Dokument:
Untersuchungen zum Vorkommen und zur
Ökologie neophytischer Amaranthaceae und Chenopodiaceae in der
Ufervegetation des Niederrheins
Titel: | Untersuchungen zum Vorkommen und zur Ökologie neophytischer Amaranthaceae und Chenopodiaceae in der Ufervegetation des Niederrheins | |||||||
URL für Lesezeichen: | https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=2294 | |||||||
URN (NBN): | urn:nbn:de:hbz:061-20020201-000294-4 | |||||||
Kollektion: | Dissertationen | |||||||
Sprache: | Deutsch | |||||||
Dokumententyp: | Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation | |||||||
Medientyp: | Text | |||||||
Autor: | Schmitz, Ulf [Autor] | |||||||
Dateien: |
| |||||||
Beitragende: | Prof. Dr. Lösch, Rainer [Gutachter] Prof. Dr. Jahns, Hans-Martin [Gutachter] | |||||||
Stichwörter: | Ufervegetation, Neophyten, Klimaänderung, Einbürgerung,Amaranthus, Chenopodium, Amaranthaceae, Chenopodiaceae, Einwanderung, C4floodplain vegetation, neophytes, climate change, naturalization,Amaranthus, Chenopodium, Amaranthaceae, Chenopodiaceae, biologicalinvasions, C4 | |||||||
Dewey Dezimal-Klassifikation: | 500 Naturwissenschaften und Mathematik » 570 Biowissenschaften; Biologie | |||||||
Beschreibung: | Auf den Sand- und Kiesbänken des Niederrheins zwischen Monheim und der niederländischen Grenze konnten bei Geländebegehungen acht Arten der Amaranthaceae und elf Arten der Chenopodiaceae festgestellt werden. Davon sind nur sieben Arten einheimisch oder archäophytisch. Vier Arten der Chenopodiaceae und alle acht Arten der Amaranthaceae sind Neophyten für Mitteleuropa. Zahlreiche weitere Arten beider Familien wachsen nur unbeständig in Hafenanlagen, konnten an naturnahen Standorten des Flussufers aber noch nicht gefunden werden. Betrachtet man die Einwanderungs- und Einbürgerungsgeschichte, kann man feststellen, dass die meisten der neophytischen Arten schon seit dem 19. Jahrhundert in Mitteleuropa immer wieder unbeständig an Güterumschlagplätzen nachgewiesen wurden. Es kam jedoch nur bei Amaranthus retroflexus, der aus gemäßigten Breiten stammt, zu einer frühzeitigen Einbürgerung in den 1820er Jahren. Andere Arten, die aus wärmeren Klimazonen stammen, konnten sich erst später einbürgern. Eine größere Einbürgerungswelle am Rheinufer war vor allem in den 1980er und 1990er Jahren festzustellen. Vegetationskundlich zeigen die eingebürgerten Amaranthus- und Chenopodium-Arten am natürlichen Standort ihren Verbreitungsschwerpunkt im Polygono brittingeri-Chenopodietum rubri. Chenopodium pumilio ist inzwischen am Niederrhein in so hoher Stetigkeit und Treue an diese Gesellschaft gebunden, dass diese Art als regionale Trennart des Polygono-Chenopodietums gelten kann. Der Vergleich zwischen den aktuellen und unterschiedlich alten Vegetationsaufnahmen des Polygono-Chenopodietums vom Rheinufer des Mittel- und Niederrheins zeigt einen deutlichen Anstieg der neophytischen Amaranthaceae und Chenopodiaceae in dieser Gesellschaft von 1964 bis zur Jahrtausendwende. Blattquerschnitte der einheimischen und neophytischen Chenopodiaceae sowie der Amaranthaceae wurden lichtmikroskopisch auf die für C4-Pflanzen typische Blattanatomie hin untersucht und fotografisch dokumentiert. Zusätzlich wurden bisher veröffentlichte Listen bekannter C4-Pflanzen verglichen. Alle untersuchten Amaranthaceae zeigen Kranzzellen mit zentripetalen Chloroplasten, wie sie für aspartatbildende C4-Pflanzen typisch sind. Dies gilt auch für Amaranthus bouchonii, der hier erstmals explizit als eigenständige Art untersucht wurde. In der Literatur waren bislang nur Angaben zum "Amaranthus hybridus agg." zu finden, aus der sich diese vermutlich in Europa neu entstandene Sippe entwickelt hat. Dagegen sind alle untersuchten Chenopodiaceae bis auf Salsola kali C3-Pflanzen. In Abhängigkeit vom Nährstoffgehalt des Bodens zeigen die untersuchten Arten sehr unterschiedliche Wuchshöhe und Biomasseproduktion. Diese wurden mit Kulturversuchen unter verschiedenen Nährstoffgehalten des Bodens quantifiziert. Am natürlichen Standort des Flussufers sowie auf Ackerstandorten genommene Bodenproben wurden auf ihren Nitratgehalt analysiert. Hierzu wurde die Wuchshöhe der dort vorkommenden Amaranthaceae und Chenopodiaceae in Beziehung gesetzt, wobei sich eine im Vergleich zum Kulturversuch starke Streuung ergab, die auf den Einfluss weiterer modifikativer Faktoren wie Keimungszeitpunkt, Tageslänge und Temperatur zurückgeführt werden muss. Eine Untersuchung der Schwimmfähigkeit der Diasporen ergab für die meisten Arten gute Anpassung an Hydrochorie. Dabei zeigten die Früchte von Chenopodium ficifolium die weitaus längste Schwimmfähigkeit. Die geringste Schwimmfähigkeit zeigten die Früchte des Steppenrollers Corispermum leptopterum. Keimungszeitpunkt und Keimungsrate wurden bei der Mehrzahl der Arten durch eine vorherige Lagerung der Früchte in Wasser gefördert. Alle untersuchten neophytischen Arten (bis auf Amaranthus powellii) wurden erst durch Temperaturen über 30 °C zu reichlicher Keimung angeregt. Weitere Keimungsexperimente mit Samen verschiedenen Alters zeigten, dass die Samen der Amaranthus-Arten (bis auf A. blitoides) und von Chenopodium glaucum auch noch nach mehrjähriger Lagerung eine hervorragende Keimfähigkeit besitzen. Die übrigen Chenopodiaceae zeigten nach mehreren Jahren leichte Einbußen in der Keimungsrate. Ein Kulturversuch, bei dem Samen dreier eingebürgerter und zweier ephemerer Amaranthus-Arten in wochenweisem Abstand von Mitte Juni bis Mitte September ausgesät wurden, zeigte eine deutliche Abnahme von Wuchshöhe und Biomasse aller fünf Arten, je später im Jahr diese gekeimt waren. Dabei konnten jedoch die beiden eingebürgerten und häufigen Arten A. retroflexus und A. powellii bei erst im August gekeimten und zwergwüchsigen Pflanzen noch spät im Jahr Samen produzieren, während der eingebürgerte, aber seltenere A. albus bis spätestens Ende Juli zur Keimung gelangt sein musste, um noch reife Samen hervorzubringen. Die beiden ephemeren Arten A. cruentus und A. spinosus mussten noch früher im Jahr zur Keimung gelangen, um noch reife Samen produzieren zu können. Dieses unterschiedliche Verhalten, das sich mit dem Einbürgerungsstatus der Arten deckt, zeigt den artspezifisch erforderlichen Mindestzeitraum der Entwicklungsperiode, die am Rheinufer von der Freigabe der Sand- und Kiesbänke durch sommerliche Hochwasser einerseits und dem Beginn der kalten Jahreszeit andererseits limitiert ist. Dieser Zeitraum ist gerade angesichts der Zunahme von Hochwassersituationen des Rheins zur Sommerzeit eine Überlebensfrage für die einjährigen Arten der Ufervegetation. Bei einem Vergleich zweier eingebürgerter (Amaranthus powellii, A. bouchonii) und zweier nur ephemer in Häfen auftretender (A. cruentus, A. spinosus) Amaranthus-Arten, die unter einem Temperaturgradienten kultiviert wurden, zeigte sich, dass insbesondere die ephemeren Arten mit einem starken Zuwachs an Biomasse und damit auch Samenproduktion schon auf leicht erhöhte Bodentemperaturen (0,5 °C) reagierten. Es ist in Zukunft damit zu rechnen, dass ein Anstieg der Durchschnittstemperatur im Rahmen des Klimawandels ephemeren Arten, die bislang nur in den Häfen aufgetaucht sind, zu einer Einbürgerung am Rheinufer verhelfen könnte. Diese Einbürgerungsprozesse in die lückige und offene Sand- und Kiesbankvegetation stellen keine Gefahr der Verdrängung heimischer Arten dar. Vielmehr sind die neophytischen Amaranthaceae und Chenopodiaceae genau zu beobachtende Bioindikatoren einer Welt im globalen Klimawandel. | |||||||
Lizenz: | Urheberrechtsschutz | |||||||
Fachbereich / Einrichtung: | Mathematisch- Naturwissenschaftliche Fakultät » WE Biologie | |||||||
Dokument erstellt am: | 01.02.2002 | |||||||
Dateien geändert am: | 12.02.2007 | |||||||
Promotionsantrag am: | 01.02.2002 | |||||||
Datum der Promotion: | 01.02.2002 |