Dokument: Evaluation des RheumaCheck Express als ein neuer Ansatz zur Früherkennung entzündlich-rheumatischer Erkrankungen in der Bevölkerung

Titel:Evaluation des RheumaCheck Express als ein neuer Ansatz zur Früherkennung entzündlich-rheumatischer Erkrankungen in der Bevölkerung
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20110912-150814-4
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Heinert, Jeannette [Autor]
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Dateien vom 15.08.2011 / geändert 15.08.2011
Dewey Dezimal-Klassifikation:600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit
Beschreibung:Entzündlich-rheumatische Erkrankungen gehören mit einer Prävalenz von 2-3% zu den wichtigsten therapiebedürftigen Krankheitsbildern in Deutschland und betreffen nicht nur ältere sondern häufig auch jüngere Menschen. Die rheumatoide Arthritis ist unter den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen mit etwa 50% besonders verbreitet und weist eine Prävalenz von 0,1-1,2% auf. Unbehandelt führt sie zur fortschreitenden Zerstörung des Knorpels und des Knochen mit nachfolgendem Verlust von Gelenkfunktion. Außer Schmerzen, Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates und verminderter Lebenserwartung bei den Betroffenen hat die rheumatoide Arthritis auch volkswirtschaftliche Auswirkungen zur Folge. Die hohen „direkten“ und „indirekten Kosten“ lassen sich nur durch frühzeitige Diagnosestellung und rechtzeitigen Therapiebeginn senken. Studien haben gezeigt, dass sich der Beginn der Basistherapie in einem Zeitraum von 3 Monaten – dieses Zeitfenster wird als „window of opportunity“ bezeichnet –am effektivsten auf die Erkrankung auswirkt. Aufgrund von Defiziten in der rheumatologischen Versorgung in Deutschland und der damit zusammenhängenden langen Latenzzeit zwischen dem Symptombeginn und der Erstvorstellung beim Rheumatologen stellt dieses kurze Zeitfenster ein schwerwiegendes Problem dar.

Als ein neuer Ansatz zur Verkürzung der aktuellen Latenzzeit und somit zur Verbesserung der Versorgungssituation und Behandlungsperspektiven der RA-Patienten wurde der RheumaCheck Express entwickelt, der in dieser Arbeit als ein neues Instrument zur Früherkennung vorgestellt und evaluiert werden sollte. Der für diesen Zweck umgestaltete und mit dem Motto „Frühe Erkennung - Frühe Diagnose - Frühe Therapie“ ausgestattete Bus fuhr 31 Tage lang (12.10.2007-17.11.2007) durch 24 Städte des Ruhrgebiets und bot den Interessenten die Möglichkeit zur Teilnahme an zwei Tests auf entzündlich-rheumatische Erkrankung an. Dabei handelte es sich um den RheumaCheck (ein Screening-Fragebogen für entzündlich-rheumatische Erkrankungen) und den vom Unternehmen ORGENTEC neu entwickelten Blutschnelltest „rheumachec®“ zum Nachweis von zwei Antikörpern (RF und anti-MCV). Die Teilnehmer, die Gelenkbeschwerden oder positive Ergebnisse in den Tests aufwiesen, wurden von dem sich im Bus befindenden Rheumatologen anamnestisch sowie kurz körperlich untersucht und erhielten bei Verdacht auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung einen Termin innerhalb der nächsten 14 Tage in die rheumatologischen Praxis/Klinik des Buspaten zur diagnostischen Abklärung.

Während der Tour informierten sich 2691 Interessenten über das Projekt sowie über entzündlich-rheumatische Erkrankungen, 2615 (97,2%) von ihnen ließen sich dem Rheuma-Screening unterziehen. Dabei fiel der RheumaCheck bei insgesamt 313 Besuchern (12% von 2615) positiv aus. Von den 68 Patienten mit der in der Praxis diagnostizierten entzündlich-rheumatischen Erkrankung (ausgenommen SpA, da für diese Krankheitsgruppe der Fragebogen nicht konzipiert ist), war der RheumaCheck bei 24 Patienten (35,3%) positiv. Von den 104 Patienten mit einer diagnostizierten SpA oder einer ausgeschlossenen entzündlich-rheumatischen Erkrankung fiel der RheumaCheck bei 29 Patienten (27,9%) positiv aus. Dies ergibt eine diagnostische Sensitivität des RheumaCheck-Fragebogens von 33,3% und eine Spezifität von 72,1%.

Von 2615 Besuchern unterzogen sich 2519 Teilnehmer dem rheumachec®-Bluttest. 1138 Besucher (45,2% von 2519) waren dabei RF-positiv und bei 258 (10,2% von 2519) konnten MCV-Antikörper nachgewiesen werden. Für beide Antikörper waren 240 Teilnehmer (9,5% von 2519) positiv und 1363 Teilnehmer (54,1% von 2519) negativ getestet. Von den 54 Teilnehmern mit einer in der Praxis sichergestellten rheumatoiden Arthritis hatten 91% einen positiven RF, bei 61% wurden MCV-Antikörper nachgewiesen und 59% waren positiv sowie 7% negativ für beide Antikörper. Von den 117 Teilnehmern mit einer in der Praxis ausgeschlossenen RA waren 74% RF-positiv, 40% anti-MCV-positiv, bei 38% fiel der Test für beide Antikörper positiv und bei 23% negativ aus. Die Sensitivität von RF betrug dabei 91%, die Spezifität 26%; bei anti-MCV lag die Sensitivität bei 61% und die Spezifität bei 60%. Bei beiden Antikörpern erhöhte sich die Sensitivität auf 93% und die Spezifität verringerte sich auf 23%.

1330 Teilnehmer (50,9% von 2615) wurden vom Rheumatologen im Bus interviewt und bei 319 Teilnehmern (24% von 1330) wurde ein Verdacht auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung (darunter 175 RA, 94 SpA und 18 Kollagenosen) dokumentiert. Bei 638 Teilnehmern (48,0% von 1330) wurde eine degenerative Erkrankung vermutet und bei 373 Besuchern (28,1% von 1330) wurden keine Hinweise auf das Vorliegen einer Gelenkerkrankung gefunden. Von den 319 Besuchern, bei denen im RheumaCheck Express Verdacht auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung geäußert wurde, haben 172 (54%) den angebotenen Termin in einer rheumatologischen Praxis wahrgenommen. Bei der Überprüfung der Verdachtsdiagnosen konnte bei 84 Patienten (48,8% von 172) die Diagnose einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung bestätigt werden. Davon wurden bei 54 (31,4% von 172) Teilnehmern rheumatoide Arthritis, bei 16 (9,3%) Spondyloarthritis, bei 1(0,6%) SLE, bei 2 (1,2%) Sklerodermie, bei 2 (1,2%) Sjögren-Syndrom und bei 4 (2,3%) Raynaud-Syndrom diagnostiziert. Bei 5 Teilnehmern (3%) wurde keine genauere Diagnose angegeben. Bei 45 Patienten (26,2% von 172) wurde eine degenerative Erkrankung diagnostiziert und bei 43 Patienten (25% von 172) konnte sowohl eine entzündlich-rheumatische als auch eine degenerative Erkrankung ausgeschlossen werden. Die rheumatoide Arthritis war dabei mit 31,4% aller in der Praxis untersuchten Patienten (n=172) die häufigste Diagnose. Sie konnte somit bei 2,07% aller 2615 Teilnehmer gestellt werden und beträgt mehr als das Doppelte der RA-Prävalenz in der erwachsenen Allgemeinbevölkerung.

Durch weitere Optimierung der Screeninginstrumente sind die Ergebnisse der RheumaCheck Express – Tour noch steigerungsfähig. Die während der Tour erzielten Ergebnisse haben gezeigt, dass das Projekt grundsätzlich seinen Zweck erfüllt und somit zur Verbesserung der rheumatologischen Versorgung insbesondere durch Verkürzung der Latenzzeit bis zur Erstvorstellung beim Rheumatologen beitragen kann.
Lizenz:In Copyright
Urheberrechtsschutz
Fachbereich / Einrichtung:Medizinische Fakultät
Dokument erstellt am:12.09.2011
Dateien geändert am:12.09.2011
Promotionsantrag am:16.03.2010
Datum der Promotion:12.07.2011
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