Dokument: Charakterisierung oszillatorischer Netzwerke der Bewegungssteuerung beim Menschen mittels MEG und TMS

Titel:Charakterisierung oszillatorischer Netzwerke der Bewegungssteuerung beim Menschen mittels MEG und TMS
Weiterer Titel:Characterization of oscillatory networks of movement control by means of MEG and TMS
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20140701-104515-0
Kollektion:Publikationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Habilitation
Medientyp:Text
Autor:Prof. Dr. phil. Pollok, Bettina [Autor]
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Dateien vom 16.11.2010 / geändert 16.11.2010
Stichwörter:Neurophysiologie, MEG, TMS, Bewegungssteuerung
Beschreibungen:Die Steuerung von Willkürbewegungen erfordert das zeitlich exakte Zusammenspiel zwischen räumlich getrennten Hirnarealen. Synchronisierte oszillatorische Aktivität stellt einen Mechanismus der Integration räumlich getrennt verarbeiteter Informationen dar. Etablierte Maße zur Untersuchung solcher funktionellen Netzwerke sind die Kohärenz und die Phasen-synchronisation, die die Ähnlichkeit der oszillatorischen Aktivität unterschiedlicher Neuronenpopulationen charakterisieren. Aufgrund ihrer exzellenten zeitlichen Auflösung erlauben die Elektroenzephalographie (EEG) und die Magnetenzephalographie (MEG) die Detektion und Charakterisierung zentraler Interaktionsmuster auf der Ebene oszillatorischer Muster. Ein Vorteil der MEG gegenüber der EEG ist die deutlich bessere räumliche Auflösung, die auf der Ebene des Kortex im Bereich weniger Millimeter liegt. Die im Rahmen des vorliegenden Habilitationsprojektes durchgeführten Studien dienten zum einen der Charakterisierung zent-raler Netzwerkinteraktionen der physiologischen Bewegungssteuerung und zum anderen der Beschreibung von Veränderungen zentraler Interaktionmuster, die mit dem Auftreten von Bewegungsstörungen assoziiert sind. Zu diesem Zweck wurde in einer Reihe von Studien das zentrale Netzwerk, das der Kontrolle von Willkürbewegungen dient, unter verschiedenen experimentellen Bedingungen untersucht. Im Vordergrund stand hierbei die Untersuchung von Bewegungen, die ein hohes Maß an zeitlicher Genauigkeit erfordern. Als Untersuchungsmethode wurde neben der MEG die transkranielle Magnetstimulation (TMS) verwendet. Während die MEG die Charakterisierung von Netzwerken erlaubt, kann mithilfe der TMS selektiv neuronale Aktivität in spezifischen Hirnstrukturen moduliert werden, um so die funktionelle Bedeutung eines spezifischen Gehirnareals und seiner funktionellen Verbindungen für die Verhaltenssteuerung zu untersuchen.
Die durchgeführten Studien belegen übereinstimmend die Bedeutung synchronisierter oszillatorischer Aktivität in einem zerebello-thalamo-kortikalen Netzwerk für die Steuerung von Willkürbewegungen. Hierbei scheint die funktionelle Interaktion im Alphaband (8 - 12 Hz) charakteristisch für die Kontrolle einfacher, automatisierter Bewegungen zu sein, während Oszillationen im Betaband (13 – 30 Hz) mit der Steuerung komplexerer Bewegungen assozi-iert sind. Die vorliegenden Daten stützen somit die Annahme, dass die funktionelle Interakti-on im Alphaband einen basalen Mechanismus der motorischen Kontrolle repräsentiert. Innerhalb des beschriebenen Netzwerkes zeigten sich in Abhängigkeit von der Aufgabenanforde-rung spezifische Veränderungen der funktionellen Interaktion. So weisen die vorliegenden Daten - unabhängig von der Handdominanz - auf eine übergeordnete Bedeutung des linken dorsolateralen prämotorischen Kortex (dPMC) für die zeitliche Steuerung von Bewegungen beider Hände hin. Darüber hinaus konnte eine funktionelle Dissoziation des prämotorischen Kortex und seiner funktionellen Verbindungen gezeigt werden. Während die Beteiligung des dPMC mit der Ausführung automatisierter Bewegungen auf der Basis eines internen Rhyth-mus assoziiert sein könnte, scheint die Beteiligung des ventralen PMC (vPMC) die motori-sche Kontrolle unter expliziter Beachtung externer Reize zu reflektieren. Darüber hinaus wei-sen die durchgeführten Studien darauf hin, dass die zeitliche Präzision der Bewegungsausfüh-rung eng mit einer funktionellen Thalamus-PMC Interaktion verknüpft ist.
Die vorliegenden Daten liefern darüber hinaus erstmalig direkte Evidenz für die Bedeutung der funktionellen Interaktion zwischen den beiden Kleinhirnhemisphären für die zeitliche Steuerung bimanualer Bewegungen. Vorausgehende Verhaltensstudien zeigen übereinstimmend, dass die Ausführung zeitgleicher bimanualer Bewegungen durch eine größere Rhyth-musstabilität charakterisiert ist als die Ausführung unimanualer oder alternierender Bewegun-gen. Die vorliegenden Daten unterstützen die Annahme, dass eine direkte funktionelle Ver-bindung zwischen den beiden Kleinhirnhemisphären die neurophysiologische Grundlage für diesen bimanualen Verhaltensvorteil repräsentieren könnte.
Neben der Kontrolle willkürlicher Bewegungen wurden in weiteren Studien Veränderungen funktioneller Interaktionsmuster bei Bewegungsstörungen am Beispiel des Ruhetremors bei Morbus Parkinson und die pharmakologische Modulierbarkeit pathologischer Netzwerkveränderungen untersucht. Die Ergebnisse dieser Studien legen die Hypothese nahe, dass Bewe-gungsstörungen auf einem physiologischen, präformierten Netzwerk der Bewegungsteuerung beruhen. Innerhalb dieses Netzwerkes treten spezifische Veränderungen des Interaktionsmus-ters auf, die beim Parkinson Ruhetremor durch eine verstärkte funktionelle Interaktion in ei-nem thalamo-motorkortikalen Subnetzwerk charakterisiert sind. Diese Veränderungen können durch die Gabe von L-Dopa normalisiert werden. Bewegungsstörungen scheinen somit mit Veränderungen spezifischer Sub-Netzwerke assoziiert zu sein.
Zusammenfassend zeigen die durchgeführten Studien, dass zentrale Netzwerkinteraktionen dynamisch sind und sowohl mit der spezifischen Aufgabenanforderung als auch mit dem dopaminergen Status variieren. Aus einer methodischen Perspektive weisen diese Arbeiten dar-über hinaus darauf hin, dass die Kombination von Netzwerkanalysen mithilfe der MEG und die gezielte Modulation neuronaler Aktivität durch die TMS einen vielversprechenden Ansatz repräsentiert, der neue Einblicke in die neurophysiologischen Grundlagen der motorischen Steuerung und deren Veränderungen bei Bewegungsstörungen ermöglicht.

Motor control requires the temporally precise functional interplay between spatially distributed brain areas. Synchronized oscillatory activity represents a fundamental mechanism for the functional interaction between brain sites. Coherence as well as phase synchronization are established measures for the characterization of such functional interaction patterns which can be particularly investigated using electroencephalography (EEG) as well as magentoencephalography (MEG). Due to their excellent temporal resolution both measures allow the characterization of oscillatory activity. Since the spatial resolution of MEG exceeds that of EEG, MEG is particularly applicable for the detection and characterization of functional brain networks. The present studies aimed at investigating the functional brain network underlying the control of voluntary movements as well as disturbances of the functional interplay associated with movement disorders like Parkinson’s Disease (PD). A set of studies indicate that a cerebello-thalamo-cortical network subserves control of voluntary movements. Functional interaction at a frequency of 8 - 12 Hz is associated with movements performed automatically while functional interaction at 13 - 30 Hz seem to reflect increased motor control associated with the execution of complex movements. Depending on the precise task requirements, differences of functional interaction strength was found: The dorsolateral premotor cortex (dPMC) was shown to be part of an automated motor control network being directly coupled towards the auditory cortex. Conversely, the ventral PMC (vPMC) was shown to be part of a motor control network subserving complex movements.
The investigation of PD patients indicates that motor disturbances are related to specific alterations within a pre-existing movement control network. Particularly tremor was shown to be associated with increased coupling within a thalamus-premotor-motor network which was selectively modulated by effective medication. These data suggest that functional interaction varies with the dopaminergic state.
Besides the localization of functional brain networks subserving motor control by means of MEG, the present studies aimed at investigating the functional significance of network constituents by means of transcranial magnetic stimulation (TMS). MEG data suggest that the left dPMC is functionally coupled towards the left and the right primary motor cortex (M1) in a finger tapping task suggesting a specific significance of this structure for precise timing. Interestingly, involvement of the left dPMC was shown independent of the hand performing the task (e.g. left and right) and independent of hand dominance (e.g. left-and right-handed subjects). In a subsequent TMS study, a virtual lesion of the left dPMC by means of a 1 Hz repetitive TMS (rTMS) yielded reduced timing accuracy of either hand, while a virtual lesion of the right dPMC did not affect timing abilities. All in all these data support the hypothesis that the left dPMC is crucial for the temporally precise movement execution of both hands.

All in all the present data strongly support the hypothesis that relevant information in the brain is coded via functional interaction. Such interaction patterns are dynamic and vary with the precise task requirements and with the dopaminergic state. From a methodological point of view, the present studies support the significance of combining different approaches like MEG and TMS revealing new and trend-setting information about the functional organization of the brain.
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Fachbereich / Einrichtung:Medizinische Fakultät » Institute » Institut für Medizinische Psychologie
Dokument erstellt am:01.07.2014
Dateien geändert am:01.07.2014
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