Dokument: Die Spanische Grippe in der deutschen Armee 1918: Verlauf und Reaktionen

Titel:Die Spanische Grippe in der deutschen Armee 1918: Verlauf und Reaktionen
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20151228-085221-7
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor: Bauer, Frieder [Autor]
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Dateien vom 05.12.2015 / geändert 05.12.2015
Dewey Dezimal-Klassifikation:600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit
Beschreibung:Die Spanische Grippe war eine Grippepandemie in den Jahren 1918/19, die vielen Millionen Menschen weltweit das Leben kostete. Obwohl die Rolle der Pandemie für den Verlauf des Ersten Weltkrieges eine zentrale Forschungsfrage darstellt, wird ihr Auftreten in der deutschen Armee in den vorhandenen Werken nur vereinzelt thematisiert. In der nun vorliegenden Arbeit werden sowohl der Verlauf der Spanischen Grippe 1918 in der deutschen Armee und ihre Auswirkung auf die Truppen, als auch die Reaktionen der Ärzte und Offiziere/Generäle der oberen Kommandoebenen auf die Pandemie analysiert. Sowohl die Entente als auch die deutsche Armee waren schon ab Anfang April von Grippeausbrüchen betroffen. Zum Gipfel der ersten Grippewelle kam es in den französischen und amerikanischen Streitkräften in Frankreich im Mai/Juni, in den britischen und deutschen Armeen dagegen erst im Juni/Juli. Nach der offiziellen Statistik erkrankten etwas mehr als 10 % aller deutscher Soldaten während der ersten Welle an der Spanischen Grippe. Aufgrund der fehlenden Registrierung vieler Fälle dürften diese Ziffer aber wesentlich höher gewesen sein. Im Feldheer war die Morbidität mehr als doppelt so hoch wie im Besatzungsheer und an der Ostfront. Grund dafür war die stärkere Häufung der Soldaten an der Westfront, die dem Grippevirus die Ausbreitung erleichterte. Die Letalität der ersten Welle lag nur bei etwa 0,5 %, aufgrund der Nichtregistrierung vieler leichter Fälle wohl sogar noch niedriger. Die Gegenmaßnahmen der deutschen Militärärzte zeigten keine Wirkung: Aufgrund der Masse an Grippefällen war eine effektive Isolation der Erkrankten kaum möglich. Auch Desinfektionsmaßnahmen schienen keine Wirkung zu zeigen. Die medikamentöse Therapie während der ersten Grippewelle war hauptsächlich symptomatisch orientiert. Nur circa 15 % der Grippekranken wurden in Lazaretten behandelt. Trotzdem überlastete der Massenanfall von grippekranken Soldaten vielerorts den Sanitätsdienst. Auch die Gefechtsfähigkeit vieler Einheiten war dadurch beeinträchtigt: Aufgrund des früheren Anstiegs der Grippefälle waren vor allem die französischen Truppen zunächst in ihrer Verteidigung gegen die deutsche Offensive im Mai und Juni eingeschränkt. Im Juli drehte sich dann die Lage um und die deutschen Angriffe versandeten auch aufgrund der Häufung der Grippefälle. Der Hauptgrund für das Versagen der Offensive war jedoch nicht die Grippe, sondern Fehler bei ihrer strategischen Planung. Die zweite Grippewelle begann weltweit ungefähr zur gleichen Zeit, nämlich im September, während sie im Oktober und November gipfelte und danach wieder langsam abflaute. Sowohl deutsche als auch alliierte Truppen waren etwa zur gleichen Zeit von der Seuche betroffen. Festzuhalten ist, dass die zweite Welle in der deutschen Armee zwar wesentlich mehr Todesopfer unter den Soldaten forderte, aber auch weniger Männer betroffen waren als während der ersten Welle. Grund dafür war die hohe Durchseuchung der Soldaten mit dem Virus während der Primärepidemie in den Sommermonaten. Während der zweiten Grippewelle zeigte sich noch mehr als während der ersten Welle die Unfähigkeit der Militärärzte, des Problem Herrn zu werden: Sowohl Isolierungs– und Desinfektionsmaßnahmen, als auch der angesichts der schwer verlaufenden, therapieresistenten Fälle angewandte polypragmatische Therapieansatz zeigten keinen Erfolg. Aufgrund der Auflösungserscheinungen der Armee gegen Kriegsende ist die Quellenlage zur zweiten Welle Spanischen Grippe sehr dünn. Feststellen lässt sich jedoch, dass auch die zweite Welle sich mehr im Kleinen als im Großen auf das Kriegsgeschehen auswirkte. Den Ausgang des Krieges beeinflusste sie sicherlich nicht. Bemerkenswert ist die geringe Beachtung, die der Grippepandemie durch alle Ebenen der Militärhierarchie hindurch geschenkt wurde. Die wichtigsten Gründe dafür dürften einerseits das geringere Ausmaß der Herbstwelle im Vergleich zur Sommerwelle im Militär, andererseits die Überschattung der Pandemie durch vermeintlich gravierendere militärische und politische Ereignisse, wie das Vorrücken der Alliierten an allen Fronten, die drohende Niederlage und Revolution innerhalb Deutschlands, gewesen sein.
Lizenz:In Copyright
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Fachbereich / Einrichtung:Medizinische Fakultät » Institute » Institut für Geschichte der Medizin
Dokument erstellt am:28.12.2015
Dateien geändert am:28.12.2015
Promotionsantrag am:28.07.2014
Datum der Promotion:14.10.2015
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