Dokument: Komplexe Interaktionsmuster und die Dynamik von Entwicklungsprozessen in Flechtenökosystemen

Titel:Komplexe Interaktionsmuster und die Dynamik von Entwicklungsprozessen in Flechtenökosystemen
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20040127-000721-3
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Schaper, Gertrud Maria [Autor]
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Dateien vom 09.02.2007 / geändert 09.02.2007
Beitragende:Prof. Dr. Jahns, Hans-Martin [Gutachter]
Prof. Dr. Ott, Sieglinde [Gutachter]
PD Dr. Lumbsch, H. T. [Gutachter]
Stichwörter:xerophile Flechtengesellschaft, Interaktionen, Multibeziehungssystem, Mikro-Ökosystem, Bunte Erdflechtengesellschaft, Mycobiont, Photobiont, Selektivität, Erkennungsprozess, KulturversucheLichen association, rock alvar, culture experiments, interactions, colonization strategies, symbiotic interaction, selectivity, photobiont, mycobiont, Fulgenisa bracteata
Dewey Dezimal-Klassifikation:500 Naturwissenschaften und Mathematik » 580 Pflanzen (Botanik)
Beschreibung:Die besondere klimatische Situation der schwedischen Ostseeinsel Gotland in der baltischen See, führt zu einer in Europa äußerst seltenen Mischflora, die sowohl alpine, als auch sub-pontische und sub-ozeanische Elemente enthält. Eine weitere Besonderheit liegt in der Geologie der Insel. Hier findet man waldlose Kalkheidegebiete mit nackten, kaum verwitterten und offen exponiert anstehenden silurischen Kalkgesteinplatten, die allgemein als Alvar bezeichnet werden. So unterscheidet man in den Alvargebieten, die mit offen exponiertem Gestein anstehende, nur von Kryptogamen besiedelte Kalk-/bzw. Karstalvar von der sukzessiv entstandenen Kiesalvar mit Erd- und Steingrusauflage. Die Kalk bewohnenden Flechtenvertreter der xerophilen Flechtengesellschaft prägen das Vegetationsbild auf der Karstalvar und besiedeln als Pioniere sowohl die Gesteinsoberfläche als auch die Rohböden und schaffen so die Voraussetzung für die Ansiedlung höherer Pflanzen. Zahlreiche inter- und intraspezifische Interaktionsmuster zwischen den beteiligten Arten führen zur Ausbildung eines hoch komplexen Multibeziehungssystems. In diesem Mikro-Ökosystem herrscht ein Fließgleichgewicht zwischen den assoziierten Partnern, durch das beteiligte Individuen geschädigt, das gesamte System aber gefördert wird. Vergleichende Kulturexperimente mit ausgewählten Vertretern dieser Flechtengesellschaft, nämlich den Cyanoflechten Placynthium nigrum, Synalissa symphorea und Collema cristatum sowie der Grünalgenflechte Lecidea lurida lieferten detaillierte Erkenntnisse über die zur Etablierung des Ökosystems führenden Entwicklungsabläufe, nicht nur in ihren Initialstadien, insbesondere auch hinsichtlich ihrer Dynamik, ihres Potentials und ihrer Komplexität. Die Plastizität und Flexibilität der beteiligten Partner bestimmen die Dynamik des Entstehungsprozesses und beeinflussen die Komplexität des ausdifferenzierten Interaktionsgefüges. Das hohe Adaptionspotential jeder einzelnen Flechtenart an die unterschiedlichen Kulturbedingungen, ermöglichte auch unter sub-optimalen Bedingungen die Entstehung der für die xerophile Flechtengesellschaft charakteristischen spezifischen Interaktionsmuster. Negativ beeinflussende Faktoren werden durch die Plastizität und Dynamik der verschiedenen Flechtenvertreter ausgeglichen. Wenn auch die Kulturbedingungen Einfluss auf die Entwicklungsgeschwindigkeit und Komplexität der ausgebildeten Interaktionen genommen haben, wurden die prinzipiellen Differenzierungsmuster nicht beeinflusst, da sie offensichtlich auf genetischer Ebene festgelegt sind. Während innerhalb des Mikro-Ökosystems der xerophilen Flechtengesellschaft auf der Karstalvar insbesondere die interspezifischen Interaktionsmuster in sehr komplexer Weise ausgebildet werden, findet man auf der sukzessiv entstandenen Kiesalvar das Ökosystem der ?Bunten Erdflechtengesellschaft?, in dem zwischen den beteiligten Arten neben inter- auch zahlreiche intraspezifische Assoziationsmuster ausdifferenziert werden. Die wichtigsten Vertreter dieser Flechtengemeinschaft sind die Arten Fulgensia bracteata und Fulgensia fulgens, Toninia sedifolia (caeruleonigricans), Squamarina cartilaginea, Psora decipiens und Lecidea lurida. Die beiden Arten der Gattung Fulgensia nehmen innerhalb dieser Flechtengemeinschaft eine dominante Position ein, was auf eine besondere Anpassungsstrategie an die am Standort vorherrschenden Bedingungen hinweist. So werden von ihnen alle an dieser Assoziation beteiligten Flechtenarten überwachsen. Die hierbei entstehenden Kontakte und sich entwickelnden Interaktionen zeigen graduelle Abstufungen von Parasitismus und geben Hinweise darauf, dass der Mycobiont innerhalb der Gattung Fulgensia und insbesondere der Mycobiont von F. bracteata potentiell die Algenpartner der von ihm parasitierten Flechten übernehmen kann. Hieraus ergibt sich die Frage nach der Selektivität des Mycobionten hinsichtlich der Wahl des passenden Photo-bionten sowie der Kompatibilität der potentiellen Symbiosepartner zueinander. Unter standardisierten Bedingungen wurde die Selektivität des Mycobionten F. bracteata hinsichtlich potentieller Photo-bionten aus verschiedenen Vertretern der ?Bunten Erdflechtengesellschaft? getestet. Dazu sind dem Mycobionten isolierte Photobionten aus sechs verschiedenen Flechtenvertretern der ?Bunten Erdflechtengesellschaft? angeboten worden, die zunächst durch die molekulare Analyse ihrer ITS rDNA Genabschnitte charakterisiert worden sind. Es folgten weitere molekulare Untersuchungen zur allgemeinen Photobiontendiversität innerhalb der ?Bunten Erdflechtengesellschaft? auf Gotland entlang eines Nord-Süd-Transektes.
Die Ergebnisse dieser Selektivitätsversuche zeigten, dass der Mycobiont F. bracteata mit allen ihm angebotenen kultivierten Photobionten der ?Bunten Erdflechtengesellschaft? primäre Lichenisierungs-stadien ausbilden konnte. Klare Unterschiede ergaben sich in der Entwicklungszeit und in der Intensität des entstandenen Lichenisierungskontaktes mit den verschiedenen Photobionten. Der Kompatibilitätsgrad der potentiellen Partner nahm eindeutig Einfluss auf den Erkennungsprozess und die Entwicklung der primären Lichenisierungsstadien. Aufgrund der hier vorliegenden Ergebnisse konnte ein Modellsystem entwickelt werden, welches die Hypothese unterstützt, dass der Erkennungsprozess verschiedene Entwicklungsphasen in der Ausbildung des symbiotischen Kontaktes beinhalten muss und auf dessen Basis weitere detaillierte Untersuchungen über die Mechanismen des Erkennungsprozesses auf zellulär-physiologischer Ebene erfolgen können.





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Lizenz:In Copyright
Urheberrechtsschutz
Fachbereich / Einrichtung:Sonstige Einrichtungen/Externe
Dokument erstellt am:27.01.2004
Dateien geändert am:12.02.2007
Promotionsantrag am:08.12.2003
Datum der Promotion:08.12.2003
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