Dokument: Entwicklung und Herstellung geschmacksmaskierter Zubereitungen von Methylenblau-Resinaten zur Behandlung von Kindern mit Malaria

Titel:Entwicklung und Herstellung geschmacksmaskierter Zubereitungen von Methylenblau-Resinaten zur Behandlung von Kindern mit Malaria
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20110408-141958-8
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Schornick, Eva [Autor]
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Dateien vom 03.04.2011 / geändert 03.04.2011
Beitragende:Prof. Dr. Breitkreutz, Jörg [Betreuer/Doktorvater]
Prof. Dr. Kleinebudde, Peter [Gutachter]
Dewey Dezimal-Klassifikation:600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit
Beschreibungen:Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine neue Darreichungsform zur oralen Einnahme mit dem kationischen Phenothiazin-Farbstoff MB (MB) als Arzneistoff entwickelt. MB als erstes synthetisches Chemotherapeutikum wird seit einiger Zeit erneut, im Rahmen von klinischen Studien, erfolgreich zur Therapie der Malaria tropica angewandt.
Als Basis der Entwicklung diente ein von einer anderen Forschungsgruppe entwickeltes MB-Resinat. Hier diente die Ionenaustausch-Technologie mit dem schwachen Kationenaustauscher Indion® 234 zur Reduzierung der gewebefärbenden Eigenschaften sowie des bittermetallischen Geschmacks von MB, der besonders bei pädiatrischen Patienten zu Erbrechen und Einnahmeverweigerung führt. Da die Darreichungsform für Kinder im Alter zwischen sechs Monaten und fünf Jahren geeignet sein sollte, wurde eine flüssige Suspension mit MB-Indion® 234-Resinat als Wirkstoffkomplex entwickelt.
Prinzipiell sollten an schwache Kationenaustauscher gebundene Stoffe ausschließlich in saurem Milieu desorbiert werden, so z. B. im Magen. Das MB-Indion® 234-Resinat zeigte jedoch eine signifikante spontane Desorption von MB auch in pH-neutralem Milieu. Schon geringe Mengen an MB in Lösung schmecken sehr bitter. Diverse Entwicklungsversuche, die spontane Desorption von MB zu reduzieren oder in wässriger Zubereitung den frei vorliegenden Anteil von MB durch Süßungsmittel und Aromen zu überdecken, führten nicht zu dem gewünschten Ergebnis. Daraufhin wurde eine wasserfreie Suspension des MB-Indion® 234-Resinates auf Basis mittelkettiger Triglyzeride entwickelt. Die Triglyzeride wurden mit hydrophilem Siliziumdioxid zu einem Oleogel strukturiert, das mit pulverisierter Fruktose in suspendierter Form gesüßt wurde. Durch die Abwesenheit von Wasser wurde die spontane Desorption von MB vollständig unterbunden, was in einer optimalen Geschmacksmaskierung resultierte. Die Zubereitung wurde zum Patent angemeldet und eine erste Klinikcharge wurde unter GMP-Bedingungen für eine klinische Studie zur Pharmakokinetik bei Kindern hergestellt.
Die Oleogel-Zubereitung weist günstige rheologische Eigenschaften für gute Lagerstabilität sowie einfache und reproduzierbare Dosis-Applikation auf. Sie war bei den Lagerungsbedingungen 25 °C / 60 % rF und 40 °C / 75 % rF ohne Zusatz eines Konservierungsmittels über einen sechsmonatigen Prüfzeitraum mikrobiologisch stabil und ist nicht temperaturempfindlich, wodurch sie sich für den Einsatz in tropischen Gebieten optimal eignet. Freiwillige erwachsene Probanden empfanden die Oleogel-Zubereitung hinsichtlich Geschmack und Mundgefühl als angenehm, da der hohe Feststoffanteil das ölige Mundgefühl unterbindet, ohne ein sandig-griesiges Gefühl hervorzurufen.
Im Verlauf der Entwicklung stellte sich mit Hilfe von HPLC-Analytik heraus, dass nach Desorption des gebundenen MB vom Resinat mehrere Nebenprodukte in größerer Menge auftraten. MB Ausgangssubstanz kann geringe Mengen Azur B enthalten. Das mono-N-demethylierte Homologe von MB wird vom Europäischen Arzneibuch als „Verunreinigung A“ bezeichnet und mit einem zugelassenen prozentualen Gehalt von maximal 5 % im Verhältnis zu MB begrenzt. Der prozentuale Anteil an Azur B war nach Desorption vom Resinat mit ca. 70 % deutlich erhöht. Zusätzlich traten weitere, bisher unbekannte Nebenprodukte auf, die massenspektrometrisch als sämtliche N-demethylierte Homologe des MB identifiziert werden konnten. Es fand also eine stufenweise Demethylierung der aromatischen Aminogruppen des MB statt, ohne Zerstörung des Ringgerüstes. Der Vergleich der Ergebnisse von Beladungsexperi¬menten mit weiteren Kationenaustauschern legte einen prinzipiellen Zusammenhang von Resinatbildung und Demethylierung von MB nahe.
Beladungsexperimente in verschiedenen Puffersystemen bei pH 4,5 ergaben meist vollständige Unterbindung der Demethylierungsreaktion durch metallbindende Phosphat-und Citratpuffer sowie EDTA-Lösung. Da in MB Ausgangssubstanz synthesebedingt Spuren von verschiedenen Metallen vorkommen, legte dieser Fund eine Beteiligung von Metallen an der Demethylierungs-Reaktion nahe. Durch weiterführende Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass die Metallionen gleichzeitig mit dem Ionenaus¬tauscher vorliegen müssen, um ihre katalytische Aktivität zu entfalten. Da die Metalle höchstwahrscheinlich ionisch vorliegen, werden sie vermutlich durch den Kationenaus¬tauscher ionisch gebunden und somit immobilisiert. Das Zeitfenster der Demethylierung konnte auf die Trocknungsphase des Resinats eingegrenzt werden. Die vorliegende Demethylierungs-Reaktion von MB kann folglich als heterogene metall-katalysierte N-Demethylierung unter Beteiligung von Wasser und Luftsauerstoff bei Normdruck beschrieben werden, wobei der heterogene Katalysator, bestehend aus den Metallionen immobilisiert durch die funktionellen Gruppen der unlöslichen Ionenaustauscher, in situ entsteht. Die spontane Desorption in pH-neutralem Milieu findet bei Unterdrückung der Demethylierung nicht mehr statt, so dass ein kausaler Zusammenhang nahe liegt.
Mit dem Ionenaustauscher IRP® 64, der die geringste Tendenz zu katalytischer Aktivität zeigt, wurde, unter Berücksichtigung aller neu erworbenen Kenntnisse, eine neue Rezeptur einer Oleogel-Zubereitung mit MB-IRP® 64-Resinat entwickelt, anhand der eine weitere Klinikcharge unter GMP-Bedingungen produziert wurde. Die Qualität der zweiten GMP-Charge war bezüglich des Gehaltes an MB deutlich verbessert, allerdings fand erneut eine geringfügige Demethylierung von MB statt. Diese wurde vermutlich ausgelöst durch den Herstellprozess in Edelstahlbehältern, der die Metallbelastung im System erhöhte und die metallkomplexierende Kapazität des Puffers überstieg. Zusammenfassend kann die Oleogel-Zubereitung mit MB-Resinat als geschmacksmaskierendem Wirkstoffkomplex als erfolgsversprechende Rezeptur zur Behandlung von Malaria bei Kindern bezeichnet werden, wobei der Herstellprozess im Scale-Up weiterhin zu optimieren ist.

In the present work, a novel dosage form for oral administration with the cationic phenothiazine dye stuff methylene blue (MB) as the active ingredient (API) was developed. MB was the first synthetic chemotherapeutic agent and has recently been used again successfully as an antimalarial agent within clinical studies.
The formulation development was based upon a MB resinate developed by another research group. In this case, the ion-exchange-technology with the weak cation exchange resin Indion® 234 was used to reduce the tissue-colouring properties as well as the bitter metallic taste of MB, which leads to vomiting and poor compliance especially with paediatric patients. Since the formulation was supposed to be applicable for children between the age of six months and five years, a liquid suspension with MB-Indion® 234-resinate as API-complex was developed.
As a matter of principle, substances bound to a cation exchange resin should solely be released from the resinate in acidic environment, e. g. the stomach. However, MB-Indion® 234-resinate showed significant spontaneous desorption of MB under neutral pH-conditions. Even small amounts of MB in solution exhibit bitter taste. Various developmental approaches were conducted in order to reduce the spontaneous desorption of MB as well as to mask the desorbed fraction of MB with sweeteners and flavours in aqueous formulations, however none of them yielded satisfactory results. Consequently, a nonaqueous suspension with MB-Indion® 234-resinate as API on the basis of medium chain triglycerides was developed. The triglycerides were structured with colloidal silicon dioxide and were sweetened with powdered fructose in suspended form. Due to the absence of water, the spontaneous release of MB was completely suppressed, with the result of optimal taste masking. The formulation was patented and a first pilot batch was produced under GMP conditions, with the objective of a clinical study for pharmacokinetics with children.
The oleogel formulation exhibits advantageous rheological behaviour for good storage stability as well as easy and reproducible dose administration. Under the storage conditions of 25 °C / 60 % rF and 40 °C / 75 % rF it was microbiologically stable without the addition of a preservative during a test period of six months and it is nonsensitive to temperature variation. Due to these properties the oleogel-formulation is well suitable for the use in tropical regions. Adult volunteers in taste panel tests perceive the oleogel-formulation as palatable regarding taste and mouthfeel, as the high solid fraction suppresses the oily sensation without evoking a grindy mouthfeel.
During the development stage, HPLC analysis revealed that, after desorption of the bound MB from the resinate, a variety of by-products appeared in rather high amounts. MB substance can contain small amounts of azure B due to its synthesis. The mono-N-demethylated homologue of MB is termed “impurity A” by the European Pharmacopoeia, and is limited to a maximum content of 5 % in relation to MB. After desorption from the resinate, the percentaged amount of azure B had increased considerably to about 70 %. Additionally, further hitherto unknown by-products appeared, which could be identified by mass spectroscopy as all N-demethylated homologues of MB. Obviously, a stepwise demethylation of the aromatic amines of methylene blue took place, without destruction of the aromatic ring structure. Upon comparison of results from loading experiments with further cation exchange resins, a causal relationship between production of MB resinates and demethylation of MB seemed likely.
Loading experiments in various buffers at pH 4.5 yielded a mostly complete suppression of the demethylation-reaction through substances with metal-binding properties (phosphate buffer, citrate buffer, EDTA solution). The fact that MB substance can contain traces of several metals from its synthesis substantiates the hypothesis of a participation of metals in the demethylation mechanism. Further experiments revealed that the metals must be simultaneously present with the ion exchange resin in order to become catalytically active. As the metals are presumably present in their cationic form, they are most likely ionically bound by the cation exchange resin and thus immobilized. The timeframe of the demethylation mechanism could be narrowed down to the drying phase of the resinate. Consequently, the present demethylation mechanism of MB can be summarized as a heterogeneous metal-catalyzed N-demethylation with participation of water and oxygen under ambient pressure, while the heterogeneous catalyst, consisting of the metal ions immobilized by the functional groups of the insoluble ion exchange resin, is formed in-situ. The spontaneous desorption under neutral pH-conditions did not take place when the demethylation reaction was suppressed, implicating a causal relationship.
Using the cation exchange resin IRP® 64, which showed the lowest tendency for catalytic activity, a new formulation was developed, in consideration of all newly acquired knowledge concerning the formation of MB resinates. On the basis of the new formulation another pilot batch was produced under GMP-conditions. The quality of the second pilot batch was improved considerably concerning the content of MB, however a marginal demethylation of MB took place again. This was presumably induced through the production process in tanks made of stainless steel, which increased the metal burden in the system and exceeded the metal-binding capacity of the buffer. In summary the oleogel-formulation with MB-resinate as tastemasked API-complex can be described as a promising formulation for the treatment of Malaria in children, whereas the production process in scale-up needs further optimization.
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Fachbereich / Einrichtung:Mathematisch- Naturwissenschaftliche Fakultät » WE Pharmazie » Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie
Dokument erstellt am:08.04.2011
Dateien geändert am:08.04.2011
Promotionsantrag am:08.12.2010
Datum der Promotion:27.01.2011
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