Dokument: Einfluss von Signalbotenstoffen auf das Wachstum und die Differenzierung muriner, neuraler Stammzellen

Titel:Einfluss von Signalbotenstoffen auf das Wachstum und die Differenzierung muriner, neuraler Stammzellen
Weiterer Titel:Effect of cytokine on Proliferation and Differentiation of mouse neural stemcells
URL für Lesezeichen:https://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=18226
URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20110526-095126-5
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor:Dipl.Biol. Wellen, Jennifer Mag [Autor]
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Dateien vom 16.05.2011 / geändert 16.05.2011
Beitragende:Prof. Dr. Jander, Sebastian [Gutachter]
Prof. Dr. Rose, Christine R. [Gutachter]
Stichwörter:Stammzellen, Maus, Zytokine, Interferone, Differenzierung, Proliferation, ZNS, Multiple Sklerose
Dewey Dezimal-Klassifikation:500 Naturwissenschaften und Mathematik » 570 Biowissenschaften; Biologie
Beschreibungen:Die vorliegende Dissertation wurde angefertigt, um die Einflüsse von inflammatorischen Zytokinen auf neurale Stammzellen zu untersuchen. Sie haben das Potential strukturelle Veränderungen im ZNS geringfügig wieder zu regenerieren. Da neurale Stammzellen bis ins hohe Alter des Menschen im ZNS zu finden sind und in alle Zelltypen differenzieren können, entwickelten sich verschiedenste Stammzell-basierte Strategien, degeneriertes Gewebe, wie z.B. Nervenzellen, durch Stammzellen zu ersetzen. Bei der Entstehung von Krankheitsbildern wie Morbus Parkinson, Morbus Alzheimer oder Multipler Sklerose spielen inflammatorische Reaktionen oft eine große Rolle. Inflammatorische Prozesse führen zur Sekretion von Zytokinen durch Zellen der Immunabwehr und wirken sich auf umliegende Gewebszellen aus. Verschiedenste Signaltransduktionswege, die durch Zytokine angeschaltet werden, können wiederum die Expression von hunderten Genen aktivieren und vielfältige Funktionen induzieren. Insbesondere die Interferone werden therapeutisch bei viralen Infektionen, neurodegenerativen Erkrankungen oder in der Tumortherapie eingesetzt. Interferon-β war beispielsweise ein Meilenstein in der Therapie von schubförmig-remittierender Multipler Sklerose.

In der vorliegenden Arbeit wurde die Wirkung der drei proinflammatorischen Zytokine IFN-ß, IFN-γ and TNF-α untersucht.
Vorrausetzung für die Wirkung von Zytokinen ist die Ausstattung der Zellen mit spezifischen Rezeptoren, die mittels der Methoden der PCR auf mRNA Ebene und der Expression der Rezeptoren auf Proteinlevel über die Immunzytochemie überprüft wurden.
Neurale Stammzellen exprimieren nachweislich die Untereinheiten für den IFN-αβ Rezeptor, beide Untereinheiten für den IFN-γ Rezeptor und den TNF-αβ Rezeptor I (p55). Der Rezeptor TNF-αβ Rezeptor II (p75) konnte sowohl auf Gen, als auch auf Proteinebene nicht nachgewiesen werden.
Da aus der Literatur bekannt war, daß Zytokine eine antiproliferative Wirkung auf, z.B. hämatopoetische Progenitor-Zellen haben (Carlo-Stella et al., 1987), wurde mit Hilfe des MTT-Testes eine mögliche Wirkung der Zytokine auf die Populationsgröße von neuralen Stammzellen untersucht. Der MTT-Test ist ein kolorimetrischer Nachweis für die Aktivität mitochondrialer Enzyme in vitalen Zellen, welcher Aufschluss darüber gab, daß alle drei Zytokine in unterschiedlichen Graden die Größe der Stammzell-Population inhibierten. Eine Interferon Behandlung führte bereits 24 und 48h später bei den höchsten Konzentrationen von 1000U und 100U pro ml, im Vergleich zu unbehandelten Proben, zu einer reduzierten Populationsgröße. Insbesondere IFN-γ stellte sich in den Experimenten als das Zytokin mit der stärksten Wirkung dar. TNF-α behandelte Zellen zeigten lediglich nach 24h bei den Konzentrationen von 100ng und 10ng pro ml eine leichte, inhibierte Extension der Population.
Um zu klären, ob die Populationsgröße durch Proliferationshemmung, oder durch Zytotoxizität verursacht wurde, sind die Zytokin behandelte Zellen mit Hilfe eines Caspase-Test und immunzytochemischen Färbungen mit dem Wachstumsmarker BrdU genauer untersucht worden. Bei dem Wachstumsmarker BrdU handelt es sich um ein Basen-Analogon, welches anstelle von Thymidin in die DNA, sich teilender Zellen, eingebaut wird. Wenn die Hemmung der Populationsgröße durch einen antiproliferativen Effekt begründet ist, so sollte die Anzahl BrdU positiver Zellen bei behandelten Zellen, im Vergleich zu unbehandelten, geringer sein. Mögliche zytotoxische Effekte der Interferone werden durch einen Anstieg von apoptotischen Enzymen wie z.B. Caspase 3 und 7 sichtbar.
Interferon-β stellte sich anhand von weniger BrdU positiven Zellkernen nach 24h als antiproliferatives und leicht zytotoxisches Zytokin dar. Die Wirkung von IFN-γ war dagegen durch einen sehr starken zytotoxischen Effekt, welcher nach 48h bei hohen und auch niedrigen Konzentrationen zu sehen war, begründet. Werden beide Interferone miteinander verglichen, so ist festzustellen, daß Interferon-β seine Wirkung vermehrt über antiproliferative Wirkung vermittelt, während der Wachstum der Population durch IFN-γ primär durch Zytotoxizität inhibiert wird. Im Gegensatz zur Interferon Behandlung neuraler Stammzellen zeigte sich TNF-α nach 48h Inkubationszeit bei den beiden höchsten Konzentrationen von 100ng und 10ng/ml nur leicht toxisch. Die Anzahl BrdU positiver Zellen blieb, im Vergleich zu den unbehandelten Zellen, völlig unverändert.

Zytokine sind in der Lage über den Jak/Stat-Signaltransduktionsweg die Expression von circa 300 verschiedenen Genen zu verändern (Der et al., 1998). Um zu klären, ob Zytokine auch einen Einfluss auf wichtige Gene der Differenzierung von neuralen Stammzellen haben, wurde mit Hilfe der PCR und der Immunzytochemie, die Differenzierung unter Zytokin Einfluss, überprüft. Insbesondere die veränderte Differenzierung der neuralen Stammzellen in Astrozyten und Nervenzellen, waren von großem Interesse. Fünf verschiedene Marker wurden für diese Untersuchung verwendet. Nestin ist ein Marker für unreife und undifferenzierte Stammzellen. Map2a-c sowie β-tubulin III sind gängige Marker für die Differenzierung von Stammzellen in Nervenzellen und als Marker für die gliale Differenzierung wurden GFAP sowie PDGFRα untersucht.
IFN-β und vor allem IFN-γ wirkten sich auf die Expression der zwei Zellmarker β-tubulin III und GFAP aus. Neurale Stammzellen exprimieren 24h nach IFN-Behandlung vermehrt β-tubulin und GFAP im Vergleich zu unbehandelten Zellen. Vor allem IFN-γ zeigte eine verstärkte Regulation der beiden Gene. Im Gegensatz dazu induzierte TNF-α eine verminderte Regulation des neuronalen Markers Map2a-c.
Eine veränderte Regulation der drei Marker unter Zytokin Einfluss kann ein Hinweis auf eine beginnende Differenzierung sein. Morphologische Experimente durch immunzytochemische Färbungen sollten diese Hypothese bestätigen.
Wie zu erwarten, konnten die Ergebnisse der PCR durch die Immunzytochemie nochmals repliziert werden. Interferon behandelte Zellen zeigten auch auf Proteinebene eine verstärkte Expression von GFAP sowie β-tubulin III und überraschender Weise eine veränderte Morphologie der Zellen. Die Behandlung mit IFN-γ induzierte die Bildung von GFAP und β-tubulin III doppelt positiven Zellen, mit überwiegend astrozytären Morphologien. Die Zellen zeigten ein dysreguliertes, abnormes morphologisches Aussehen und tauchten im Gegensatz dazu bei unbehandelten Zellen nicht auf. ESC abgeleitete neurale Stammzellen konnten ebenfalls durch IFN-γ zur erhöhten Genexpression von β-tubulin und GFAP, sowie zur Ausbildung von astrozytären Morphologien angeregt werden.
IFN-β induzierte keine GFAP und β-tubulin III doppelt positiven Zellen, statt dessen hemmte IFN-β die neurale Differenzierung der Stammzellen durch eine Verminderung der Anzahl reifer Neurone mit Hemmung des Neuritenwachstums. Die gliale Differenzierung sowie die Anzahl β-tubulin positiver Zellen blieb durch IFN-β völlig unbeeinflusst. TNF-α wirkte sich weder auf die gliale noch die neurale Differenzierung in negativer Form aus. Im Zuge dessen zeigte sich eine leicht neuroprotektive Wirkung mit der Tendenz zu längeren Neuriten.

Die Kenntnis über den Einfluss von Zytokinen auf neurale Stammzellen ist besonders wichtig für das Verständnis des Selbstheilungsprozesses des ZNS und auch für den therapeutischen Einsatz von Stammzellen bei Transplantationen. Stammzellen die in degeneriertes Gewebe von Parkinson oder MS Patienten eingebracht werden sollen, können durch die pathologische Umgebung und inflammatorischen Zytokine beeinflusst werden. Auch die in vivo persistierenden Progenitor-Zellen können durch Zytokine beeinflusst werden, wie z.B. bei inflammatorischen Prozessen der MS. Wie man unschwer an der vorliegenden Arbeit erkennen kann, haben gerade die Interferone einen starken Effekt auf die Expression von Genen und Morphologien der neuralen Stammzellen während der Differenzierung. Es besteht die Möglichkeit, daß diese Zellen dysregulierte Zellen darstellen. Welches Potential dysregulierte Zellen sowohl in vivo, als auch in vitro aufweisen, ist zum Teil noch ungeklärt und muss vor einer therapeutischen Anwendung von neuralen Stammzellen genauestens untersucht werden.

The thesis was conducted in order to investigate the influence of inflammatory cytokines on neural stem cells. Neural stem and progenitor cells have the potential for structural repair of the brain and spinal cord. Their ability to generate neurons and glial cells until adulthood in the human brain resulted in the development of stem-cell based strategies for neuronal repair.
Various inflammatory processes play a role in the pathology of brain diseases like Parkinson´s Disease, Alzheimer´s Disease or Multiple Sclerosis. Inflammatory processes lead to secretion of cytokines by cells of the immune system and have an impact on surrounding tissues. Different signal transduction pathways switched on by cytokines can activate gene-expression and induce various cell functions. In recent years, various inflammatory cytokines were shown to influence also neural stem cells. Noteworthy, interferons are also therapeutic for viral infections, tumour therapy or neurodegenerative diseases. For instance, IFN-β is a milestone in the treatment of relapsing Multiple Sclerosis.

In this study, the effects of the pro-inflammatory cytokines IFN-ß, IFN-γ and TNF-α on neural stem cells were investigated.
As effects of cytokines can only be mediated through specific receptors, in a first set of experiments, the presence of these receptors on neural stem cells was verified with techniques like PCR and immuncytochemistry. PCR is a method for detecting expressed mRNA and immuncytochemistry for staining expressed proteins in or on cells.
These investigations showed that neural stem cells express subunits of the IFN-αβ receptor, both subunits for the IFN-γ receptor and the TNF-αβ receptor I (p55). The receptor TNF-αβ receptor II (p75) could neither be detected on transcript level nor on protein level.
As cytokines often exert antiproliferative effects, for instance on hematopoetic progenitor cells (Carlo-Stella et al., 1987), the MTT Assay was used as a first approach to clarify any effects on population extension of neural stem cells. MTT is a colorimetric assay for measuring the activity of mitochondrial enzymes in existing cells and revealed that all three cytokines inhibited the extension of neural stem cell population at varying levels. Interferon treatment led to reduction at 24 and 48 hours of incubation at high concentrations of 1000 and 100U per ml in contrast to untreated cells. Predominantly IFN-γ treated neural populations were significantly smaller in comparison to untreated populations. TNF-α treated populations showed only after 24hours an inhibited extension at highest concentration of 100 and 10ng per ml.
To clarify whether the reduced populations after cytokine treatment were due to antiproliferative or cytotoxic effects, the Caspase Assay and BrdU labelling were used. BrdU is a thymidine nucleotide substitute which can bind into the DNA structure of dividing cells. If the population extension is caused by an antiproliferative effect the number of BrdU positive cells should be smaller. The Caspase Assay is based on the measurement of apoptotic enzymes (Caspase 3 and 7) and detects any cytotoxic effect induced by cytokine treatment.
These investigations showed antiproliferative effects of IFN-ß after 24hours with slightly toxic effect at 1000U per ml. After IFN-γ application strong cytotoxic effects were detected at 48 hours of incubation at high and low concentrations. In comparison to Interferon treatment the TNF-α treated populations showed after 48 hours of incubation at higher concentrations of 100 and 10ng per ml slight toxic effects. The number of BrdU positive cells of TNF-α compared to untreated cells was not affected.

Cytokines are able to change gene expression of cells via the Jak/Stat-Pathway and are known to change differentiation and maturation of stem cells. Of significant interest was the influence in differentiation of cytokine treated neural stem cells, particulary with regard to differentiation of neural stem cells into neurons or astrocytes.
To clarify the differentiation of cytokine treated neural stem cells, PCR as well as immuncytochemistry were used for analysing five important marker. Nestin was used as a significant marker of premature cells. β-tubulin III and Map2a-c are important markers for neuronal differentiation and GFAP as well as PDGFRα are necessary markers for glial differentiation of neural stem cells.
Both cytokines, IFN-β and especially IFN-γ, influenced gene-expression of two genes: β-tubulin III and glial fibrillary acidic protein (GFAP). The up-regulation of GFAP and β-tubulin III could already be seen after 24hours in comparison to untreated cells. IFN-γ treatment of neural stem cells showed the strongest increased levels of ß-tubulin III and GFAP. In contrast, TNF-α induced only a down regulation of the neuronal marker Map2a-c. To corroborate the hypothesis that the up regulation of β-tubulin III, Map2a-c and GFAP means induction of differentiation, immuncytochemical and morphological investigations were performed.
As we expected we could confirm the results of the PCR experiments. Interferone treated populations showed up regulation of ß-tubulin III and GFAP also on protein level. Surprisingly, morphologic investigations of cytokine treatment confirmed not only the differential gene and protein expression of ß-tubulin III and GFAP in neural stem cells, but also resulted in comparable changes in the morphologic differentiation of these cells. The treatment of neural stem cells with IFN-γ led to ß-tubulin III and GFAP double positive cells with predominantly astrocytic morphologies. The appearance of these cells was dysmorph and unusual. ESC-derived neural stem cells also showed an increased co-localized expression of ß-tubulin III and GFAP and astrocytic morphologies of double labeled cells after IFN-γ treatment.
In contrast, IFN-β treatment did not result in GFAP and β-tubulin III double labeled cells, but inhibited neuronal maturation by reduction of the total number of NeuN-positive neurons and by inhibition of neurite outgrowth. The mere number of ß-tubulin-positive neurons was not affected by IFN-ß. The glial differentiation was completely unaffected by IFN-ß. TNF-α affected neither glial nor neuronal differentiation. Rather a slight effect of TNF-αwith tendency to longer neurites after treatment was detected.

The elucidation of cytokines influencing neural stem cells is essential for a comprehensive understanding of adult neurogenesis and the potential of therapeutic transplantation of stem cell-derived neural populations. Stem cells transplanted into degenerated brains of patients suffering from Parkinson Disease or Multiple Sclerosis can be influenced by the cytokine environment. Moreover, endogenous stem cells can be affected by inflammation processes as described for Multiple Sclerosis. As presented in this thesis, the effect of IFN-β and IFN-γ treatment in vitro disclosed strong effects on neural stem cell differentiation. Predominantly the observation of IFN-γ-induced unusual phenotypes led to the hypothesis that these cells are dysregulated. The potential of dysregulated stem cells in vivo or in vitro is not well-known yet and remains to be elucidated until valid approach in therapeutic application can be realised.
Lizenz:In Copyright
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Fachbereich / Einrichtung:Mathematisch- Naturwissenschaftliche Fakultät
Dokument erstellt am:26.05.2011
Dateien geändert am:26.05.2011
Promotionsantrag am:19.01.2011
Datum der Promotion:13.04.2011
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