von sechsgliedrigen amino-amidohaltigen NHC-Systemen, wodurch die Gruppe der elektronenarmen NHCs umfassend erweitert werden konnte. Es konnte gezeigt werden, dass einfache und gut verfügbare Edukte wie Chinazolin und Coffein leicht in interessante NHCs umgewandelt werden können. Gleichzeitig ist es gelungen, den Einfluss einer Amidofunktionalität auf das Donorverhalten von Sechsringcarbenen zu bestimmen. Die hohen TEP-Werte liegen im erwarteten Bereich und deuten auf einen erhöhten π-Akzeptorcharakter in den Metallkomplexen hin.The objective of the present work was the development of novel N-heterocyclic carbenes with modified backbone structures and the assessment of their steric and electronic properties and their reactivities. Particular attention was given to mixed amino-amido carbenes with a six-membered ring structure. Before approaching the lead structures 1-3, preliminary investigations were conducted for the new hydrotriazine-derived NHC 4, which could be obtained in situ from the cationic precursors 5. Thus, deprotonation in the presence of various scavenging reagents provided access to the heteroureas 6 and 7, as well as to the cod-metal complexes 8 and 9. From the respective carbonyl complexes 10 and 11 a TEP value of 2052 cm-1 was determined for the NHC ligand 4, classifying this system as an electron rich standard NHC. Whereas compound 4 is a diamino carbene, formal incorporation of a keto function leads to the closely related monoamido NHC 1. The basic ring structure was assembled in a cyclocondensation affording the heterocycle 12, that was subsequently converted to the cationic carbene precursor 13 by reaction with NBS. Deprotonation at low temperature provided access to the NHC 1 in situ which reacted with various reagents affording the carbene derivatives 14 to 19 in an analogous manner as described above for the diamino NHC 4. However, a significantly reduced donor strength of the carbene 4 due to the electron withdrawing amido function adjacent to the carbene C atom is evident from a TEP value of 2058 cm-1, which is shifted by six wavenumbers to higher values compared to the diamino NHC 4. A short Rh-C bond in the metal-NHC complex 16 is in accord with a significant π-acceptor character of the amido NHC 1. Another cyclic six-membered monoamido NHC system 2, recruiting to a chinazoline core, could be easily accessed from anthranilic acid. Cyclisation and subsequent attachment of the substituents to the N atoms furnished the cationic precursors 24, which could be converted to the related carbenes 2 by deprotonation at low temperature. While providing the same set of derivatives as described above when treated with scavenging reagents, a dimerisation of the carbenes 2 was observed in the absence of any reagents, indicating the electron deficient nature of the monoamido NHC 2. Additional evidence is provided by the TEP values for the NHCs 2, which were determined to be 2060 +/- 1 cm-1, depending on the nature of the N substituents. To date, 2c is the least donating six-ring NHC with a TEP value of 2061 cm-1. Again, significantly lower TEP values were obtained for the related dihydrochinazolin-based diamino carbenes 36 lacking the carbonyl function which were prepared for comparison purposes. The influence of the N substituents on the TEP values became especially evident for the derivatives 36a-c, ranging between 2051 and 2056 cm-1. In a third project, the caffeine-derived NHC 3 was identified as a worthwhile synthetic target. Relying on a protocol originally devised by Wanzlick, caffeine was converted to the cationic species 44, with the amidinium function incorporated into the six-membered ring, while the imidazole part of the molecule is left unaffected. The corresponding hypoxanthine-based monoamido NHC 3 is obtained in situ and provides the analogous range of derivatives as outlined above for the carbenes 1 and 2. More interestingly, the olefin 52, which is formed by dimerisation of NHC 3 in the absence of suitable reaction partners, grants access to the bis(NHC)-precursor 53 by double alkylation of the imidazole rings. Indeed, double deprotonation in the presence of [(COD)RhCl]2 yields bis-Rh complex of the biscarbene 54. Stimulated by the successful synthesis of the biscarbene 54, the conversion of the hypoxanthinium cation 44 to the related dicationic precursor 57 was envisaged. Gratifyingly, treatment of 44 with methyl triflate and Me3OBF4 under microwave irradiation brought about the desired transformation and afforded the dication 57 in high yield. As a first proof of the propensity of 57 to serve as precursor for the related bis-NHC 58, the dication 57 was deprotonated at low temperature in the presence of selenium providing the bis-selenide 59 in good yield. The chemistry of the bis-carbenes 54 and 58 is currently under investigation. Conclusively, six-membered amino-amido NHCs have been prepared for the first time in this work. It was shown that simple and easily available starting materials like anthranilic acid or caffeine can be straightforwardly converted to interesting new NHCs. The electron withdrawing nature of the amido function was probed by structural and spectroscopic means. The new amino-amido carbenes feature higher TEP values than their closely related diamino analogues, in accord with an increased π-acidity of the former derivatives. | |||||||
Lizenz: | Urheberrechtsschutz | |||||||
Bezug: | 2011-2014 | |||||||
Fachbereich / Einrichtung: | Mathematisch- Naturwissenschaftliche Fakultät » WE Chemie » Anorganische Chemie und Strukturchemie | |||||||
Dokument erstellt am: | 24.02.2014 | |||||||
Dateien geändert am: | 24.02.2014 | |||||||
Promotionsantrag am: | 02.12.2013 | |||||||
Datum der Promotion: | 30.01.2014 |