Dokument: Untersuchungen des Serotonergen Systems und der Serotonin 5HT2A-Rezeptoren mit [18F]Altanserin und PET: ein Beitrag zur Neurobiologie der Depression

Titel:Untersuchungen des Serotonergen Systems und der Serotonin 5HT2A-Rezeptoren mit [18F]Altanserin und PET: ein Beitrag zur Neurobiologie der Depression
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20030821-000610-6
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Habilitation
Medientyp:Text
Autor: Larisch, Rolf [Autor]
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Dateien vom 09.02.2007 / geändert 09.02.2007
Stichwörter:Serotonin, Depression, Altanserin, Positronen-Emissionstomographie, Rezeptoren, Neurobiologie, Psychiatrie, Nuklearmedizinpositron emission tomography, nuclear medicine, psychiatry
Dewey Dezimal-Klassifikation:600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit
Beschreibung:Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit dem serotonergen System und hierbei insbesondere mit den 5HT2A-Rezeptoren des Gehirns. Im ersten Teil der Arbeit wird eine Übersicht über die anatomischen, biochemischen, physiologischen und pharmakologischen Grundlagen des zerebralen serotonergen Systems gegeben. In einem zweiten Teil werden wichtige Befunde von Studien vorgestellt, in denen Patienten mit depressiven Störungen untersucht wurden. Der Schwerpunkt liegt dabei wiederum auf Untersuchungen, die sich mit der Rolle des serotonergen Systems und der 5HT2A-Rezeptoren befaßt haben. Die experimentellen Befunde weisen auf eine Beteiligung des Serotonins an der Neurobiologie der Depression hin. So sind Serotonin-Wiederaufnahmehemmer klinisch hochwirksame Antidepressiva. Hinweise auf einen Serotoninmangel bzw. auf eine Regulationsstörung serotonerger Rezeptoren fanden sich auch in post mortem Studien, Liquor- und Blutuntersuchungen, neuroendokrinen Studien sowie mit nuklearmedizinischen in vivo Verfahren.
Wir haben ein Patientenkollektiv mit hohem genetischen Risiko für eine Depression rekrutiert. Bei diesen Patienten und bei ihren gesunden Angehörigen sowie angeheirateten Kontrollpersonen wurden die neuroendokrinen Effekte des Serotonin-Wiederaufnahmehemmers Clomipramins untersucht. Es zeigte sich eine reduzierte Prolaktinantwort nach serotonerger Challenge bei den Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe. Dieser Befund stellte ein episodenüberdauerndes Merkmal dar, das auch außerhalb einer depressiven Phase nachweisbar war. Mit Einschränkungen galt dies auch für die Cortisolantwort. Die gefundenen biochemischen Auffälligkeiten der hereditär depressiven Patienten beruhten somit auf individuellen Charakteristika, wie z. B. dem genetischen Risiko, an einer Depression zu erkranken, und waren nicht lediglich Ausdruck der momentanen Stimmungslage. Untersuchungen von anderen Arbeitsgruppen zeigen, daß die neuroendokrinen Effekte einer serotonergen Challenge durch 5HT2A-Antagonisten blockiert werden können. Die hier beschriebenen Befunde können somit Ausdruck einer Störung der Serotoninfreisetzung in der Hypophyse oder im Hypothalamus oder einer Funktionsstörung der 5HT2A-Rezeptoren sein.
In einer weiteren Studie haben wir deshalb die zerebrale Serotonin 5HT2A-Rezeptordichte bei einer Subgruppe der Patienten untersucht. Dazu wurde der selektive Radioligand [18F]Altanserin und PET eingesetzt. Untersucht wurden zwölf Patienten aus dem im letzten Versuch beschriebenen Kollektiv und zwölf Kontrollpersonen gleichen Alters und Geschlechts. Zur Datenauswertung wurden drei verschiedene Methoden zur Bestimmung des Bindungspotentials eingesetzt. Hauptbefund dieses Experiments war eine verringerte 5HT2A-Rezeptordichte im Cortex der Patienten. Auch dieser Befund stellt ein episodenüberdauerndes Merkmal dar, das Patienten mit einer genetischen Prädisposition für depressive Störungen von Kontrollen unterscheidet. Die Verringerung der 5HT2A-Rezeptordichte steht womit möglicherweise in einem kausalen Zusammenhang zu den oben beschriebenen neuroendokrinen Auffälligkeiten der Patienten. Umgekehrt könnte aber eine Reduktion der praesynaptischen Serotoninausschüttung den neuroendokrinen Befund und ? als sekundären Regulationsmechanismus ? auch die Veränderung der postsynaptischen Rezeptoren erklären.
In einem weiteren Experiment wurde deshalb die Grundlage gelegt, um praesynaptische Serotoninfreisetzung in vivo untersuchen zu können. Elf Patienten, die wieder eine Depression durchgemachten haben, wurden zweimal mit PET und [18F]Altanserin untersucht. Eine PET-Messung erfolgte ohne pharmakologische Challenge; vor einer weiteren wurden 25 mg Clomipramin infundiert. Ziel war es, durch das Clomipramin die praesynaptische Wiederaufnahme des Serotonins zu blockieren und die Serotoninkonzentration im synaptischen Spalt so zu erhöhen, daß es zu einer Kompetition mit den [18F]Altanserinmolekülen um die freien 5HT2A-Rezeptoren kommt. Der wichtigste Befund des Experimentes war eine verringerte Rezeptorbindung des Altanserins nach Clomipramingabe. Ursache hierfür kann eine Besetzung freier Bindungsstellen durch Serotonin oder eine durch den endogenen Agonisten bedingte Internalisierung der Rezeptoren sein. Beide biologische Mechanismen sind aber auf eine Serotoninfreisetzung zurückzuführen, die, wie das Experiment gezeigt hat, mit nuklearmedizinischen Methoden meßbar ist.
Ein weiteres Ergebnis dieser Versuchs betrifft die Wirkung einer antidepressiven Medikation: ein Teil der Patienten war vor Beginn der PET-Messungen mit serotonergen Antidepressiva in therapeutischer Dosis behandelt. Vergleicht man den Effekt des Clomipramins bei diesen vorbehandelten Patienten mit Personen, die nicht unter Medikamenten standen, so zeigt sich, daß letztere eine sehr viel ausgeprägtere Reduktion des Bindungspotentials aufwiesen als erstere. Hierfür können neben praesynaptischen Mechanismen, wie einer verringerten Serotoninkonzentration oder einer vorbestehenden Blockade der Wiederaufnahmestellen auch postsynaptische Effekte, wie eine Änderung des Funktionszustandes der 5HT2A-Rezeptoren verantwortlich sein.
Somit wurden mit dem ersten in dieser Arbeit beschriebenen Experiment neuroendokrine Parameter als Surrogat für praesynaptische serotonerge Mechanismen untersucht. Ein Novum dieser Untersuchung bestand in der Patientenpopulation: zum ersten Mal wurde die Clomipramin-Challenge bei Patienten mit remittierter Depression aus großen Familien mit erblicher Vorbelastung für affektive Psychosen untersucht. Mit dem zweiten Experiment gelang die in vivo Visualisierung postsynaptischer serotonerger Mechanismen. Dem gingen experimentelle Vorarbeiten voraus, die schließlich die Quantifizierung des Bindungspotentials der 5HT2A-Rezeptoren auf dem Boden einer [18F]Altanserin-PET-Messung erlaubten. Die Studie untersuchte erstmalig in vivo die zerebrale 5HT2A-Rezeptordichte bei einem Kollektiv remittierter depressiver Patienten. Der Verdacht, daß das serotonerge System an der Pathogenese der Depression beteiligt ist, besteht seit Jahrzehnten. Die beiden beschriebenen Studien zeigen aus verschiedenen Blickwinkeln, daß bei Patienten mit einer genetischen Prädisposition für eine Depression nicht nur in der akuten Krankheitsphase sondern auch im symptomfreien Intervall Störungen innerhalb des serotonergen Systems nachweisbar sind. Der als drittes beschriebene Versuch legt schließlich die Grundlage für zukünftige Studien, in denen praesynaptische serotonerge Mechanismen auch mit nuklearmedizinischen Methoden in vivo dargestellt werden sollen.
Lizenz:In Copyright
Urheberrechtsschutz
Fachbereich / Einrichtung:Medizinische Fakultät
Dokument erstellt am:21.08.2003
Dateien geändert am:12.02.2007
Promotionsantrag am:08.11.2003
Datum der Promotion:08.11.2003
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