Dokument: Mentale Rotation von Polygonen: Hemisphärenlateralisierung und Geschlechtsunterschiede

Titel:Mentale Rotation von Polygonen: Hemisphärenlateralisierung und Geschlechtsunterschiede
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20160712-082737-7
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Pellkofer, Julia [Autor]
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Dateien vom 04.07.2016 / geändert 04.07.2016
Beitragende:Prof. Dr. Heil, Martin [Gutachter]
Prof. Dr. Pietrowsky, Reinhard [Gutachter]
Dewey Dezimal-Klassifikation:100 Philosophie und Psychologie » 150 Psychologie
Beschreibung:Nach Linn und Petersen (1985) zählt die mentale Rotation zu einer der Hauptkomponenten der räumlichen Wahrnehmung, für die regelmäßig ein robuster Geschlechtsunterschied auf behavioraler Ebene zugunsten der Männer nachgewiesen wird (z.B. Voyer, Voyer & Bryden, 1995). In den ersten Studien zur mentalen Rotation (Shepard & Metzler, 1971) konnte beobachtet werden, dass mit zunehmender Winkeldisparität zwischen zwei Stimuli auch die Reaktionszeit in einer "identisch vs. gespiegelt"-Entscheidungsaufgabe zunahm, was einen bis heute oft replizierten Befund darstellt. Ein Korrelat des mentalen Rotationsprozesses lässt sich auch auf neuronaler Ebene in Form einer spezifischen Amplitudenmodulation finden (Wjers, Otten, Feenstra, Mulder & Mulder, 1989), vor allem in parietalen Arealen.
In der Literatur werden diverse Erklärungsansätze für den Vorteil auf Verhaltensebene der Männer diskutiert, wobei sowohl psychosoziale, als auch hormonell-biologische und hirnmorphologische Aspekte als mögliche Erklärungen herangezogen werden. Neuere Ansätze gehen davon aus, dass die genannten Geschlechtsunterschiede multifaktoriell bedingt sind und möglicherweise auch durch die Strategien, die die Probanden bei der Lösung einer mentalen Rotationsaufgabe anwenden, beeinflusst werden. Demnach sollen sich Männer eher einer ganzheitlichen, holistischen Rotationsstrategie bedienen – einhergehend mit einer stärkeren Aktivierung der rechten Hemisphäre – , während Frauen die präsentierten Reize analytischer, also Stück für Stück, rotieren sollen – einhergehend mit einer stärkeren Aktivierung der linken Hemisphäre (z.B. Corballis, 1997; Cochran & Wheatley, 1989). Die Auswahl des Stimulusmaterials scheint jedoch grundlegend zu beeinflussen, ob Geschlechtseffekte überhaupt messbar werden. Jansen-Osmann und Heil (2007a) konnten lediglich für Polygone (Vielecke) einen signifikanten Geschlechtsunterschied in der Rotationsgeschwindigkeit feststellen. Polygone wurden in der Fachliteratur im Vergleich zu anderem Material bisher selten verwendet, obwohl diese einige Vorteile besitzen, z.B. dass sie wegen ihrer Unfamiliarität keine verbalen oder Gedächtnisprozesse zu aktivieren scheinen, die mit dem Prozess der mentalen Rotation interferieren könnten.
In den beiden Experimenten, die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegen, war von besonderem Interesse, welche Kortexareale bei der mentalen Rotation von zweidimensionalen Polygonen beteiligt sind, wobei die Elektroenzephalographie (EEG) als bildgebendes Verfahren verwendet wurde. Da die in der Literatur beschriebenen bildgebenden Studien zur mentalen Rotation oft niedrige Stichprobengrößen aufweisen, wurde in beiden Experimenten auf große Stichproben Wert gelegt, um eine ausreichende Teststärke zu gewährleisten. Im ersten Experiment konnte neben einem Effekt der Winkeldisparität in den Verhaltensdaten auf elektrophysiologischer Ebene eine Hemisphärenlateralisierung des mentalen Rotationseffekts zugunsten der linken Hemisphäre gefunden werden. Im zweiten Experiment wurden zusätzlich Geschlechtseffekte untersucht, welche sich sowohl in den Verhaltensdaten (Vorteil zugunsten der Männer), als auch in unterschiedlich ausgeprägten ereigniskorrelierten Potentialen zeigten. Während Männer ein eher bilaterales Aktivierungsmuster aufwiesen, war der mentale Rotationseffekt bei den weiblichen Probanden signifikant stärker linkshemisphärisch verankert.
Die Ergebnisse beider Experimente unterstützen zusammen die Annahme, dass nicht nur bei Verwendung von verbalem Stimulusmaterial, sondern auch bei Rotation von abstraktem Material die linke Hemisphäre mehr involviert zu sein scheint, was bedeutet, dass anscheinend mentale Rotation per se zu einer eher linkshemisphärischen Lateralisierung führt. Polygone scheinen in der Tat ein adäquates Stimulusmaterial darzustellen, um Geschlechtseffekte, auch auf neuronaler Ebene, zu evozieren (siehe auch Jansen-Osmann & Heil, 2007a). Die Befunde werden unter anderem auf Basis der Annahme, dass Männer und Frauen möglicherweise unterschiedliche Rotationsstrategien verwenden, diskutiert.
Lizenz:In Copyright
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Fachbereich / Einrichtung:Mathematisch- Naturwissenschaftliche Fakultät » WE Psychologie » Allgemeine Psychologie
Dokument erstellt am:12.07.2016
Dateien geändert am:12.07.2016
Promotionsantrag am:04.05.2016
Datum der Promotion:21.06.2016
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