Dokument: Der Anatom Prof. Dr. Rudolf Spanner in der Zeit von 1939 bis 1945

Titel:Der Anatom Prof. Dr. Rudolf Spanner in der Zeit von 1939 bis 1945
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20160927-110558-3
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Berlage, Matthias [Autor]
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Dateien vom 22.09.2016 / geändert 22.09.2016
Dewey Dezimal-Klassifikation:600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit
Beschreibung:Prof. Dr. med. Rudolf Maria Spanner war in der Zeit von 1939 bis 1945 Leiter des anatomi-schen Institutes in Danzig/Gdańsk. In dieser Zeit sollen dort unterschiedlichen Quellen zufolge unter seiner Aufsicht „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ begangen worden sein. In den vergangenen Jahrzehnten wurde das Thema immer wieder in verschiedenen wissenschaftlichen Arbeiten aufgearbeitet. Besonders die Arbeiten von Joachim Neander sind hervorzuheben. Sie prägen den aktuellen Forschungsstand. Neander gelang es in seinen Arbeiten, die gegen Spanner erhobenen Vorwürfe weitgehend zu entkräften. Kernvorwurf ist die angebliche industrielle Her-stellung von Seife und Leder aus den Körpern von hingerichteten Opfern der NS-Justiz und des NS-Regimes sowie KZ-Opfern. In meiner Arbeit werden zu diesem Themenkomplex u. a. un-veröffentlichte Gerichtsunterlagen des schleswig-holsteinischen Landesarchivs und Archivalien des Bundesarchivs ausgewertet. Teile dieser Archivalien werden erstmalig in diesem Zusam-menhang beurteilt.
Inhalt der vorliegenden Dissertation ist eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschehnisse am anatomischen Institut in Danzig/Gdańsk mit einer Überprüfung der gegen Spanner erhobe-nen Vorwürfe sowie eine historische Einordnung der Ereignisse. Zur systematischen Erarbei-tung der Fragestellung ist ein umfangreiches Hintergrundwissen nötig. Dazu zählen die chemi-schen Grundlagen der zeitgenössischen Seifenherstellung, die Struktur der Wirtschaft zur NS-Zeit, die damalige Versorgung Deutschlands mit Fett, die rechtlichen Rahmenbedingungen der Leichenvergabe vor der Zeit des Nationalsozialismus und während des NS-Regimes sowie de-ren Praxis, die historische Entwicklung der Präparationstechniken, die zur damaligen Zeit übli-chen Präparationstechniken, der soziokulturelle Hintergrund Spanners, die wissenschaftliche Karriere Spanners und seine Tätigkeit am anatomischen Institut in Danzig/Gdańsk.
Die Analyse der Fakten zeigt, dass die Vorwürfe gegen Spanner weitgehend widerlegt werden können. Eine Seifenproduktion in industriellem, d. h. erheblichen Umfang aus menschlichem Fett ist nicht nachzuweisen. Eine Seifenentstehung im Rahmen der Mazeration ist dahingegen als gesichert anzunehmen. Ob in geringem Umfang außerhalb des Prozesses der Mazeration Seife hergestellt wurde, ist abschließend nicht sicher zu klären. Eine industrielle Lederherstel-lung aus Menschenhaut lässt sich ebenfalls nicht nachweisen.
Die Grundlage der gegen Spanner erhobenen Vorwürfe ergibt sich aus der Fettknappheit wäh-rend der Kriegsjahre. Bereits im Ersten Weltkrieg entstand eine wirkungsmächtige „contempo-rary legend“, die ebenfalls eine Seifenproduktion aus menschlichen Überresten thematisiert.
Bezogen wurden die Leichen hauptsächlich aus den zentralen Hinrichtungsstätten von Opfern der NS-Justiz und aus der Gauheil- und Pflegeanstalt Konradstein. Hierbei könnte es sich um Opfer der NS-Euthanasie handeln. Aus dem Konzentrationslager Stutthof erhielt das anatomi-sche Institut zwei Leichen. Somit ist auch der plakative Vorwurf „Seife aus Judenfett“, also die Herstellung von Seife aus jüdischen KZ-Opfern, nicht haltbar. Die Körper, die an das anatomi-sche Institut übergeben wurden, waren vornehmlich Polen und Deutsche, die den NS-Rassekriterien zufolge keine Juden waren.
Bei der Betrachtung des soziokulturellen Hintergrundes Spanners zeigt sich dieser als Opportu-nist in Bezug auf seine wissenschaftliche Karriere. DesWeiteren ist Spanner eine Teilidentifi-zierung wenn nicht sogar Identifizierung mit dem Nationalsozialismus nachzuweisen. Eine Mit-gliedschaft in der SS ist für Spanner nicht belegt. Eine Mitgliedschaft in der SA ist – trotz der Leugnungen Spanners – wahrscheinlich.
Lizenz:In Copyright
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Fachbereich / Einrichtung:Medizinische Fakultät » Institute » Institut für Geschichte der Medizin
Dokument erstellt am:27.09.2016
Dateien geändert am:27.09.2016
Promotionsantrag am:21.09.2010
Datum der Promotion:21.09.2016
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