Dokument: Augenbewegungen bei der Betrachtung und Vorstellung komplexer visueller Szenen - Untersuchungen an normalsichtigen Probanden und an Patienten mit Hemianopie oder Neglekt

Titel:Augenbewegungen bei der Betrachtung und Vorstellung komplexer visueller Szenen - Untersuchungen an normalsichtigen Probanden und an Patienten mit Hemianopie oder Neglekt
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20031211-000673-8
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Körber, Bernd [Autor]
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Dateien vom 09.02.2007 / geändert 09.02.2007
Beitragende:Prof. Dr. Stoerig, Petra [Gutachter]
Prof. Dr. Pietrowsky, Reinhard [Gutachter]
Stichwörter:Augenbewegungen, Durchmusterung, Vorstellung, Salienz, Sehen, komplexe visuelle Reize, Neglekt, Hemianopie, selektive Aufmerksamkeit, Rehabilitationimagery, eye movements, neglect, hemianopia, vision, complex visual stimuli, scanpath, attention, rehabilitation, salience
Dewey Dezimal-Klassifikation:100 Philosophie und Psychologie » 150 Psychologie
Beschreibung:In der vorliegenden humanexperimentellen Studie wurden explorative Blickbewegungsmuster während visueller Vorstellung, Betrachtung und freiem Abruf von komplexen visuellen Szenen untersucht. Übergeordnet wurde die Frage gestellt, ob man über das Messen von Augenbewegungen ermitteln kann, in wieweit sich die durchmusterten Areale bei bildlichem Vorstellen und tatsächlichem Sehen eines komplexen Stimulus unterscheiden, und ob es gemeinsame Mechanismen für die Durchmusterung solcher Stimuli gibt. Dabei sollte sich bei Vorstellung und Betrachtung primär inhaltsgeleitetes Blickverhalten zeigen. Durchmusterungsunterschiede zwischen den Sehbedingungen wurden hinsichtlich der Bedeutung spezifischer inhaltlich salienter Bildbereiche erwartet. Darüber hinaus wurde untersucht, ob sich die Durchmusterungen von Patienten mit postgenikulären Läsionen und Neglekt bei diesen Aufgaben unterscheiden.
Für normalsichtige Probanden konnte erstmals nachgewiesen werden, dass die Ausdehnung einer durchmusterten Fläche für die Vorstellung und den Abruf einer komplexen Szene kleiner ist, als bei deren tatsächlicher Betrachtung. Die einschlägigen Maße der Augenbewegungsmessung (erste Sakkade, betrachtete Fläche und Aufenthaltsdauer) lassen dann stimulusabhängig beim Vorstellen, Betrachten und Abrufen gerade in inhaltlich salienten Bildbereichen erhöhte Werte nachweisen. Unter allen Sehbedingungen folgen die Blickbewegungen bei Bildbetrachtung und -vorstellung aufmerksamkeitsbezogen den salienten Bildbereichen und in der Vorstellung verlagert sich das durchmusterte Areal zusätzlich in Richtung dieser Salienzbereiche. Parallel dazu existieren für einzelne Blickbewegungsparameter Mechanismen, die einem formalen, stimulusunabhängigen Blickverhalten folgen.
Die Analyse des Blickverhaltens hemianoper und Neglekt-Patienten mit individuellen Ausfallschablonen lieferte für komplexe visuelle Szenen Ergebnisse, dass Patienten während beider Vorstellungsaufgaben und der Betrachtung auch innerhalb des untersuchten Ausfallbereiches explorieren. Ein Großteil der Probanden exploriert in der Vorstellung im Läsionsbereich anteilig zur Gesamtdurchmusterung mehr Fläche als unter der Betrachtungsbedingung. Dabei deutet die Durchsicht der einzelnen Durchmusterungspfade an, dass für Patienten mit okzipitaler Schädigung die gesamt durchmusterte Fläche in der Vorstellung wie bei Normalsichtigen weniger ausgedehnt ist als bei der Bildbetrachtung. Im Trend durchmustern Neglekt-Patienten bei der Bildbetrachtung deutlich mehr im gesunden Bereich, während sie in den Vorstellungen deutlich mehr in den Ausfallbereich schauen. Zusätzlich verweilen alle Patienten in der Vorstellung tendenziell länger innerhalb des betroffenen Halbfeldes als bei der Betrachtung, wobei Abhängigkeiten von der Läsionsseite und der Position von bildimmanenten Salienzbereichen bestehen. Inhaltlich saliente Objekte von Interesse können in Interaktion mit blickkompensatorischem Verhalten vor allem in der Vorstellung externe Hinweisreize sein und so das Blickverhalten beeinflussen. Wie bei den Normalgesunden sprechen für chronische Patienten die Befunde für gemeinsame Mechanismen der Bilddurchmusterung bei Vorstellung und Betrachtung, die Befunde für akute Patienten weisen aber auch auf Dissoziationen zwischen den Sehbedingungen hin. Vorstellung scheint dabei initiales Explorieren des betroffenen Halbfelds zu erleichtern.
Insgesamt sprechen die vorliegenden Befunde bei Vorstellung, Betrachtung und freiem Abruf für ein vom Bildinhalt abhängiges, aufmerksamkeitsgelenktes Durchmustern komplexer visueller Szenen. Unterschiede ergeben sich hinsichtlich der Größe und Position der dabei selektiv geöffneten Aufmerksamkeitsfenster und damit der Abbildungsdimension des Stimulus. Entsprechend der Patientenätiologie deuten sich dabei Parallelen und Unterschiede in der Struktur der Bilddurchmusterungen an, die auf Gruppenspezifitäten rückschließen lassen. Die erhobenen Befunde werden im Kontext eines neurophysiologischen und eines kognitionspsychologischen Erklärungsmodells diskutiert. Konsequenzen für blickkompensatorische Rehabilitationsmaßnahmen unter Einsatz visueller Vorstellung werden erörtert.
Lizenz:In Copyright
Urheberrechtsschutz
Fachbereich / Einrichtung:Mathematisch- Naturwissenschaftliche Fakultät » WE Psychologie
Dokument erstellt am:11.12.2003
Dateien geändert am:12.02.2007
Promotionsantrag am:23.07.2003
Datum der Promotion:23.07.2003
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