Dokument: Einfluss unkonventioneller Medien auf die Selektivität ThDP-abhängiger Enzyme

Titel:Einfluss unkonventioneller Medien auf die Selektivität ThDP-abhängiger Enzyme
Weiterer Titel:Influence of non-conventional media on the selectivity of ThDP-dependent enzymes
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20130411-180814-7
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Gerhards, Tina [Autor]
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Dateien vom 02.04.2013 / geändert 02.04.2013
Beitragende:PD Dr. Pohl, Martina [Gutachter]
Prof. Dr. Bott, Michael [Gutachter]
Stichwörter:Unkonventionelle Medien, Organische Lösungsmittel, Ionische Flüssigkeiten, ThDP-abhängige Enzyme, Stereoselektivität, Chemoselektivität
Dewey Dezimal-Klassifikation:500 Naturwissenschaften und Mathematik » 570 Biowissenschaften; Biologie
Beschreibungen:Diese Arbeit beschreibt die erste umfassende Untersuchung zum Einfluss organischer Lösungsmittel und ionischer Flüssigkeiten auf die Selektivität Thiamindiphosphat (ThDP)-abhängiger Enzyme. Der Fokus lag auf der Analyse der Chemo- sowie Stereoselektivität in Gegenwart verschiedener Additive unter vergleichbaren experimentellen Bedingungen. In diesem Rahmen wurden die Einflüsse von 13 organischen Lösungsmitteln und 14 ionischen Flüssigkeiten in verschiedenen Konzentrationen auf sechs verschiedene ThDP-abhängige Enzyme untersucht. Es wurden knapp 900 Biotransformationen durchgeführt, um die gemischte Carboligation von Benzaldehyd und Acetaldehyd zu untersuchen. Vier verschiedene Produkte (Acetoin, PAC, HPP und Benzoin) können theoretisch bei dieser C-C-knüpfenden Reaktion gebildet werden, jedes in beiden enantiomeren Formen. Aus Änderungen der Chemo- und Stereoselektivität konnten Rückschlüsse auf die molekulare Wechselwirkung der organischen Lösungsmittel und ionischen Flüssigkeiten mit den Enzymen gezogen werden.
Die Ergebnisse sind im Folgenden zusammengefasst:

Einfluss organischer Lösungsmittel auf die Chemoselektivität
Die zusammenfassende Betrachtung der Ergebnisse ThDP-abhängiger Enzyme unter Einfluss organischer Lösungsmittel zeigt, dass diese zwei Trends folgen. Je ausgeprägter die Chemoselektivität der Enzyme bereits in Puffer ist, d.h. je exklusiver ein Produkt im Vergleich zu den anderen drei Produkten der Carboligation gebildet wird, desto robuster ist diese Reaktion gegenüber Einflüssen durch organische Lösungsmittel (Abbildung 39B). Darüber hinaus wurde in vielen Fällen eine Verschiebung der Chemoselektivität der Enzyme zum kleineren Produkt beobachtet. Dies geschieht auf Kosten der Synthese des größeren Produkts in Gegenwart organischer Lösungsmittel (Abbildung 39B). Diese beiden dominanten Tendenzen werden allerdings zum Teil durch weitere, weniger dominante Effekte beeinflusst.

Einfluss organischer Lösungsmittel auf die Stereoselektivität
Die zusammenfassende Betrachtung der Einflüsse organischer Lösungsmittel auf die Stereoselektivität ThDP-abhängiger Enzyme zeigte ebenfalls zwei Trends (IV.4.1): Ein Enzym, welches in Puffer die Bildung eines Produkts mit sehr gutem ee (> 99 %) katalysiert, lässt sich in seiner Stereo¬selektivität für dieses Produkt durch organische Lösungsmittel nicht beeinflussen (Abbildung 44). Dies liegt vermutlich an der relativ hohen Stabilisierungsenergie der Akzeptoraldehyde unmittelbar vor der Carboligation. Reaktionen mit geringerer Stereoselektivität unterliegen dem-gegenüber größeren Schwankungen, weil in diesem Fall die Orientierung der Akzeptor¬aldehyde nicht eindeutig ist. So wurde eine Verschiebung der Selektivität von einer R Selektivität in Puffer hin zu einer S Selektivität genauso beobachtet wie gegenläufige Selektivitätsverschiebungen. Auch eine Verbesserung der in Puffer gemessenen R Selektivität war möglich. Die Verbesserung einer S Selektivität ThDP-abhängiger Enzyme wurde hingegen durch organische Lösungsmittel nicht beobachtet (Abbildung 44). Als Erklärung hierfür konnte die selektive Blockade einer speziellen Struktur, der sogenannten S Tasche, ver¬ant¬wort¬lich gemacht werden, die in fünf von sechs untersuchten Enzymen vorhandenen ist (IV.4.1). Durch experimentelle sowie computergestützte (IV.5) Unter¬suchungen zur Stabilisierung organischer Lösungsmittel in der S-Tasche der Enzyme wurde gezeigt, dass organische Lösungsmittel in Abhängigkeit ihrer Größe sowie ihrer Polarität in der Lage sind, mit dem Substrat um die Besetzung der S-Tasche zu konkurrieren und damit eine S selektive Synthese von 2-Hydroxyketonen zu beeinträchtigen.

Einfluss ionischer Flüssigkeiten auf die Chemoselektivität
Der Einfluss ionischer Flüssigkeiten auf ThDP-abhängige Enzyme ist analog zu dem von organischen Lösungsmitteln, jedoch schwächer ausgeprägt. Die Chemo-selektivität von sehr selektiven Synthesen wird weniger stark beeinflusst als unselektivere Reaktionen. Zudem scheint in vielen Fällen eine Verschiebung zum kleineren Produkt aufzutreten.

Einfluss ionischer Flüssigkeiten auf die Stereoselektivität
Auch der Einfluss ionischer Flüssigkeiten auf die Stereoselektivität der untersuchten Enzyme entspricht dem der organischen Lösungsmittel. Wie beim Einfluss auf die Chemoselektivität ist die Ausprägung der Effekte nicht so groß wie die durch organische Lösungsmittel hervorgerufene. Jedoch zeigt sich auch hier, dass eine sehr selektive Synthese nicht durch ionische Flüssigkeiten beeinträchtigt wird (Abbildung 51). Unselektive Synthesen unterliegen durch ionische Flüssigkeiten induzierten Schwankungen. Für die S selektive Carbo¬ligation zeigt sich auch bei Zugabe ionischer Flüssigkeiten keine signifikante Verbesserung. Unter¬suchungen die Verminderung der S Selektivität mit einer selektiven Blockade der S Tasche zu belegen (IV.4.2.2), waren nicht so eindeutig wie im Fall der organischen Lösungs-mittel. Ionengröße sowie Interaktion der Ionen mit ihrem Gegenion scheinen bei ionischen Flüssigkeiten eine zentrale Rolle zu spielen. Allerdings zeigt sich der Einfluss dieser Additive komplexer als der von organischen Lösungsmitteln. Diese Tatsache ist wahrscheinlich durch den komplizierteren chemischen Aufbau und weitere, bisher unverstandene Effekte bedingt.

This work constitutes the first comprehensive study on the influence of organic solvents and ionic liquids on the selectivity of thiamine diphosphate (ThDP)-dependent enzymes. The focus of this work was the analysis of chemo- and stereoselectivity in the presence of various additives under comparable experimental conditions. In this context the influence of 13 organic solvents and 14 ionic liquids in various concentrations on six different ThDP-dependent enzymes was examined. Almost 900 biotransformations were performed to analyze the mixed carboligation of benzaldehyde and acetaldehyde. Here, theoretically four different products (acetoin, PAC, HPP and benzoin) are formed, each in both enantiomeric forms. From changes in the chemo- and stereoselectivity conclusions can be drawn concerning the molecular interaction of organic solvents and ionic liquids. The results are summarized below:

Influence of organic solvents on the chemoselectivity
The analysis of the results shows, that the influence of organic solvents on ThDP-dependent enzymes follows two general trends. The more pronounced the chemoselectivity of an enzyme in buffer, meaning the more exclusively a product is formed in comparison to the other three possible products of the carboligation, the more robust this reaction is against influences due to organic solvent addition (Figure 39B). Moreover, in many cases a shift in the chemoselectivity of the enzymes was observed in the direction of the smaller product. This happens at the expense of the synthesis of the larger product in the presence of organic solvents (Figure 39B). However, these two major trends are influenced by other, less dominant effects.

Influence of organic solvents on the stereoselectivity
The overall consideration of the effects of organic solvents on the stereoselectivity of ThDP-dependent enzymes also followed two trends (IV.4.1): An enzyme that catalyzes the formation of a product with excellent ee (> 99 %) in buffer cannot be influenced concerning its stereoselectivity for this product by organic cosolvents (Figure 44). This is probably due to the relatively high energy of stabilization of the acceptor aldehyde directly before carboligation. Reactions with lower stereoselectivity are underlying comparatively large changes because in this case the orientation of the acceptor aldehyde is not decisive. Selectivity shifts of an initial R selectivity in buffer towards S-selectivity were observed as well as shifts in the opposite direction. Also, an improvement of initial R-selectivity in buffer was possible by some solvents. However, an improvement of an S selectivity could not be observed (Figure 44). This observation could be explained by a selective blockade of the so-called S-pocket, a structural element, which is present in five of the six enzymes (IV.4.1). By experimental and computational (IV.5) investigations, a direct interaction of the organic solvent molecules with the S-pocket was demonstrated, depending on the size and polarity of the solvent.

Influence of ionic liquids on the chemoselectivity
The influence of ionic liquids on ThDP-dependent enzymes corresponds to the influence of organic solvents. The effects observed in the presence of ionic liquids, were similar but less pronounced compared to effects of organic solvents. A comparable trend is that the chemoselectivity of highly selective biotransformation is less affected than the selectivity of nonselective biotransformations. Moreover, in many cases a shift to the smaller product occurs.

Influence of ionic liquids on the stereoselectivity
Also the influence of ionic liquids on the stereoselectivity of the studied enzymes corresponds to the influence observed with organic cosolvents, but are again less pronounced. A very selective synthesis is not influenced by ionic liquids (Figure 51). Less selective syntheses underlie fluctuations induced by ionic liquids. For the S selective carboligation, there is also no significant improvement due to the addition of ionic liquids. Studies, explaining the decrease of the S-selectivity with a selective blockade of the S-pocket (IV.4.2.2), were not as clear as in case of organic solvents. Ion size, as well as the interaction with the counter ion appears to play a crucial role. However, the influence of ionic liquids seems to be more sophisticated than the influence of organic solvents. This fact is probably due to their complex chemical structure and currently unknown effects.
Lizenz:In Copyright
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Fachbereich / Einrichtung:Mathematisch- Naturwissenschaftliche Fakultät
Dokument erstellt am:11.04.2013
Dateien geändert am:11.04.2013
Promotionsantrag am:12.09.2012
Datum der Promotion:25.10.2012
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