Dokument: Je suis belle, ô mortels! Baudelaires plastischer Traum und die Skulptur im 19. Jahrhundert

Titel:Je suis belle, ô mortels! Baudelaires plastischer Traum und die Skulptur im 19. Jahrhundert
Weiterer Titel:Je suis belle, ô mortels! Baudelaires Dream of Sculpture and Sculpture in the 19th Century.
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20120320-143733-4
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Brooks-Dammann, Susan [Autor]
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Dateien vom 06.03.2012 / geändert 06.03.2012
Stichwörter:Baudelaire, Skulptur, 19. Jahrhundert, Kunst
Dewey Dezimal-Klassifikation:700 Künste und Unterhaltung » 730 Plastik, Keramik, Metallkunst
Beschreibung:Charles Baudelaires Versuch über die Skulptur erstreckt sich über gerade einmal drei kurze Salonberichte, in denen es Baudelaire gelingt, eingebettet in den größeren Zusammenhang seiner Ästhetik, eine Theorie der Skulptur des 19. Jahrhunderts zu entwickeln, die das vollkommen neue Verständnis von Skulptur zeigt, das sich im Verlaufe des 19. Jahrhunderts noch entwickeln sollte. Baudelaires Theorie fußt zum Teil auf den traditionellen Begriffen der älteren Kunsttheorie. So sind die Kategorien von Ordnung, Moral und Schönheit auch für Baudelaires Verständnis von Kunst außerordentlich bedeutsam. Ergänzt werden diese Kategorien durch die neueren Begriffe Originalität, Einbildungskraft und Flüchtigkeit. Diese Kategorien werden durch die Suche nach dem „Mehr“ der Kunst, nach dem „Surnaturalisme“ bestimmt, was dazu führt, daß Baudelaires Ästhetik in ihrer Gänze kaum noch mit Begriffen zu fassen ist. Kunst, statt wie noch unter der Akademiedoktrin als etwas Lehr- und Lernbares aufgefaßt zu werden, erhält bei Baudelaire eine ungreifbare, phantomhafte Qualität, die, in ihrer extremen Subjektivität, zweifelhaft werden läßt, daß das Künstlerische eines Werkes außerhalb des Subjekts erfaßt werden kann, sprich: objektiv nachvollzogen werden kann.
Daß es dennoch möglich ist, die Kategorien Baudelaires für die Kunstbetrachtung fruchtbar zu machen, zeigt die Betrachtung der Werke der, wie Baudelaire sie nennt, „Karaiben und Barbaren“. Diese „Karaiben und Barbaren“, die blinden Anhänger der Antike wie James Pradier es gewesen ist, die Realisten, für die hier stellvertretend David D‘Angers steht, sowie die Geistreichen der Kunst, Künstler wie Emmanuel Frémiet, waren, so Baudelaire, nicht in der Lage, „wahre“ Kunst zu schaffen, da sie gegen die Moral des Künstlerischen verstoßen haben. Indem sie sich nicht auf die Suche nach dem „Mehr“ begeben haben, sondern sich statt dessen der Akademiedoktrin, dem Publikum oder aber der Realität unterworfen haben, waren sie nicht mehr in der Lage, in Baudelaires Augen, Kunst zu schaffen, die bedeutet.
Es ist jedoch sehr wohl möglich, Kunst zu schaffen, die Baudelaires Vorstellungen im Kunstwerk zum Vorschein bringt; dies zeigen uns Ernest Christophe, Jean-Baptiste Clésinger, Edgar Degas, Jean-Leon Gérôme und Auguste Rodin. Jeder dieser Künstler, so unterschiedlich ihre Werke auch sein mögen, war in der Lage, über das bloß Äußerliche der Kunst hinauszudenken und Kunst zu schaffen, die bedeutet, die das „Mehr“ in sich zum Ausdruck bringt. Dabei sind sie über das Abzubildende, das Sujet hinausgegangen, das in seiner Bedeutung verlor. Es läßt sich im Schaffen dieser Künstler nachvollziehen, daß auch in der bildlichen Kunst das Sagbare, Definierbare an Bedeutung verliert. Das Kunst-Ding wird bei ihnen bedeutsam, nicht Kunst als Stellvertreterin für etwas anderes.
Doch vergessen wir nicht die Gefahr dieses Vorganges: In der Selbstbespiegelung, die in Baudelaires Denken zentral ist, kann es passieren, daß die Kunst im endlosen Kreisen um sich selbst das Außen vergißt. Was aber passiert mit der Kunst, die zu viel oder zu wenig „Außen“ enthält? Das Kunst-Ding, das geschaffen wird, gewinnt erst in der Einbeziehung der sichtbaren Realität seine Bedeutung. Ohne diesen Zeitbezug besteht die Gefahr des Abgleitens in das rein Dekorative. Nur das Außen anzuerkennen, bringt auf der anderen Seite das Werk in Gefahr, zur bloßen Reportage zu verkommen. In jedem Fall jedoch verlieren die traditionelle Denkmuster ihren Wert, da sie nicht in der Lage sind, das Je-ne-sais-quoi der Kunst anzuerkennen, von der eigentlich untrennbaren und doch obsoleten Verknüpfung des Objektes mit Inhalt, Sujet und Form abzulassen. Baudelaire hingegen gibt uns die Möglichkeit dazu.
Lizenz:In Copyright
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Fachbereich / Einrichtung:Philosophische Fakultät » Seminar für Kunstgeschichte
Dokument erstellt am:20.03.2012
Dateien geändert am:20.03.2012
Promotionsantrag am:15.07.2009
Datum der Promotion:26.01.2010
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